Gerade die winterliche Landschaft gab früher Anlass für mystische Gestalten und Fabelwesen in den zwölf heiligen Nächten zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag und dem Dreikönigstag. Die Aufnahme in der Riedstraße stammt aus dem Winter 2010. Archivfoto: Torsten Englert
Von Torsten Englert
Hardheim. Die Nächte zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag und Heilige Drei Könige gelten als mystische Zeit, der eine besondere Magie zugeschrieben wird. Sie wird als die zwölf heiligen Nächte oder volkstümlich als Rauchnächte oder Rauhnächte bezeichnet. Glaubt man dem Volksmund, sind die Rauhnächte eine Zeit der Wiederkehr der Seelen und des Erscheinens von Geistern. Gerade im ländlichen katholischen Raum haben sich viele Sagen über die zwölf heiligen Nächte erhalten.
In diesen Nächten tobt das Wilde Heer durch die Nacht, und Frau Holle geht um. Orakel erlauben angeblich den Blick in die Zukunft, und zauberisches Wirken ist in diesen Nächten besonders machtvoll. Durch die Lüfte braust die Wilde Jagd, geführt vom Wilden Jäger, dem Wode, und dringt in die Häuser, wenn Türen und Fenster nicht verschlossen sind. Außerdem steigen versunkene Schlösser und Schätze empor, und Zwerge kommen zu Besuch und müssen bewirtet werden. Fremden Tieren ist in dieser Zeit nicht zu trauen, weil Hexen oft ihre Gestalt annehmen. Diese Zeit des Wechsels war und ist eine Zeit des Kampfes des Lichts mit der Finsternis, des Guten mit dem Bösen.
Die Zeit der Sonnenwende, des Wechsels hat die Menschheit schon immer beeindruckt und beschäftigt. Schon in vorchristlicher Zeit wurde die Wintersonnenwende als Geburt der Sonne gefeiert. Diese nutzten die christlichen Missionare für ihr Tun und feierten die Geburt Christi als die auf die Erde gekommene Sonne und legten Weihnachten auf den 25. Dezember. Indem die christlichen Feiertage auf ehemals heidnische Festtage gelegt wurden, starb der alte Aberglauben nicht aus.
So war bereits bei den Germanen diese Zeit zwischen den Jahren heilig. Sie ließen die Arbeit ruhen und befragten die Zukunft. Außerdem versuchten sie, durch Räucherung ihre Habe vor Dämonen zu schützen. Die Befragung der Zukunft blieb über Jahrhunderte eine Tradition der Rauhnächte, die bis heute in Form des Bleigießens an Silvester erhalten blieb. Auch der Brauch, in der Silvesternacht Lärm zu machen, sollte die bösen Geister fernhalten.
Die Herkunft der Bezeichnung Rauhnächte ist nicht eindeutig geklärt, der Name könnte sich sowohl vom mittelhochdeutschen Wort für "haarig" ("ruch") als auch von "rauchen" oder "räuchern" ableiten. Während bei der jüngeren Generation heute die Redewendung "zwischen den Jahren" im Sprachgebrauch benutzt wird, wissen nur wenige, worauf diese zurückgeht. In der Zeitrechnung nach dem Mondjahr, das nur 354 Tage hat, stehen die fehlenden zwölf zur Vollendung des Sonnenjahres. Sie liegen damit traditionell außerhalb der Zeit und der Natur und gelten deshalb als besonders mystisch und magiebehaftet.
Allgemein verbreitet war der Gedanke, dass die den Nächten folgenden zwölf Tage das Wetter der kommenden zwölf Monate anzeigen, wobei jeder Tag für einen Monat des kommenden Jahres steht. In der Zeit der Rauhnächte sollte man keine Türen zuschlagen, durfte man keine Wäsche aufhängen und die Betten nicht im Freien lüften. Wer sich in dieser Zeit Fingernägel oder Haare schnitt, musste mit Fingerkrankheiten oder Kopfschmerzen rechnen.
In den vier wichtigsten Rauhnächten, der Thomasnacht, der Heiligen Nacht, der Silvesternacht und der Nacht zum Dreikönigstag, wurde das Haus mit Wacholder oder Weihrauch ausgeräuchert, mit diesem uralten Reinigungsritual wurden zudem Speisen und Kochgeschirr geschützt.
Den lärmenden Perchtenläufen, die im alpenländischen Raum weitverbreitet sind, setzte das Christentum im Mittelalter die Umzüge der Sternsinger entgegen. Beide Traditionen sind bis heute erhalten geblieben.