Von Liane Merkle
Seckach. Im März 2017 erreichte die Gemeindeverwaltung Seckach die erste Anfrage zum Bau von großflächigen Fotovoltaikanlagen im Außenbereich. Bereits im August 2019 wurde die Ausweisung der Solarparks "Rote Markstein/Hirschboden" mit circa 12,5 Hektar Fläche, die "Krumme Fürch" mit circa 3,57 Hektar sowie der "Hohle Stein/Speckengrund" mit 1,65 Hektar rechtswirksam – und die Anlagen sind alle errichtet.
Während die erstgenannte Anlage vom Betreiber Energiebauern GmbH aus Sielenbach bereits in Betrieb ist, werden derzeit von der Firma Anumar GmbH aus Ingolstadt für die beiden letztgenannten Solarparks noch die Einspeiseleitungen verlegt. Für eine weitere rund zwölf Hektar große Anlage "Am Winterberg" konnte dem Planungsbüro Klärle GmbH aus Weikersheim für die juwi GmbH aus Wörrstadt inzwischen grünes Licht für den Satzungsbeschluss sowie den Durchführungsvertrag gegeben werden.
Die Gemeinde Seckach setzt nachdrücklich auf regenerative Energien. Daher hat der Gemeinderat 2019 zur qualitativen und quantitativen Steuerung des Ausbaus einen Kriterienkatalog beschlossen, an dem sich jeder Interessent im Vorfeld orientieren kann.
Wir haben uns mit Bürgermeister Thomas Ludwig und Melanie Eisner, der Geschäftsführerin des Planungsbüros Klärle, über die Freiflächen-Fotovoltaikanlagen unterhalten.
Wie ist man auf die Flächen gekommen, auf denen die Anlagen stehen bzw. stehen werden? Werden diese vom Betreiber angemietet oder gekauft?
Ludwig: Die Solarfirmen hatten über Anzeigen kommuniziert, dass sie Flächen suchen. Die von diversen Grundstückseigentümern vorgeschlagenen Flächen wurden von den Firmen auf ihre Eignung überprüft, langfristige Pachtverträge ausgehandelt, und erst nach diesen Schritten baten die Firmen die Gemeinde um Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Gegensatz zu Windkraftanlagen sieht das Baugesetzbuch für Fotovoltaikanlagen im Außenbereich keine Privilegierung vor. Deshalb kann kein Rechtsanspruch auf eine Baugenehmigung geltend gemacht werden, denn diese Entscheidung obliegt im Rahmen der kommunalen Planungshoheit einzig und allein der Gemeinde und damit dem Gemeinderat als Hauptorgan.
Warum verpachten die Landwirte die Flächen, anstatt sie für den landwirtschaftlichen Anbau zu nutzen?
Der Solarpark „Krumme Fürch“ hat eine Fläche von circa 3,57 Hektar. Foto: zgLudwig: Hier gibt es zum einen Unterschiede in der Ergiebigkeit verschiedener Flächen, und in Folge können zwei Rechtsgrundlagen für diese Vorhaben geltend gemacht werden: Zum einen ermöglicht das Baugesetzbuch den Bau von Freiflächen-Fotovoltaikanlagen entlang von Autobahnen und Bahnlinien sowie auf Konversionsflächen. Die Solarparks "Krumme Fürch" und "Hohler Stein/Speckengrund" haben hier ihre Rechtsgrundlage. Und dann hat der Landesgesetzgeber 2017 von der sogenannten Freiflächenöffnungsklausel im EEG Gebrauch gemacht und solche Anlagen auch in sogenannten "benachteiligten Gebieten" zugelassen. Das sind Flächen, die schwächere landwirtschaftliche Erträge liefern, weil zum Beispiel die klimatischen Bedingungen ungünstig sind oder die Bodenqualität schlechter ist. Zu dieser Gebietskulisse zählen die Gemarkungen Seckach und Zimmern und damit auch die Planungen für die Solarparks "Roter Markstein/Hirschboden" und "Winterberg". Nicht zuletzt muss aber auch gesagt werden, dass die Pachtzahlungen für Freiflächen-Fotovoltaikanlagen deutlich über dem Niveau liegen, das in der Landwirtschaft üblich ist.
Welchen Nutzen hat die Gemeinde von diesen Anlagen?
Ludwig: Der Nutzen ist für die Gemeinde mehr ideeller als materieller Natur, weil von der Gewerbesteuer nur rund 20 Prozent in Seckach verbleiben. Doch da es sich bei den Grundstückseigentümern ausschließlich um Landwirte oder ehemalige Landwirte handelt, sorgen wir mit unseren Entscheidungen dafür, dass dem ohnehin schon stark gebeutelten und von einem großen Strukturwandel geprägten landwirtschaftlichen Sektor ein weiteres finanzielles Standbein erschlossen wird, und diese unsere Kulturlandschaft weiter pflegen und erhalten können.
