Unterschiedliche Situationen in der Gesamtstadt Osterburken: In Bofsheim beispielsweise (Foto) hätte man sich Verkehrsentlastungen à la Transversale schon gewünscht – andernorts missfiel die geplante Trassenführung. Foto: Andreas Hanel
Osterburken. (joc/ahn) In der Dezember-Sitzung des Kreistags am Montag, 7. Dezember, droht der Transversale das Aus. Die ab dem Jahr 2005 im Planfeststellungsstadium befindliche Anbindung, die einst als große Chance für viele Pendler angesehen wurde, ist danach wohl endgültig vom Tisch. Der Landrat begründete dies in seiner Haushaltsrede mit einer Kostenexplosion und geologischen Unwägbarkeiten. Die Rhein-Neckar-Zeitung nun die Situation in den einzelnen Gemeinden und Ortschaften. Heute Bürgermeister Jürgen Galm für die Stadt Osterburken:
Herr Galm, wie bewerten Sie das drohende Aus für die Transversale aus Sicht der Bürger Ihrer Kommune? Kommt bei Ihnen vielleicht sogar Freude auf, nachdem der Osterburkener Gemeinderat mit der vom Landkreis verfolgten Trassenvariante ja nicht so recht einverstanden war?
Das könnte man meinen und das wird irgendwie auch immer suggeriert. Die Meinungen waren natürlich unterschiedlich, denn Osterburken ist bei diesem Projekt in zweierlei Hinsicht betroffen. Da bleibt zunächst festzuhalten, dass die Transversale nahezu in ihrem gesamten Verlauf auf den Gemarkungen der Stadt, genauer gesagt auf denen von Schlierstadt und Hemsbach, verlaufen wäre. Das bedeutet einen erheblichen Flächenverlust für die Landwirtschaft und mit der das Rinschbachtal kreuzenden Brücke einen sehr starken Eingriff in das dortige Landschaftsschutzgebiet. Und ein Teil derer, die das so sehen, hatten sich zur Bürgerinitiative "NOT" ("Natur oder Transversale") zusammengetan und über diese ihre ablehnende Haltung kundgetan.
Wenn denn Freude aufgekommen ist, dann bei dort Engagierten und auch bei den betroffenen Landwirten. Das kann ich aus deren Sicht durchaus nachvollziehen. – Wir haben aber auch umgekehrt die Situation, dass wir sowohl in Osterburken selbst und dort besonders in der Bofsheimer Straße und natürlich in der Ortsdurchfahrt Bofsheim eine erhebliche Verkehrsbelastung haben. Diese hatte sich zunächst mit der Öffnung des Teilabschnitts aus Richtung der Autobahn und dann mit der des Tunnels vermindert, ist dann aber angesichts insgesamt zunehmenden Verkehrs wieder angestiegen. Und ganz viele werden von ihrem Navi über die kürzeste Route durch die Kernstadt und dann durch Bofsheim geleitet.
Dem haben wir insgesamt Rechnung getragen, indem wir der Transversale grundsätzlich zugestimmt haben, jedoch im Bereich Hemsbach eine andere Anbindung gefordert hatten, die den gewaltigen Eingriff ins Rinschbachtal wesentlich gemindert hätte und auch Abstand zur dortigen Wohnbebauung gehabt hätte. Diese Anbindung wäre auch nahezu einen ganzen Kilometer von Zimmern entfernt gewesen. Das wurde oft fälschlicherweise als Anbindung im Bereich des Hammerhofs dargestellt. Dennoch war die Zustimmung der Stadt Osterburken zu dieser enormen Flächeninanspruchnahme auf unserer Gemarkung ein durchaus nicht selbstverständlicher Beitrag zur Durchführung dieses Projekts.
Dafür habe ich im ganzen Verfahren aber noch kein Wort der Anerkennung gehört. Um auf die Frage zurückzukommen, wir bedauern das bevorstehende Aus, bleiben doch dadurch für Osterburken, Bofsheim und auch Schlierstadt die mit dem Bau der Transversale verbundenen Entlastungen aus.
Wie bewerten Sie die aktuelle Verkehrssituation/Belastungen bei Ihnen vor Ort?
Wie schon gesagt, der Verkehr ist nach wie vor erheblich und wird nach der Prognose "Nullfall 2040" sogar zunehmen. Die Übergabe einer Unterschriftenliste von Bürgerinnen und Bürgern aus Bofsheim bringt die aktuelle Situation und die Stimmungslage gerade dort deutlich und für mich nachvollziehbar zum Ausdruck. Wer sich in Bofsheim auf dem Gehweg bewegt, während zwei Lkws sich begegnen, bekommt richtig Angst. Und wer dort an der Straße wohnt, schläft keine Nacht durch. Sprich, das, was andere zugegebenermaßen nicht zu Unrecht befürchten, musste und muss unsere Bevölkerung bereits über Jahre ertragen.
Sind die vom Landrat angeführten Gründe für das Aus der Transversale plausibel?
Wer das Verfahren und die Entwicklung verfolgt hat, muss das selbstverständlich bejahen. Das Ganze steht im Ergebnis stellvertretend für das, was wir tagtäglich an überzogenen Anforderungen, Hemmnissen und Bürokratie erleben. Es gibt nahezu kein Projekt mehr, bei dem sich nicht eine Vielzahl hoher und leider unüberwindlicher Hürden auftut. Die Zeit für Planungen betragen ein Vielfaches der Zeit für die Umsetzung. Und der Bürger wundert sich, warum es nicht vorwärts geht. Stichworte dafür gibt es genug: Hier der Natur- und Artenschutz, dort der Brand- oder Denkmalschutz und vieles mehr. Neben der sowieso exorbitanten Baukostenentwicklung treibt das natürlich die Kosten mit in die entsprechenden Höhen.
Wären die Nachteile und eventuelle Risiken letztendlich vielleicht höher gewesen, als die mit dem Neubau verbundenen Vorteile …
Ich denke, es wäre aussichtslos angesichts der nicht auszuräumenden Bedenken, gerade hinsichtlich der entstehenden Eingriffe das Verfahren fortzusetzen. Eine bessere Chance der Umsetzung hätte da durchaus die von der Stadt Osterburken präferierte Variante gehabt. Sie hätte das Rinschbachtal verschont und zumindest das Problem der Standfestigkeit des Eckenbergs wäre dann auch aus der Welt gewesen. Aber das war nicht vorherzusehen, und hinterher ist man natürlich immer schlauer.
Gibt es für Sie eine gängige Alternative, wie man die Belastungen für die Bürger Ihrer Ortschaften reduzieren kan?
Wenn der Beschluss denn so getroffen wird, bleibt den betroffen Kommunen nur, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um die Bevölkerung vor den zu erwartenden Belastungen und Beeinträchtigungen zu schützen. Ob dafür Geschwindigkeitsregelungen und deren Überwachung oder auch bessere Straßenoberflächen – ein Großteil des Lärms ist ja darauf zurückzuführen – die geeigneten Mittel sind, wird man mit Fachleuten intensiv diskutieren müssen. Was die Stadt Osterburken mit ihren Stadtteilen aber gewiss nicht akzeptieren würde, sind etwaige verkehrslenkende Maßnahmen, die uns zusätzlich belasten. – Und ganz in die Zukunft gerichtet, sollte man der Frage nachgehen, ob alleine der Kreis für eine solche entlastende Straße in der Verantwortung steht oder es nicht vielmehr Land oder Bund anstünde, die durch Mautgebühren usw. ausgelösten Probleme der Verkehre durch unseren Landkreis zu lösen.