Die Maschinenfabrik Eirich baut 120 Stellen an den Standorten Hardheim und Külsheim ab. Archiv-Foto: Dominik Rechner
Hardheim. (dore) Bereits seit Sommer wusste die Öffentlichkeit, dass die Maschinenfabrik Eirich im Zuge einer Umstrukturierung Stellen abbauen wird. Seit gestern ist nun bekannt, dass 80 Mitarbeiter im Rahmen des Freiwilligenprogramms Eirich im neuen Jahr verlassen. Insgesamt werden 120 Stellen abgebaut. Das gab der geschäftsführende Gesellschafter Ralf Rohmann bei einem Pressegespräch am gestrigen Vormittag bekannt.
Im Hintergrund liefen lange Verhandlungen zwischen der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat, der IG Metall und Südwestmetall. Am 20. August wurde ein Ergänzungstarifvertrag unterschrieben. Dabei sei laut Rohmann eine konstruktive tarifliche Lösung mit einer Laufzeit bis 2025 gefunden worden. Als gemeinsame Ziele seien im Ergänzungstarifvertrag Transformation, Digitalisierung und Steigerung der Ertragskraft festgelegt worden. "Mit dem Ergänzungstarifvertrag wurde die Grundlage geschaffen, die aktuellen konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen zu bewältigen", so Rohmann. Doch das habe nicht ausgereicht, um das Ziel, die langfristige Sicherung des Standorts Hardheim einschließlich der Produktion in Hardheim und Külsheim, zu erreichen. "Wir wollen auch in zehn Jahren hier in Hardheim Arbeitsplätze anbieten können."
Ein begrenzter Stellenabbau sei unumgänglich gewesen. In gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat sei die Sozialverträglichkeit dieses Stellenabbaus gewahrt und in einem entsprechenden Interessenausgleich und Sozialplan am 6. Oktober beschlossen worden. "Der Stellenabbau konnte durch die Beiträge aller Beteiligten im Großen und Ganzen auf ein Minimum reduziert werden", erklärte Rohmann. Durch das Freiwilligenprogramm habe man ein Angebot geschaffen, das maßgeblich dazu beitrage, den Beschäftigten Chancen auf einen schnellen Wiedereinstieg zu ermöglichen. "Wir sind jetzt mit 90 bis 95 Prozent des Programms durch, bis Ende nächster Woche können sich Mitarbeiter noch entscheiden, dann ist es abgeschlossen", sagte Rohmann.
Das Freiwilligenprogramm bietet den Mitarbeitern verschiedene Optionen. So besteht und bestand für die Beschäftigten die Möglichkeit, in die Transfergesellschaft Apontis mit einer Aufenthaltsdauer der doppelten Kündigungsfrist zu wechseln, einen Aufhebungsvertrag ohne Wechsel in die Transfergesellschaft mit dem Arbeitgeber zu schließen oder ein Angebot eines Outplacements anzunehmen Outplacement (vom Unternehmen finanzierte Dienstleistung für die ausscheidenden Mitarbeiter, die als professionelle Hilfe zur beruflichen Neuorientierung angeboten wird, bis hin zum Abschluss eines neuen Vertrages oder einer Existenzgründung, Anm. d. Red.).
Wie der Betriebsrat in einer Pressemitteilung bekannt gab, sei man "nicht begeistert, schon wieder vor dieser schwierigen Herausforderung zu stehen. Um die Situation für uns eindeutig zu verifizieren, haben wir uns Experten der Betriebswirtschaft, des deutschen Rechts und auch Experten der IG Metall zu Hilfe geholt. Diese haben uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden." Man habe zusammen mit der IG Metall für den vom Arbeitgeber geforderten Arbeitsplatzabbau ein gutes Ergebnis als Nachteilsausgleich für die betroffenen Beschäftigten erzielen können. "Wir schauen gespannt in die Zukunft des Unternehmens und werden uns an den bevorstehenden Prozessveränderungen des Unternehmens und den Digitalisierungsprozessen im Interesse der Beschäftigten beteiligen und weiterhin Themen auch kritisch hinterfragen", teilte der Betriebsrat mit.
Rohmann erklärte weiter, dass betriebsbedingte Kündigungen bislang nicht ausgesprochen worden seien. "Sie sind zwar noch möglich, aber wir glauben nicht, dass noch welche kommen." Der Wegfall der 40 zusätzlichen Stellen außerhalb des Freiwilligenprogramms komme durch Eigenkündigungen, Mitarbeiter, die in Rente gingen, oder auch Nichtübernahme von Auszubildenden zustande.
Laut Hubert Sajonz, Chief Operating Officer von Eirich (Manager, der das operative Geschäft leitet), hätten die Rekordauftragseingänge in den Jahren 2018 und 2019 die Situation in diesem Jahr noch gerettet. Doch wegen Corona habe das Unternehmen erhebliche Auftragseinbußen (rund 50 Prozent) zu beklagen. Laut Rohmann sei die wirtschaftliche Situation depressiv und man rechne damit, dass es erst Ende 2021 wieder etwas besser würde. Eine Verlängerung der Kurzarbeit sei eines der stärksten Werkzeuge in dieser Krise, "die uns über 2021 hinaus bringen werden. Wir müssen mit der Liquidität haushalten." Personalchef Kevin Mechler stellt aber klar: "Wir bauen jetzt Stellen ab, die in Zukunft auch durch die nötige Transformation und Digitalisierung weggefallen wären." Transformation und Digitalisierung: Das sei nötig, um produktiver und effektiver zu werden und in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, und damit auch die Gesellschafter auch weiter in das Unternehmen investierten, betonte Rohmann.
Insgesamt zieht der Geschäftsführer ein positives Fazit zur künftigen Ausrichtung: "Ich glaube, dass wir das ganz gut gemacht haben. Klar bin ich auch ein bisschen zwiegespalten, es schmerzt, Mitarbeiter zu verlieren. Gleichzeitig ist es für uns aber auch klar: Es geht ab nach vorne. Wir haben sehr gute gute Mitarbeiter und spüren die Energie, wir spüren, dass nicht alles negativ ist, sondern die Mitarbeiter die großen Herausforderungen angehen wollen." Vor der Unterzeichnung des Ergänzungstarifvertrages sei der Abbau von 300 Stellen befürchtet worden, danach zwischen 150 und 180 Stellen, und am Ende seien es jetzt 120. Davon entfallen zehn Prozent auf die Produktion. "Dieser Bereich war 2016 schon sehr stark betroffen und wir sind aktuell mit 250 Mitarbeitern mit einer sehr guten Leistungsfähigkeit aufgestellt", begründete Rohmann.
Ganz wichtig sei, dass man die Ausbildung in Hardheim habe halten können. "Wir wollen weiterhin Führungskräfte in Hardheim und für die Region ausbilden. Wir bilden über unseren eigenen Bedarf aus", betonte Rohmann. Für die Zukunft wolle man den Standort Hardheim so weit stärken, dass hier weiterhin alles produziert werden könne, China und Indien sollten in den nächsten fünf Jahren ausgebaut, in den USA und Japan dagegen nur noch reine Edelstahlproduktion stattfinden und in Südafrika sowie Brasilien solle die Produktion geschlossen werden.
Update: Freitag, 27. November 2020, 18.30 Uhr