Die Turnhalle in der Keimstraße ist fertiggestellt, aber weder eine sportliche Nutzung noch die Einweihung sind coronabedingt möglich. Deshalb stellt die Stadt ihr jüngstes Bauprojekt unter www.wallduern.de/turnhalle in einem kurzen Videobeitrag vor. Foto: Janek Mayer
Walldürn. (jam) "Heute können wir den ersten Corona-Haushalt vorstellen – und er ist gut gelungen." Kämmerer Joachim Dörr präsentierte am Montag dem Gemeinderat das finale Zahlenwerk für 2021, bevor das Gremium den Haushaltsplan einstimmig verabschiedete. Zuvor hatten der Kämmerer und Bürgermeister Markus Günther noch einmal die wichtigsten Kennzahlen des Verlustjahres 2021 gestreift und vor dem in finanzieller Hinsicht "desaströsen" Jahr 2022 gewarnt. Mit schwarzen Zahlen rechnet Dörr erst wieder im Jahr 2023.
"Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen werden die städtischen Haushalte sicherlich noch auf Jahre hinaus belasten", betonte der Kämmerer und ergänzte: "Trotzdem müssen alle anstehenden, teilweise auch liegengebliebenen Aufgaben erfüllt werden – und das vor dem Hintergrund roter Zahlen."
Die Abbildung zeigt die zehn Maßnahmen mit den höchsten Investitionsauszahlungen der Stadt Walldürn im Haushaltsjahr 2021. Die Größe der einzelnen Ausgabenpunkte ist in Proportion zu den Gesamtinvestitionen dieser Abbildung gesetzt. Grafik: Stadt WalldürnEtwas optimistischer betrachtete der Bürgermeister die Entwicklung der Finanzen in der Wallfahrtsstadt. Bei seiner coronabedingt kurzen Haushaltsrede legte er einen ersten Fokus auf die Verschuldung Walldürns. Die hat sich zum Jahresende gegenüber 2007 halbiert – von 21 auf 10,7 Millionen Euro. "Eigentlich ist dies ein Grund zum Feiern", so Günther. Wäre da nicht ein Wermutstropfen: Bereits 2022 muss die Stadt einen Kredit in Höhe von 4,63 Millionen Euro aufnehmen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt präsentieren zu können.
Genehmigungsfähigkeit stand bei der Erstellung des Haushalts für 2020 – noch vor der Corona-Krise – zwar nie zur Debatte, dennoch lohnt sich aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Pandemie der Blick zurück. Dieses "keineswegs normale Jahr" habe Walldürn – unter anderem dank der Unterstützung von Bund und Land – "mit einem blauen Auge überbrückt", so der Bürgermeister. Allerdings musste man aufgrund coronabedingtem Stillstand viele für 2020 geplante Maßnahmen ins aktuelle Jahr übertragen.
Ebenfalls als positiv bewertete Günther die Liquiditätsreserven der Stadt (zum Jahresbeginn 28,4 Millionen Euro) und die Senkung der Kreisumlage, die für Walldürn im Jahr 2021 Minderausgaben von 270.000 Euro bedeuten. Außerdem freute er sich, dass das Land einwohnerschwache Flächengemeinden wie Walldürn künftig finanziell stärker entlastet. Damit – so Günther – könne man "zusätzliche Aufwendungen wie zum Beispiel im Abwasserbereich oder im Bauhof" abfedern, die allein aufgrund Walldürns Größe entstehen.
Weniger erfreulich sind dagegen die roten Zahlen aus dem Wald. Trockene Witterung und Käferbefall sind daran schuld, dass die Stadt für den Forsthaushalt im laufenden Jahr ein Minus von 290.000 Euro vorhersagt. Eine Bundeswaldprämie in Höhe von 191.000 Euro mildert diesen Verlust immerhin etwas ab.
Bei einem Blick auf das "Riesenpaket" im investiven Bereich erwähnte Günther die anstehende Generalsanierung der Grundschule Walldürn, den Kauf von Bauerwartungsland, die jüngst fertiggestellte Turnhalle in der Keimstraße, den bereits gestarteten Neubau der Atemschutzübungsanlage und die Erweiterung der Grundschule Rippberg um ein viertes Klassenzimmer. "Nicht nur touristisch ein Aushängeschild" werden sollen die sanierten Adolf-Kolping-Straße und Obere Vorstadtstraße.
In der etwas ferneren Zukunft stehen noch die Sanierungen des Stadt- und Wallfahrtsmuseums, des alten Rathauses und der Nibelungenhalle auf der Agenda. Trotz all dieser Millionenprojekte wolle die Verwaltung an ihrer Strategie festhalten, Schulden weiterhin maßvoll abzubauen.
Ein großes Lob hatte Günther abschließend nicht nur für den Gemeinderat sowie die Kämmerei mit Joachim Dörr, Kirstin Kuhn-Weidner und Volker Paske an der Spitze, sondern auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung, die sich viele Gemeinden in Zeiten der Pandemie haben "zum Beispiel dienen lassen".
