3,2 Millionen Kubikmeter Muschelkalk werden in den nächsten 20 Jahren abgebaut
Landratsamt hat Antrag auf Abbauerweiterung genehmigt. Der Götzinger Steinbruch darf um 12 Hektar Richtung Osten erweitert werden.

Von Rüdiger Busch
Buchen-Götzingen. Wer über die Autobahn fährt, interessiert sich in der Regel nicht für das, was unter ihm liegt. Dabei ist die Herkunft des Baumaterials mitunter nicht uninteressant: An vielen Stellen – aktuell gerade an der A 81-Baustelle im Bereich des Tunnels Hölzern – wird Betonsplitt aus Götzingen verbaut. Seit Kurzem steht fest, dass der dortige Steinbruch, in dem seit 1946 Kalkstein im großen Stil abgebaut wird, eine Zukunft hat, und zwar mindestens für die nächsten 15 bis 20 Jahre: Das Landratsamt hat Ende März die beantragte Abbauerweiterung um 12,2 Hektar genehmigt. Vorausgegangen war eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung, da für die Erweiterung Teile der Waldfläche "Henig" geopfert werden müssen.

Das Unternehmen hatte die Erweiterung 2017 beantragt, um die weitere Existenz des Betriebs zu sichern, da die Rohstoffreserven auf den bislang genehmigten Flächen nicht mehr lange ausgereicht hätten. Ursprünglich war für den weiteren Betrieb des Steinbruchs die Inanspruchnahme der gesamten im Regionalplan als Vorranggebiet für den Rohstoffabbau ausgewiesenen Waldfläche "Henig" mit rund 34 Hektar vorgesehen, erläutert Geschäftsführer Dr. Martin Westermann (Foto) beim Vor-Ort-Termin mit der RNZ. Da in Teilbereichen dieses Waldstücks jedoch Habitate streng geschützter Fledermausarten, beispielsweise der Mopsfledermaus oder der Bechsteinfledermaus, festgestellt wurden, beantragte SHB den Abbau nur auf dem Teilbereich von 12 Hektar.
Hintergrund
Hintergrund
> Im Steinbruch Götzingen wurde der Kalksteinabbau im technischen Maßstab 1946 durch die beiden Götzinger Kaufleute Heinrich Müssig und Adolf Jaufmann aufgenommen. Mit der Einbringung des Betriebs in die damals neu gegründete
Hintergrund
> Im Steinbruch Götzingen wurde der Kalksteinabbau im technischen Maßstab 1946 durch die beiden Götzinger Kaufleute Heinrich Müssig und Adolf Jaufmann aufgenommen. Mit der Einbringung des Betriebs in die damals neu gegründete Gesellschaft der SHB Schotterwerke Hohenlohe-Bauland GmbH & Co.KG im Jahr 1991 begann eine umfassende Modernisierung der Förder- und Aufbereitungstechnik, die es heute ermöglicht, den am Standort Götzingen anstehenden Rohstoff zu hochwertigen Baustoffen aufzubereiten und zu veredeln. Heute arbeiten dort täglich zwischen sieben und zehn Mitarbeitern.
> Eigentümerin eines Großteils der Abbauflächen ist die Stadt Buchen, die diese zur Gesteinsgewinnung und zur anschließenden Wiederauffüllung und Rekultivierung an die SHB verpachtet hat. Etwa 13 Hektar des ehemaligen Abbaugeländes sind bereits rekultiviert und weitgehend wiederaufgeforstet worden. Insgesamt ist das Steinbruchgelände aktuell etwa 40 Hektar groß. rüb
Das Vorhaben musste sich einer umfangreichen Umweltverträglichkeitsprüfung stellen, bei der die Auswirkungen auf Mensch, Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt und Landschaft untersucht wurden. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens gab es Einwände des Nabu Rhein-Neckar-Odenwald, der die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen für die Fledermäuse als nicht ausreichend eingestuft hatte. Hier wurde jedoch eine einvernehmliche Lösung gefunden, so dass den Forderungen des Nabu Rechnung getragen wurde. "Wir haben beispielsweise eine Fledermausallee gebaut", berichtet Westermann, also eine Baumreihe, die zum nächsten Wald führt.
Was die Auswirkungen auf den Menschen wie Immissionen von Staub, Schall und Erschütterungen durch den Abbaubetrieb angeht, sind laut Gutachten keine Änderungen gegenüber der bisherigen Situation zu erwarten, da keine grundlegende Erhöhung der Produktionskapazitäten vorgesehen sei. Zudem ist die neue Abbaufläche vom nächst gelegenen Wohngebäude weit entfernt, so dass keine Überschreitungen der Richt- und Anhaltswerte zu erwarten seien.
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"Wir sind dankbar dafür, dass wir hier am Standort eine breite Unterstützung erfahren und einen guten Draht zur Bevölkerung haben", sagt der Geschäftsführer, der natürlich weiß, dass sich ein Steinbruch und ein Schotterwerk nicht ohne Belastungen für Mensch und Umwelt betreiben lassen. "Wir versuchen, die Belästigungen zu minimieren, indem beispielsweise der entstehende Staub mit Wasser gebunden wird." Nichts ändern lässt sich am Verkehr: Durchschnittlich fahren etwa 100 Lkw am Tag zum Gelände.
Die neuen Abbruchflächen umfassen etwa 3,2 Millionen Kubikmeter Muschelkalk, der abgebaut wird. Etwa 4 Millionen Tonnen Baustoff werden sich in den nächsten 20 Jahren daraus verwerten lassen – etwa 200.000 Tonnen pro Jahr. Wie der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung zu entnehmen ist, ist der Abbau auf 20 Jahre, bis zum 31. Dezember 2040, befristet. Die Rekultivierung der gesamten Steinbruchfläche hat bis 31. Dezember 2059 zu erfolgen, wobei 13 Hektar des ehemaligen Abbaugeländes bereits rekultiviert sind.
Eine 16.200 Quadratmeter große Teilfläche der neuen Abbaufläche ist bereits gerodet worden, wobei dies zu großen Teilen im Zuge der Aufarbeitung von Käferholz geschah. Was die Wiederaufforstung angeht, habe sich Werksleiter Burkhard Heffner für eine besonders effektive, aber auch besonders aufwendige Variante entschieden: Von der gerodeten Fläche wird die Krume mitsamt der Baumstümpfe mit Radladern zur Rekultivierungsfläche gefahren und dort aufgebracht. "Der zusätzliche Aufwand gegenüber dem Ausbringen von Setzlingen lohnt sich, denn auf rund 80 Prozent der Fläche wächst gleich wieder Wald", erklärt Westermann.
"Der Steinbruch Götzingen ist unser Premiumstandort", verdeutlicht der Geschäftsführer und macht gleichzeitig klar, dass der mit der neuen Abbaugenehmigung verbundene Zeithorizont von 20 Jahren nicht gleichzeitig ein festgesetztes Ende bedeutet: "Wir sehen den Standort langfristig, und zwar über diese Zeit hinaus, da es auch außerhalb des im Regionalplan festgeschriebenen Gebiets noch Rohstoffreserven gibt." Da eine mögliche Erschließung dieser Flächen nicht in Richtung, sondern von Götzingen weg erfolge, sehe er "gute Chancen, den Steinbruch über die bestehende Genehmigung hinaus" betreiben zu können. Somit könnten die Menschen auch noch in 30, 40 oder 50 Jahren über Straßen fahren, deren Untergrund aus Material besteht, das im Götzinger Steinbruch gewonnen wurde. Wie dann die Fahrzeuge aussehen werden, und wie sie angetrieben werden, das steht in den Sternen,