Die Sindolsheimer Glocken erklingen jetzt auch im Internet. Mitglieder des Sindolsheimer Männertreffs unter der Leitung von Hermann Rau haben das Projekt realisiert. Foto: Axel Dressel
Sindolsheim. Das Geläut der Sindolsheimer Kirchenglocken ist seit wenigen Tagen digital im Netz abrufbar, gerade noch rechtzeitig vor den Feiertagen, die in diesem Jahr ohne feierliche Gottesdienste begangen werden müssen. Mitglieder des Sindolsheimer Männertreffs unter der Leitung von Hermann Rau haben das Projekt in Angriff genommen. Sie haben sich mit der Geschichte der Kirchenglocken auseinandergesetzt, den Glockenturm erklommen und Bild- und Tonaufnahmen gemacht.
Glocken sind etwas Mächtiges, sie können mehrere Tonnen wiegen und ihr Klang in unmittelbarer Nähe ist im wahrsten Sinne des Wortes ohrenbetäubend. Und doch ist jede Glocke anders, denn eine Glocke besteht nicht nur aus einem Ton, sondern aus mehreren Tönen, das macht ihren einzigartigen Klang aus.
Die evangelische Kirche in Sindolsheim verfügt über ein vierstimmiges Bronze-Geläut. Wie schon im Ersten Weltkrieg, so musste die Gemeinde auch gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ihre Glocken opfern – bis auf eine. Bereits 1953 hat man beschlossen, das Geläut wieder zu vervollständigen. Dank der Spendenfreudigkeit der Einwohner konnte der Beschluss schnell umgesetzt werden. Eine Abordnung der Gemeinde nahm am Glockenguss bei der Firma Kurtz in Stuttgart teil. Schon am 22. Februar 1954 konnten die Glocken in feierlichem Geleit mit einer Reitergruppe und Fahnenträgern zur Kirche gebracht werden. Am Sonntag Lätare fand das Fest der Glockenweihe statt.
In Europa haben schwingend aufgehängte Glocken zum Läuten eine lange Tradition, sie gehören zum europäischen Kulturerbe. Dass ihr Klang erhalten bleibt und ein Zugriff darauf von überall auf der Welt möglich ist, dazu soll das von der EU-Kommission geförderte Projekt "createsoundscape" beitragen. Hier sollen möglichst viele Glocken aus Deutschland und den Nachbarländern digital zum Klingen gebracht werden. Das Glockengeläut weckt Erinnerungen und löst Emotionen aus, denn ihr Klang verbindet sich mit wichtigen Ereignissen im Jahreslauf.
Auf der Seite bei createsoundscape – Glockenfinder kann jede Glocke einzeln angewählt werden, auch das Gesamtgeläut ist zu hören. Man kann Bilder der Glocken und des Gotteshauses anschauen, sich über die Historie von Kirche und Dorf informieren oder in historischen Dokumenten blättern. Hier sind Kopien von Originaldokumenten aus dem Jahr 1908 bis heute eingestellt, wie zum Beispiel die Beschlagnahmung der Bronzeglocken im Jahre 1917, der Widerruf von Pfarrer Dürr, das Kirchenfest zur Einholung der drei neuen Glocken und vieles mehr. Auch Passagen und Fotos aus dem Heimatbuch sind zu sehen.
Die Informationen über die Glocken und die Geschichte der Kirche haben Annemarie Gramlich, Ingeborg Reimann sowie Traudel und Hermann Stätzler zusammengetragen, die Bild- und Tonaufnahmen hat Fotograf Axel Dressel mit Unterstützung von Andreas Rau und Erwin Brosius angefertigt.
Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann über "createsoundscape" Glocken anderer Kirchen in der näheren und weiteren Umgebung anhören und sogar aus ganz Europa.