Perga-Plastic erweiterte den Standort Altheim. Foto: Perga-Plastic
Von Burkard Gassenbauer
Neckar-Odenwald-Kreis. Nachdem der Konjunkturmotor in den Vorjahren auf vollen Touren gelaufen war, gehen die Betriebe in der Region mit abgeschwächten Erwartungen ins neue Jahr: Aus den Unternehmen wurde im Herbst zwar von einer stabilen Geschäftslage auf hohem Niveau berichtet; der Blick in die nächste Zukunft fällt jedoch - vor allem auch angesichts der Unsicherheiten wegen des Brexits und der US-Handelpolitik - weniger optimistisch als in den vergangnen Monaten aus. Dies zeigte sich am Dienstag im Bericht der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar beim alljährlichen Treffen des Unternehmenskreises Buchen, aus dessen Mitgliedsbetrieben nach einem zumeist erfolgreich verlaufenen Geschäftsjahr eher vorsichtige Prognosen für 2019 kommen.
Im Unternehmenskreis Buchen sind Firmen der unterschiedlichsten Branchen und Größenordnungen vertreten, weshalb deren Geschäftsberichte und Lagebeurteilungen zusammen mit den von der IHK und vom Unternehmerverband Südwest erhobenen aktuellen Daten alljährlich zum Jahresende ein aussagekräftiges Bild von der Situation der heimischen Wirtschaft vermitteln. Wie der Sprecher des Unternehmenskreises, Christoph Schneider (Geschäftsführer Odenwälder Kunststoffwerke Buchen) einleitend feststellte, ist das Geschäftsjahr 2018 für die heimischen Unternehmen durchweg gut verlaufen.
Dies machten auch der Hauptgeschäftsführer der IHK Rhein-Neckar, Dr. Axel Nitschke, und der Leiter des IHK-Standorts Mosbach, Dr. Andreas Hildenbrandt, bei der Vorlage der Zahlen der jüngsten Konjunkturbefragung deutlich. Der Konjunkturmotor sei im zu Ende gehenden Jahr auf vollen Touren gelaufen; im Herbst sei die Lage von den Betrieben in der Region - befragt wurden mehr als 500 Unternehmen aller Branchen im Kammerbezirk - als durchweg gut und stabil eingeschätzt worden.
Nach einer langen Phase des Wachstums hätten die Firmen ihre Erwartungen allerdings zurückgeschraubt. Die Lage sei zwar nach wie vor gut, wie auch der IHK-Konjunkturklimaindex zeige, der zwar etwas abgefallen sei, aber aber auf einem sehr hohen Stand bleibe. Die Betriebe blicken weniger optimistisch in die Zukunft als noch im Frühsommer.
Auf die Frage nach ihren Erwartungen für die nächsten Monaten antworteten im September zwölf Prozent der befragten Unternehmen mit "schlecht"; im Mai 2018 und im September des Vorjahres waren es nur zehn Prozent. 61 Prozent (Vorjahr: 58 Prozent) gingen von eine gleichbleibenden Lage aus. 27 Prozent (September 2017: 32 Prozent) gaben an, ihre Erwartungen seien besser als im Vorjahr.
In den Industriebetrieben, laut IHK "noch immer die tragende Säule der regionalen Konjunktur", geben Unwägbarkeiten der amerikanischen Handelspolitik, Handelstreitigkeiten zwischen USA und China und der unklare Brexit-Ausgang Anlass zu zurückhaltenden Prognosen. Dennoch bezeichneten 34 Prozent der befragten Betriebe ihre Erwartungen für die nächsten Monate im September als besser als im Mai und im Vorjahres-September (jeweils 32 Prozent). Bei 57 Prozent (Mai: 60 Prozent) der Befragten sind die Erwartungen unverändert, bei neun Prozent (im Mai: acht Prozent) schlechter. Während USA und Großbritannien erhebliche Unsicherheiten bergen, rechnen die befragten Betriebe mit guten Geschäften in Asien und auch in Europa.
Wie in diesem Zusammenhang herausgestellt wurde, meldete die Industrie im Neckar-Odenwald-Kreis im September ein gegenüber dem Vorjahreswert sattes Plus von 9,8 Prozent beim Exportumsatz. Damit lag man knapp unter den Zahlen des IHK-Bezirks (10,2 Prozent), aber deutlich über denen des Landes (3,0 Prozent). Die Exportquote hat im Kreis um 0,7 auf 44,5 Prozent zugelegt, während sie im Land unverändert bei 57,1 Prozent geblieben und im IHK-Bezirk um 3,5 auf 61,6 Prozent gestiegen ist.
Der Einzelhandel berichtete, wie Nitschke weiter informierte, von nach wie vor rückläufigen Umsätzen. Von einer Verbesserung gingen im September 23 Prozent der befragten Betriebe aus. 65 Prozent (Vorjahr: 60 Prozent) erwarten eine unveränderte Lage, zwölf Prozent (Vorjahr: 16 Prozent) befürchten in den kommenden Monaten eine Verschlechterung.
Im weiten Feld der Dienstleistungen, deren Spektrum vom Verkehrswesen bis zur IT-Branche reicht, sind die Erwartungen nach Feststellung der IHK deutlich zurückgegangen. 14 Prozent (Vorjahr: zehn Prozent; Mai: acht Prozent) der befragten Betriebe gehen für die nächsten Monate von einer Verschlechterung ihrer Lage aus. Dies überrasche auf den ersten Blick. Denn es sei weniger die Nachfrage, die das Bild trübe. Vielmehr bereite der Fachkräftemangel der Branche erhebliche Sorgen.
Allgemein ist für die heimischen Betriebe Mangel an Fachkräften ein zunehmendes Problem. 63 Prozent der im Herbst befragten Betriebe sehen darin den momentan größten Risikofaktor für die Zukunft - deutlich vor den Arbeitskosten (42 Prozent) oder den Energie- und Rohstoffpreisen (31 Prozent).
IHK-Standortleiter Dr. Andreas Hildenbrand beleuchtete unter anderem den Arbeitsmarkt und die Ausbildungssituation. Wie er feststellte, gehen die Zahlen bei einer Arbeitlosenquote von rund drei Prozent im Kreis in Richtung Vollbeschäftigung. Vielfach könnten Fachkräfte-Stellen nicht besetzt werden. Dies gelte ebenso für Ausbildungsplätze. Leider habe die betriebliche oder duale Ausbildung nicht das Image eines Studiums. Es gelte, weiterhin konsequent um Auszubildende zu werben.
Hildebrand verwies dabei auf die große Ausbildungsbereitschaft der heimischen Betriebe wie auch auf das hohe Niveau der Ausbildung, was sich beispielsweise auch darin zeige, dass im Jahr 2018 drei der Prüfungsbesten in Deutschland aus dem IHK-Bezirk kamen, darunter Lena Heß, die in der Altheimer Firma Perga-Plastic den Beruf der Industriekauffrau gelernt hat.