Außerdem steht die Gemeinde Seckach dem Ausbau der Erneuerbaren Energien in jeder Richtung schon seit vielen Jahren sehr aufgeschlossen gegenüber. Dies zeigt sich in der Vermietung gemeindeeigener Dachflächen für Fotovoltaikanlagen, der Verwendung von Erdwärme für die Beheizung und Warmwasseraufbereitung im neuen Dorfgemeinschaftshaus Zimmern, dem Bau von zwei Windrädern auf der Gemarkung Großeicholzheim, dem Bau und der mittlerweile zweimaligen Erweiterung der Biogasanlage in der Bannholzsiedlung, dem Einbau einer Pelletheizung in das Wasserschlossareal im Zuge des Bürgerprojekts "Wasserschloss Großeicholzheim", dem Bau des Nahwärmnetzes Großeicholzheim durch die Bürger-Energie Großeicholzheim eG mit Anschluss der Schlossgartenhalle, des Kindergartens und der Grundschule sowie der Kraft-Wärme-Kopplung mit zwei Blockheizkraftwerken im Hallenbad Seckach. Darum können wir auch positiv vermerken, dass die regenerative Stromgewinnung in der Gemeinde Seckach rechnerisch schon seit Jahren den Stromverbrauch aller Bürger und Firmen bei Weitem eingeholt hat.
Mit welchen Schwierigkeiten haben die Planer zu kämpfen und was war dabei im Neckar-Odenwald-Kreis eine Besonderheit?
Eisner: Sind neben der relativ unkomplizierten Prüfung von Naturschutzbelangen oder der Betroffenheit von Schutzgebieten weitere Belange zu berücksichtigen wie die regionalplanerischen Ziele und Grundsätze, denkmalpflegerische Belange (bei Solarparks vorrangig Bodendenkmale oder Sichtbeziehungen zu Kulturdenkmalen) oder artenschutzrechtliche Belange, können erhebliche zeitliche Verzögerungen auftreten. Eine Prüfung der denkmalpflegerischen Belange kann in Baden-Württemberg erst während des Verfahrens erfolgen, da noch kein Karten-Web-Dienst aufgesetzt wurde. Bei Bodendenkmalen können Probeschürfungen die Folge sein, bei artenschutzrechtlichen Belangen kann eine Beurteilung immer erst nach den Erhebungen vor Ort während einer vollständigen Vegetationsperiode erfolgen.
Speziell beim Verfahren "Winterberg" war die sehr detailreiche und häufig intensive Abstimmung mit dem Naturschutz besonders wichtig. Obwohl es bei der Region Rhein-Neckar, zu der der Neckar-Odenwald-Kreis ja gehört, keine speziellen Größenbestimmungen bei Solarparks gibt, waren die regionalplanerischen Vorgaben für dieses Plangebiet besonders schwerwiegend, da die Lage in einem Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaftspflege und in einem Vorranggebiet Regionaler Grünzug gegeben war.
Wie lange dauert die durchschnittliche Planungsphase einer solchen Anlage bis zur Inbetriebnahme und wo kann man Seckach hier ansiedeln?
Eisner: Durchschnittlich dauert die Aufstellung eines Bebauungsplans ein Jahr.
Ludwig: Was die Zeitachse angeht, dürften wir mit Sicherheit ganz vorne dabei sein, denn in dem Moment, wo wir den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan fassen, sind sich Grundstückseigentümer und Investoren über ihre Absichten schon einig und dann wird auch zügig geplant und gebaut.
Die Freiflächen-Fotovoltaikanlage „Hohler Stein/Speckengrund“ ist 1,65 Hektar groß. Foto: zgAb welcher Größe ist eine solche Solarfläche sinnvoll und wirtschaftlich und wie lange kann man sie betreiben?
Eisner: Die Aussage zur Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit eines Solarparks ist abhängig von vielen Faktoren. So kann eine Anlage von 750 KW (etwa ein Hektar) bei kurzem Netzanschluss mit geringen Naturschutzauflagen und schlechten Böden genauso sinnvoll und wirtschaftlich sein wie ein Solarpark mit zwölf und mehr Hektar. Die Voraussetzungen sind im Einzelfall zu prüfen und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchzuführen.
Wie erfährt der Betreiber, wenn eine Störung vorliegt?
Ludwig: Hierfür gibt es Fernüberwachungsanlagen. Diese melden, wenn z. B. ein Modul kaputt ist. Die Anlage muss aber auch von der Betreiberfirma bzw. einem beauftragten Unternehmen regelmäßig gewartet und in Augenschein genommen werden.
Wie stellt man sich die Pflege der Anlage vor?
Eisner: Die Pflege der Anpflanzungen und Ansaaten wird in den Festsetzungen des Bebauungsplans direkt geregelt und festgelegt. Diese Bestimmungen werden dann in die Durchführungsverträge mit den Betreibern/Investoren übernommen. Damit sind diese verpflichtet, sich um die Pflege zu kümmern. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass die Grünmaßnahmen in den Solarparks auf Extensivierung abzielen. Das heißt, es ist beispielsweise nur zweimal pro Jahr eine Mahd vorgesehen. Damit werden naturschutz- und artenschutzrechtliche Ziele verfolgt, und es entsteht eine "neue" Kulturlandschaft. Die Pflegekonzepte sind bereits bei der Konzeption der Anordnung der Module zu berücksichtigen. Als Alternative wird mehrheitlich dann die Beweidung durch Schafe ermöglicht.