Das Belz’sche Haus wurde in der Zeit der Bauernkriege errichtet und als Militärgebäude genutzt. Foto: Tanja Radan
Buchen. (tra) "Das Belz’sche Haus ist eines der wertvollsten Gebäude der Buchener Altstadt", sagt Bauforscher Peter Knoch, der mit seinem Team das stadtbildprägende Gebäude in der Haagstraße 10 seit rund vier Jahren akribisch saniert. "Wir möchten dem Haus dadurch wieder die Identität geben, die es vor hunderten von Jahren einmal hatte, und dabei auf eine Weise vorgehen, die dem Alter und der Substanz des Gebäudes angemessen ist", erklärt Knoch.
"Das Haus Belz wurde in der Zeit der Bauernkriege errichtet und war ein wichtiges Militärgebäude. Das kann man an den Schießscharten für Pfeil und Bogen erkennen, die von Anfang an in das Originalmauerwerk eingebaut waren und aus der Zeit um 1520 stammen", so der Bauforscher.
Bei der jüngsten Sanierung des Gebäudes, die in den 1970er und 1980er Jahren stattfand, sei, so Knoch, die Historie des Gebäudes – die damals noch nicht erforscht war – nicht berücksichtigt worden. Zudem seien bei der damaligen Sanierung Materialen verwendet worden, die dem Stand der 70er und 80er entsprachen und somit historisch nicht authentisch gewesen seien.
So wurde damals zum Beispiel auf den Sandsteinsockel Zementputz aufgetragen, und die Balken des Fachwerks wurden mit Kunstharzfarbe gestrichen. Im Sockel wurden die Fugen zudem nicht saniert, sondern einfach überputzt. Lücken im Sockel waren zudem mit Zement verschlossen worden.
"Bevor wir das Haus Belz historisch passend, fachgerecht und nachhaltig sanieren konnten, mussten wir zunächst die Maßnahmen aus den 70er und 80er Jahren zurückbauen", erklärt Knoch. Im Fachwerkbereich des Hauses wurden die Balken von der Kunstharzfarbe befreit, danach wurden sie mit Leinölfarbe gestrichen. "Diese Farbe altert, verharzt und platzt nicht ab", erläutert Knoch.
Die Wandflächen zwischen den Fachwerkbalken waren über die Jahre durch bauliche Eingriffe zu einem Konglomerat aus verschiedenen Materialen geworden: "Die Wände sind nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand, sondern wurden mit Ziegeln ausgemauert und nach dem Zweiten Weltkrieg auch mit Bimssteinen geflickt", so der Bauforscher. "Auf dieses Konglomerat wurde von uns nun ein Unterputz aufgebracht, um eine solide Grundlage zu schaffen. Darauf kam ein historisch authentischer Kalkputz, der mit Farbpigmenten versetzt wurde, so dass die Optik der Wände dem Alter des Gebäudes entspricht." Welche Farbe das Gebäude früher einmal gehabt hat, sei jedoch leider nicht bekannt, da es keinen Farbbefund aus früheren Zeiten gibt.
Im Fachwerkbereich sind die Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen, am Sockel wird aktuell gearbeitet. Auch der Sockel wird so saniert, dass die Vorgehensweise der Bausubstanz sowie dem Alter des Gebäudes angemessen ist. Zunächst wurde der rund 40 Jahre alte Zementputz vom Sandsteinsockel entfernt.
Nachdem der Putz ab war, konnte die bauhistorische Untersuchung erfolgen. "Der Sockel ist rund hundert Jahre älter als der Fachwerkaufbau. Warum der Aufbau später aufgesetzt wurde, wissen wir nicht. Es ist jedoch denkbar, dass man einen repräsentativen Bau haben wollte, was man auf der Hofseite anhand des Zierfachwerks annehmen muss", vermutet Peter Knoch.
Das Gebäude habe im Laufe der Zeit immer wieder seine Funktion gewechselt: Während der Bauernkriege war es ein Militärgebäude, aus dessen Schießscharten Buchen und das kurmainzer Verwaltungszentrum (Steinerner Bau) mit Pfeil und Bogen verteidigt wurden.
Aus den Schießscharten (r.) wurde mit Pfeil und Bogen geschossen. Foto: RadanAls dann Pfeil und Bogen nach Einführung des Schießpulvers aus Asien und der Erfindung der Musketen und Kanonen ersetzt wurden, änderte sich auch die Funktion des Gebäudes. So wurden später neben den alten Schießscharten um 1616/1618 Fenster eingebaut. "Im Zusammenhang mit der Umfunktionierung wurde der Fachwerkaufsatz geschaffen, der eventuell als Wohnraum genutzt wurde", sagt der Bauforscher.
Bei der Sanierung des Sandsteinsockels soll zunächst seine Standfestigkeit garantiert werden, danach wird er in einem braunen Beigeton geschlämmt. "Sandstein wurde früher immer farbig gestrichen, da die Erbauer keinen geäderten rohen Sandstein, sondern eine Fassade mit perfekten, sichtbaren Steinoberflächen präsentieren wollten", erläutert Knoch.
Wenn weiterhin alles nach Plan läuft, soll die Sanierung des Hauses Belz noch 2020 abgeschlossen werden. "Hierbei ist auch das Wetter ausschlaggebend, da mit den historischen Baustoffen nicht bei jeder Witterung gearbeitet werden kann", weiß Knoch. Sobald die Temperaturen wieder konstant über fünf Grad Celsius liegen, kann am Haus Belz wieder Kalkputz aufgetragen werden. Im Herbst soll die Sanierung dann abgeschlossen sein.