Der Gemeinderat hat am Montag den Haushaltsplan der Stadt Walldürn für das Jahr 2021 einstimmig verabschiedet und damit die Weichen für die künftige Entwicklung der Stadt gestellt. Wie üblich bezogen die Fraktionen im Gemeinderat Stellung zum Zahlenwerk – wenn auch coronabedingt nicht so umfangreich wie in früheren Jahren. Aus der Reihe tanzte die AfD, die mit keinem Stadtrat vertreten war, aber dennoch eine Eingabe zu Protokoll geben wollte.
> Fabian Berger (CDU): "Sparen bedeutet nicht, dass man nicht investiert, sondern dass man die richtigen zukunftsorientierten Investitionen tätigt." Er bedauert, dass die Stadt trotz guter Kassenstände – gemeint ist die aktuelle Liquidität in Höhe von 28,5 Millionen Euro – "nicht aus dem Vollen schöpfen" könne. Mit Blick auf die finanzielle Lage und den Prognosen für die Zukunft sei es nicht möglich, jede Idee umzusetzen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende bedauert darüber hinaus, dass Walldürn "den erfolgreichen Schuldenabbau der letzten Jahre [...] im Planungszeitraum maßvoll verlassen" müsse. "Dies darf jedoch keine Dauerlösung werden", warnte er. Stattdessen steckte er das Ziel, "die Verschuldung der Stadt weiter zu reduzieren sowie generationengerecht zu investieren und zu finanzieren". Nun gelte es, die Maßnahmen umzusetzen und "nicht den leider nicht möglichen Wünschen nachzuweinen".
> Ralf Beyersdorfer (SPD): "Wir werden auch in den nächsten Jahren wenig Freiraum für neue Wünsche haben." Der Ortsvereinsvorsitzende der Sozialdemokraten griff in seiner Rede zum Haushalt aber nicht nur die angespannte Finanzlage und die großen Aufgaben – etwa im Abwasserbereich – auf, sondern auch personelle Engpässe: Denn es braucht Mitarbeiter, die ein solch umfangreiches Programm umsetzen können. "Wir wissen, dass unsere Verwaltung hier bereits an ihrer Belastungsgrenze ist", so Beyersdorfer. Insbesondere eine vakante Stelle im technischen Bereich müsse endlich gefüllt werden. Mit einem Blick auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und der Bereitstellung von Bauplätzen begrüßt die SPD-Fraktion Innenentwicklungen wie im ehemaligen Lager "Leinenkugel" (siehe unten) oder auf dem ehemaligen Aldi-Areal in der Dr.-Trautmann-Straße. "Wir dürfen nicht verkennen, dass kommunale Bauflächen immer mehr zur Mangelware werden", mahnt Beyersdorfer. In diesem Zug erinnert seine Partei an den "baldigen Grunderwerb für den ,Neuen Wasen‘".
> Jürgen Schmeiser (DCB): Der Fraktionsvorsitzende der DCB monierte, dass aufgrund der aktuell noch hohen Liquidität "weitere eigentlich notwendige gravierendere Einsparungen unterblieben sind". Die "dramatischen Auswirkungen" – das prophezeit Schmeiser – würden erst im nächsten Haushalt der Stadt offen zu Tage treten. Er kritisiert unter anderem die hohen Personalkosten. "Wir appellieren daher, zusätzliche Stellen nur zur Effizienzerhöhung der eigentlichen Verwaltungs- und Leistungserbringung zu schaffen." Außerdem bemängelt er fehlende Professionalität dabei, wie die Stadt ihre Bau- und Sanierungsgebiete bewirbt. Zudem entlarve die Mehrheitsentscheidung des Gemeinderats, Mehrkosten für die Erweiterung der Rippberger Grundschule zu genehmigen, "die immer wieder beschworene Notwendigkeit des Sparens als Lippenbekenntnis", sagt Schmeiser. Er sehe darüber hinaus keine Dringlichkeit erster Priorität für Millionenprojekte wie die Erweiterung des Stadt- und Wallfahrtsmuseums, die Umgestaltung des alten Rathauses, die Nibelungenhalle und die Realschule. Der DCB zufolge setze der aktuelle Haushalt Schwerpunkte nicht konsequent genug.
> AfD: Keiner der beiden Stadträte aus der AfD-Fraktion war am Montag in der Sitzung des Gemeinderats anwesend. Stattdessen überreichte der AfD-Kreisvorsitzende Johann Martel – der kein Mitglied des Walldürner Gemeinderats ist – einen Redebeitrag zum Haushaltsplan. Entgegen den Behauptungen der AfD Walldürn in sozialen Netzwerken gilt die Haushaltsrede der Zweimannfraktion damit nicht als "zu Protokoll gegeben". "Ein Dritter gibt ein nicht unterschriebenes Pamphlet ab", beschreibt Bürgermeister Markus Günther den Ablauf am Montag. Das sei laut Gemeindeordnung so nicht vorgesehen. Die in der Rede erwähnte Ablehnung der Stadträte Harry Göbel und Sven Ehrmann hat aufgrund ihrer Abwesenheit demnach keine Auswirkung auf das Abstimmungsergebnis, wie der Bürgermeister gegenüber der RNZ erklärt. Der Gemeinderat hat den Haushaltsplan also am Montag einstimmig verabschiedet.