Hardheim. (jam) Mehr als 20.000 Haare pro Quadratzentimeter schützen ihn vor Kälte, seine scharfen Nagezähne wachsen einen Leben lang nach, und natürliche Feinde kennt er in unserer Region nicht. Der Biber hat sich inzwischen in zahlreichen Revieren innerhalb des Regierungsbezirks Karlsruhe angesiedelt, nachdem er hier 150 Jahre lang als ausgerottet galt. Spitzenreiter in Sachen Bibervorkommen - und zwar in ganz Baden-Württemberg - ist die Erftalgemeinde Hardheim mit ihren langsam fließenden Bächen, die das große Nagetier als Lebensraum bevorzugt. Allein am Riedbach leben aktuell sieben oder acht Exemplare. Aus diesem Grund hat das Regierungspräsidium dort eine Informationsveranstaltung rund um den Biber und das einhergehende Konfliktmanagement angeboten, das zahlreiche Interessierte und sogar ein Kamerateam des SWR an den Riedbach gelockt hat.
Biologe Ulrich Weinhold (im Vordergrund) ist Bibermanager im Auftrag des Regierungspräsidiums. Seinem Kurzvortrag lauschten knapp 50 Interessierte und ein Fernsehteam des SWR.
"Die Wiederansiedlung der Biber hat wie fast alles im Leben zwei Seiten", berichtet Beate Müller-Haug vom Referat Naturschutz und Landschaftspflege des Regierungspräsidiums zunächst ihren knapp 50 Zuhörern. Die haben sich auf einer Wiese am Riedbach versammelt, die an zwei massive Biberdämme angrenzt. Unter den Teilnehmern finden sich einige Betroffene, die bereits Bekanntschaft mit dem Biber gemacht haben und beide Seiten kennen. Unabhängig davon, ob die Erfahrungen mit dem fleißigen Nagetier positiv oder negativ ausgefallen waren, hielten die Referenten für alle Anwesenden nützliche Informationen parat.
"Der Biber bringt die Natur wieder ins Gewässer zurück und tut im besten Fall sogar etwas für die Gewässerökologie und den Hochwasserschutz", führte Susanne Diebold, Präsidentin der Abteilung Umwelt beim RP, als einen der Vorzüge der Wiederansiedlung an. Dass es aber überall dort, wo Mensch und Biber denselben schmalen Uferstreifen nutzen, zu Konflikten kommen kann, machte die Expertin vom Regierungspräsidium ebenfalls deutlich. Mit seinen Dämmen überschwemmt er landwirtschaftliche Flächen, das Ufer kann aufgrund von Bibergängen einbrechen, und Feldfrüchte oder ganze Bäume fallen seinen Zähnen zum Opfer.
Anhand eines Präparats veranschaulichten die Referenten typische Merkmale des Bibers und gaben Tipps, wie sich Konflikte mit dem Nager vermeiden lassen. Fotos: Janek Mayer
Wer als Betroffener nun in Eigeninitiative gegen den Biber angeht, kommt schnell mit dem Gesetz in Konflikt. "Beim Biber handelt es sich um eine europaweit streng geschützte Art mit der allerhöchsten Schutzkategorie", erinnert Müller-Haug. Den Biber zu fangen, zu verletzen oder gar zu töten ist daher ebenso verboten wie der Handel mit ihm. Geschützt ist außerdem sein Wohnraum - Biberburg und -dämme dürfen also weder beschädigt noch zerstört werden. Verstöße werden geahndet - theoretisch mit bis zu fünf Jahren Haft. Daher appelliert sie an alle Betroffenen: "Wenden Sie sich rechtzeitig an die ehrenamtlichen Biberberater, die das Regierungspräsidium für solche Fälle ausgebildet hat!"
Für den Neckar-Odenwald-Kreis sind die drei Biberberater Joachim Bernhardt aus Buchen, Martin Kuhnt aus Walldürn und Markus Volk aus Osterburken zuständig. Kuhnt ist Ansprechpartner bei Konflikten in Walldürn, Höpfingen und Hardheim; Volk steht in Ravenstein parat; und Bernhardt deckt die restlichen Bereiche des Neckar-Odenwald-Kreises ab. Sie alle sind ehrenamtlich tätig, um vor Ort Lösungen mit den Betroffenen zu erarbeiten.
Im Spannungsfeld zwischen den streng geschützten Tieren und den Wünschen der Betroffenen lassen sich jedoch nicht alle Konflikte so lösen, dass jeder zufrieden ist. "Wer seinem Ärger Luft machen möchte, soll sich direkt an das Regierungspräsidium wenden", nimmt Biologe Ulrich Weinhold die Biberberater in Schutz. Er dient ihnen als Ansprechpartner bei komplexen Fällen, zu denen es aber selten komme.
Als Bibermanager im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe greift Weinhold auf ein breites Spektrum an Lösungsmöglichkeiten zurück, um die meisten Konflikte zu lösen oder - noch besser - ganz zu vermeiden. So lässt sich der Wasserstand hinter Dämmen mit Dränagerohren regulieren; Maschendraht oder Elektrozäune können Bäume oder Feldfrüchte schützen. "Das Landratsamt stellt Draht zur Verfügung, und wir Biberberater helfen sogar dabei, ihn anzubringen", ergänzt Martin Kuhnt.
Begehrtes Motiv: einer von mehreren Biberdämmen am Riedbach in Hardheim.
Den für die Erftalgemeinde verantwortlichen Biberberater wundert es nicht, dass gerade Hardheim die meisten Biber im Ländle beherbergt, wirbt die Kommune doch seit Jahren mit dem Slogan "Hardheim gefällt mir". Das habe nun auch der Biber beherzigt, schmunzelt Kuhnt. Dennoch muss sich niemand Sorgen machen, dass die Zahl der Nagetiere bis ins Unendliche ansteigt. "Irgendwann sind alle guten Reviere besetzt", sagt Weinhold. Bereits jetzt sterben zahlreiche Jungtiere bei ihrer Suche nach einem eigenen Revier. Bei rund 150 Bibern im Neckar-Odenwald-Kreis gebe es allerdings noch Luft nach oben.