Walldürn. (jam) In Deutschland gibt es etwa 200 Militärgeistliche. Als Seelsorger begleiten sie die rund 180.000 aktiven Soldaten der Bundeswehr. Diesem Auftrag hat sich die Pastoralreferentin Monika Hansmann verschrieben. Ihre Arbeitsstätte ist das Katholische Militärpfarramt Walldürn. Einen wichtigen Aspekt ihrer Aufgabe vor Ort, den Lebenskundlichen Unterricht, hat sie jüngst im "Kompass", der Monatszeitschrift des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr, vorgestellt. Um weitere Einblicke in die Arbeit eines Militärseelsorgers zu erhalten, hat sich die RNZ mit der Pastoralreferentin unterhalten.
Als katholische Militärseelsorgerin betreuen sie Soldaten und deren Angehörige. Wie sieht Ihr Alltag mit dieser Aufgabe aus?
Der Alltag besteht darin, dass es keinen "Alltag" gibt. So vielfältig wie die Aufgaben als Militärseelsorgerin sind, so verschieden gestalten sich auch die Arbeitstage. Beschreiben lässt sich das Ganze oft mit "leben in der Lage" und ist situations-, standort- und tagesabhängig. Zum Katholischen Militärpfarramt Walldürn gehören nicht nur der Standort Walldürn, sondern auch die Standorte Niederstetten, Löffelstelzen, Hardheim, Neckarzimmern sowie die Materiallager und Munitionsdepots in Altheim, Hardheim, Wermutshausen und die Sprachenschule in Ellwangen.
Können Sie einige Beispiele aus Ihrer Arbeit nennen?
Zum "Alltag" an den verschiedenen Orten gehören unter anderem zahlreiche Gespräche und Kontaktpflege, aber ebenso das Vorbereiten, Durchführen und Nachbereiten von Werkwochen und Rüstzeiten für Familien, Paare, Frauen, Männer und Väter mit Kindern sowie Unterricht, Seminare, Wallfahrten, Gottesdienste, Kirchenwiedereintritte, Sakramente und Kirchenübertritte. Wir unterstützen in der Einsatzvor- und -nachbereitung sowie bei der Ausbildung der Rekruten. Während der Einsätze im Aus- und derzeit ja auch stark im Inland sind wir sowohl für die Soldatinnen und Soldaten als auch für ihre Familien seelsorglich, beratend, vermittelnd und unterstützend als Ansprechpartner und Begleiter da. Dabei arbeite ich eng mit den sogenannten Psychosozialen Netzwerk, dem Sozialarbeiter, Psychologen und Ärzten zusammen. Auch spontane "Krisengespräche" und das Überbringen einer Todesnachricht und Trauerarbeit können Teil des "Alltags" werden. Neben all dem seel- und fürsorglichen Arbeiten mit und an den Soldaten fallen am Militärpfarramt natürlich auch Verwaltungsaufgaben, Konferenzen, Dienstgespräche und weitere organisatorische Aufgaben an. Da nicht nur der Seelsorgebezirk eine gewisse geografische Größe aufweist, sondern auch die nächst übergeordnete Stelle, das Militärdekanat, sich über ganz Baden-Württemberg und Bayern erstreckt und das Militärbistum ganz Deutschland umfasst, bringt der "Arbeitsalltag" auch viel Zeit im Auto und auf der Straße mit sich.
Die Monatszeitschrift des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr, der "Kompass". Foto: RNZLaut Ursula von der Leyen sind nur noch etwa die Hälfte der Soldaten Angehörige der christlichen Kirchen. Richten sich Ihre Dienste dennoch an alle Soldaten?
Selbstverständlich. Die Militärseelsorge unterscheidet weder nach Konfession oder Religion oder Glauben überhaupt noch nach Dienstgraden. Als Militärseelsorgerin arbeite ich in ökumenischer Zusammenarbeit mit und für die Menschen in der Bundeswehr. Was zählt, ist der Mensch an sich. Jeder Soldat und jede Soldatin hat ein Recht auf Für- und Seelsorge.
Militärseelsorger nehmen an Übungen und Auslandseinsätzen der Bundeswehr teil. Haben Sie in diesem Bereich bereits Erfahrungen gemacht?
Auf Übungsplätzen war ich schon mit dabei, und diesen Sommer werde ich zum ersten Mal Soldaten bei ihrem Auslandseinsatz begleiten.
Inwiefern lässt sich Ihre Arbeit von der strikten Hierarchie in der Bundeswehr abkoppeln?
Dies ist rechtlich klar geregelt: Die Militärseelsorge ist der von den Kirchen geleistete, vom Staat gewünschte und unterstützte Beitrag zur Sicherung der freien religiösen Betätigung in den Streitkräften. Als Militärseelsorger stehen wir in einem geistlichen Auftrag, in dessen Erfüllung wir von staatlichen Weisungen unabhängig sind. Militärseelsorge ist kein Instrument der militärischen Führung und dient der ethischen Gewissensbildung der Soldaten. Wir sind militärischen Vorgesetzten nicht unterstellt, sondern auf Zusammenarbeit zugeordnet. Als Militärseelsorger verfügen wir über das direkte Vortragerecht bei allen militärischen Vorgesetzten, stehen außerhalb der Befehlskette und haben keinen militärischen Rang. Wir bleiben an das Bekenntnis unserer Kirche gebunden und unterliegen der Schweigepflicht.
Im Interview mit "Kompass" sprechen Sie über die Bedeutung des Lebenskundlichen Unterrichts (LKU). Was hat es damit auf sich?
Der LKU ist eine berufsethische Qualifizierungsmaßnahme mit dem Ziel, den Soldaten bei der Schärfung der politischen und ethischen sowie moralischen Urteilsfähigkeit und dem verantwortungsbewussten Handeln zu unterstützen. Er bietet die Möglichkeit für freie und vertrauensvolle Gespräche und einen offenen Gedankenaustausch über ethische Grundfragen der Lebensführung. Es werden Lebensfragen unter anderem auch mit dem speziellen Blick auf Auslandseinsätze thematisiert. Und er bietet die Chance, sich mit eigenen und anderen Überzeugungen, Weltanschauungen und Kulturen argumentativ auseinanderzusetzen.
Der LKU ist Teil eines umfassenden Bildungs- und Ausbildungskonzepts der Bundeswehr. Warum, denken Sie, sollte die Militärseelsorge diesen Unterricht wahrnehmen?
Im Lebenskundlichen Unterricht ist wichtig, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Gerade bei den lebenskundlichen Themen kann aus meiner Sicht eine freiere und offenere Aussprache besser gelingen, wenn sie nicht durch militärische Vorgesetzte moderiert wird. Manchmal geht es auch um Persönliches und Emotionales, und da finde ich es sinnvoller, wenn wir diesen Unterricht seitens der Seelsorge anbieten. Ich glaube, dass wir von unserem Studiengang her qualifizierter sind als andere.
Was motiviert Sie, den Lebenskundlichen Unterricht zu erteilen?
Noch mal mehr Austausch und Kontakt mit den Soldatinnen und Soldaten zu bekommen. Auch andere Diskussionen mit anderem Hintergrund. Und im Gegenzug gebe ich den Soldaten die Möglichkeit, mit Themen in Kontakt zu kommen, die ihnen sonst nicht geboten werden. Ich merke, dass sich Soldaten gerade von Themen wie "Achtsamkeit" und "Umgang miteinander" angesprochen fühlen, und manchmal bekomme ich auch ausdrückliche Rückmeldungen, dass sie aus diesen Unterrichten etwas mitgenommen haben.