Höpfingen. (adb/jam) Das "Brandhaus", das fünf Jahre lang als Mahnmal für ein Feuer diente und im Ortsgespräch für "Zündstoff" sorgte, ist Geschichte. Die baufällige Ruine in der Gartenstraße, die Unbekannte regelmäßig nutzten, um ihren Müll abzuladen, galt lange Jahre nicht nur als unansehnlich, sondern beschäftigte den Gemeinderat auch aus Gründen der Verkehrssicherheit. Inzwischen haben die Grundstückseigentümer, die Familie Özdemir, das Gebäude abreißen lassen.
Flammen hatten das Wohnhaus zum Jahresende 2014 unbewohnbar gemacht. Foto: rnzFlammen hatten das Wohnhaus zum Jahresende 2014 unbewohnbar gemacht. Schnell rückten Brandexperten an und stellten fest: Das Feuer wurde vorsätzlich gelegt. Das Landgericht verurteilte daraufhin den Hausbesitzer und seinen jüngeren Bruder wegen Brandstiftung und Betrug zu jeweils fünfjährigen Haftstrafen. Inzwischen sind beide Urteile aufgehoben, aus Mangel an Beweisen wurden die Brüder in unabhängigen Verhandlungen freigesprochen.
Als das Wohnhaus der Familie Özdemir zwei Nächte vor dem Jahreswechsel 2014/15 fast vollständig ausbrannte, waren der damals 56-Jährige und seine Familie zu Besuch bei Verwandten in Aschaffenburg. Das Feuer hatte die Familie auf einen Schlag zu Obdachlosen gemacht. Bürgermeister Adalbert Hauck und das DRK setzten sich daraufhin für die Özdemirs ein, unter dem Motto "Höpfingen lässt seine Bürger nicht im Stich" organisierten sie eine Mietwohnung in direkter Nähe und sammelten Spenden.
Dann teilten Experten mit, dass es deutliche Anzeichen für Brandstiftung gebe. "Daraufhin kam es zu einer Hausdurchsuchung", erinnerte sich Bürgermeister Hauck, der als Zeuge anwesend war. Die Ermittler fanden unter anderem einen Beutel mit wichtigen Dokumenten und persönlichen Gegenständen, aus dem sie Hauck zufolge schlussfolgerten, dass Seyfettin Özdemir diese vor dem Brand aus dem Haus geschafft hätte.
Fünf Jahre lang hat das „Brandhaus“ in der Gartenstraße auf die verhängnisvolle Nacht hingewiesen, in der eine ganze Familie plötzlich obdachlos wurde. Archivfoto: Janek MayerTatsächlich, so Hauck, habe er selbst den Beutel zur Verfügung gestellt, damit der Beschuldigte sein wichtigstes Hab und Gut retten konnte – allerdings erst am Morgen nach dem Brand, als Seyfettin die Brandruine kurz betreten durfte, um seine wichtigsten Habseligkeiten zu bergen.
Aufgrund solcher Ungereimtheiten war der Bürgermeister von Anfang an von der Unschuld Özdemirs überzeugt. Gerüchte, dass die Familie das Feuer selbst gelegt hätte, um die Gebäudeversicherung einzuheimsen, kursierten Hauck zufolge schnell. Im März 2016 klagte die Staatsanwaltschaft den Familienvater an.
Der Vorwurf: Er habe seinen Bruder zu dem Brand angestiftet, um die Versicherungssumme in Höhe von 410.000 Euro zu kassieren. Die erste große Strafkammer des Landgerichts Mosbach verurteilte die Brüder wegen besonders schwerer Brandstiftung jeweils zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren.
Bereits einen Tag später haben die beiden Revision gegen das Urteil eingelegt. Eineinhalb Jahre sollte es dauern, bis das Gericht den Angeklagten in zweiter Instanz freigesprochen hatte. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Revision. Der BGH hatte unter anderem die Beweiswürdigung des Landgerichts bemängelt. Dessen Schlussfolgerungen hätten sich "als bloße Vermutungen" erwiesen.
Nach dem Grundsatz "In dubio pro reo" (lat. "Im Zweifel für den Angeklagten") entschied die zweite große Strafkammer auf Freispruch, weil dem Gericht Zweifel an der Schuld des langjährigen Höpfingers verblieben. "Weitere Ermittlungsansätze, dass es ein anderer Täter war, sind nicht vorhanden. Deshalb wird auch nichts mehr unternommen", erklärte Staatsanwalt Florian Sommer der RNZ damals auf Nachfrage.