Die Teilnehmer machten deutlich, dass sie Rechtspopulismus nicht hinnehmen. Foto: Adrian Brosch
Buchen. (adb) Rund 150 Menschen bezogen am Samstagabend eine klare Position gegen das Vergessen und gegen drohende Gefahren von rechts: Der Kerzenschein-Gedenk-Umzug "Gesicht zeigen im Kerzenschein", zu dem die Initiative "Herz statt Hetze Neckar-Odenwald-Kreis" einlud, brachte die Angst vieler Bürger, aber auch deren Verständnis von Toleranz, Ehrlichkeit und Offenheit auf den Punkt.
Am Musterplatz begrüßten Alexander Weinlein und Markus Dosch die zahlreichen Teilnehmer, entzündeten Kerzen und erklärten: "Der Druck von rechts wächst", hielt Weinlein fest und erinnerte daran, dass der Marsch letztlich die Folge eines traurigen Rechtsrucks und gefährlicher Tendenzen sei, denen man die Stirn bieten möge.
So werde man nicht akzeptieren, dass Rechtsterroristen und Antisemiten Jüdinnen und Juden in unserem Land bedrohen. Derartige Angriffe auf die Freiheit von Gesellschaft und Demokratie fänden ihren Nährboden in markigen Aussagen rechter Parteien, die sich lediglich volkstümlich und bieder präsentierten, aber in Wahrheit große Gefahren mit sich bringen. "Was war, darf sich nie wiederholen – offensichtlich wissen das viele nicht", schilderte er und dankte neben den erfreulich zahlreichen Teilnehmern auch der Polizei, die den Verkehr regelte.
Im Stillen wanderte die Gruppe über die Haag- und Schüttstraße in die Vorstadtstraße, vorbei am Restaurant "Prinz Carl" und hielt an der Gedenkstätte am Jakob-Mayer-Platz inne, wo mit Gedichten und Zitaten an grausame Taten erinnert und zur Schweigeminute gebeten wurde. Über die Marktstraße ging es schließlich zum Alten Rathaus.
Bei der Abschlusskundgebung auf dem Vorplatz des Alten Rathauses fanden verschiedene Redner passende – wenngleich aus gegebenem Grund durchaus sehr nachdenklich stimmende bis beklemmende – Worte zur aktuellen Situation.
„Herz statt Hetze“ organisierte einen Gedenkumzug durch Buchen, dem sich zahlreiche Bürger anschlossen. Foto: Adrian Brosch
Alexander Weinlein erinnerte zunächst an die durch Nationalsozialisten getöteten Juden, Sozialdemokraten, Kommunisten, Pazifisten, Sinti und Roma, Homosexuellen, Behinderten, Katholiken und religiös motivierte Regimegegner, Künstler und alle, "die per NS-Definition nicht zum sogenannten Volkskörper oder zur Volksgemeinschaft gehörten".
Ebenso rief er zum Gedenken an die Opfer links- und rechtsextremer Gewalt auf. "Wir sehen den heutigen Tag als Mahnung für Gegenwart und Zukunft, aber auch als Auftrag an, unsere Arbeit in der politischen Bildung und Aufklärung weiter anzunehmen und als Auftrag an die Demokratie und die bunte Gesellschaft, in der wir leben", führte Weinlein aus und bemerkte, dass die Initiative "Herz statt Hetze" bereits viele Menschen erreichen konnte.
Gerade die Schulfilmwochen sensibilisierten viele Besucher; im kommenden Jahr wird der Dokumentarfilm "Hassjünger" von Max Damm religiösen Menschenhass in den Vordergrund rücken.
Es folgte Amelie Pfeiffer, die auf "erschütternde Anwandlungen" zu sprechen kam und zur Solidarität aufrief. Bezüglich der jüngsten Ereignisse in Halle erzeuge das vollständige Fehlen von Sicherheitseinrichtungen in Synagogen ein schlechtes Gefühl.
"Wir werden Rechtsterrorismus und Antisemitismus nicht akzeptieren", betonte Amelie Pfeiffer. Zwar sei latenter Fremdenhass schon lange feststellbar gewesen, jedoch durch den gezielten Aufbau greifbarer Feindbilder durch rechte Populisten einer neuen Eigendynamik unterworfen. "Sicher aber machten nicht nur die Menschen, sondern auch die Politik Fehler", räumte sie ein und verwies unter anderem auf die Ereignisse unmittelbar nach der Wende, die bis dato vielversprechenden Lebensläufen ein jähes Ende bescherte.
Weitere Ansprachen kamen von Dr. Klaus Lampe und Jens Schwingel, die sich auf unbedingt wichtige Werte wie Toleranz und die Akzeptanz Andersdenkender bezogen; auf das Zweite Vatikanische Konzil und dessen Auswirkungen bezog sich Kaplan Julian Donner, ehe man sich nach dem berührenden Abschlussgebet trennte.