Buchhändler Johannes Volk präsentiert zwei seiner Favoriten des Buchjahres 2020: den Roman „Grand Hotel Europa“ und das Sachbuch „Pandemische Welt-Schau“. Foto: R. Busch
Buchen. (rüb) Not macht erfinderisch: Wenn sich etwas Positives aus den zurückliegenden Monaten der Pandemie ziehen lässt, dann die Kreativität und der Einfallsreichtum, mit denen viele Betroffene auf die neuen Herausforderungen reagiert haben und reagieren. Ein Beispiel ist Buchhändler Johannes Volk aus Buchen, der vor seinem Geschäft eine Freiluft-Abholstation eingerichtet hat, die am Donnerstag den Betrieb aufnimmt. Darüber und über das Medium Buch, das als Gewinner aus der Krise hervorgeht, hat sich der 41-Jährige mit der Rhein-Neckar-Zeitung unterhalten.
Die Adventszeit ist auch für den Buchhandel eine besondere Zeit – vor allem auch eine besonders umsatzstarke Zeit. Ein Buch unterm Weihnachtsbaum ist (fast) immer eine gute Wahl. Mittlerweile kann man auch bequem von zuhause aus den örtlichen Buchhandel unterstützen: Viele Kunden suchen ihre Bücher nicht mehr im Laden aus, sondern bestellen sie online oder telefonisch und kommen nur noch zum Abholen ins Geschäft. Dies sorgt dann aber zu Hochzeiten mitunter für einen großen Ansturm – was zu normalen Zeiten kein Problem wäre, in der Corona-Gegenwart aber schon.
Fünf Personen pro Stockwerk: So viele Kunden darf Johannes Volk aufgrund der rechtlichen Vorgaben nur noch in seine Buchhandlung lassen. Aber selbst diese überschaubare Anzahl ist ihm fast schon zu viel: "Bei vier Kunden pro Stock fühle ich mich wohler." Johannes Volk möchte möglichst jegliches Risiko für Kunden und Mitarbeiter ausschließen. So kam er auf den Gedanken, das Abholgeschäft in seiner Hochphase aus dem Laden auszugliedern.
Der erste Kunde der Buchener Buchhandlung Volk durfte am Mittwoch schon seine Bestellung vor dem Geschäft abholen. Foto: BuschDie Idee war geboren, nun konnte es an die Umsetzung gehen: Die Stadtverwaltung habe sein Anliegen sofort unterstützt und ihm zudem eine Weihnachtsmarkthütte vermietet. Wer seine bestellten Bücher abholen möchte, muss nun den Laden nicht mehr betreten, sondern kann die Abholstation nutzen. Diese wurde technisch aufwendig mit Computertechnik und EC-Karten-Lesegerät ausgestattet, um den Kunden auch im Freien den gewohnten Service bieten zu können. Dazu zählt auch das Verpacken der Bücher als Geschenk.
"Mit dem neuen Angebot können wir den Kunden mögliche Ängste nehmen", erklärt Johannes Volk und denkt hier vor allem an Risikogruppen. Doch das ist beileibe nicht der einzige Vorteil: Durch die Entzerrung wird sich der Andrang auf den Laden reduzieren, es wird seltener zu Schlangen vor dem Geschäft kommen. So können sich die Kunden in der Buchhandlung entspannter umschauen, als dies wahrscheinlich beim Blick auf die wartenden Kunden vor dem Laden möglich wäre.
Die Abholstation wird anfangs nicht dauerhaft besetzt sein. Über eine Klingel kann sich der Kunde bemerkbar machen. Im Laufe der nächsten Wochen, wenn das Bestellgeschäft seinen Höhepunkt erreichen wird, werde aber eine Mitarbeiterin wohl dauerhaft in der beheizten Hütte Dienst tun.
Was die Zahl der Buchbestellungen angeht, zeigt sich Johannes Volk zufrieden: "Die liegt ungefähr auf dem Niveau der Vorjahre." Dafür seien weniger Passanten in der Stadt unterwegs – wegen Corona und wohl auch wegen der Baustelle in der Marktstraße. Hinzu kommen die fehlenden Umsätze wegen des Lockdowns im Frühjahr – ein höherer fünfstelliger Betrag. "Denen laufen wir das ganze Jahr hinterher."
Im Gegensatz zu den großen Ketten kämen kleinere, inhabergeführte Buchhandlungen aber besser durch die Krise, ist sich Johannes Volk sicher. Die geringeren Fixkosten und die Treue der Kunden zu "ihrem" Geschäft vor Ort spielten hier eine wichtige Rolle.
Doch das ist nicht der einzige positive Ansatzpunkt: "Ja, es wird deutlich mehr gelesen", hat der Buchhändler festgestellt. Die Menschen seien mehr zuhause, und viele andere Freizeitbeschäftigungen fallen bekanntlich aus. Auffallend häufig würden Kunden Klassiker aus ihrer Jugend nachfragen wie beispielsweise "Momo" von Michael Ende. In Nostalgie schwelgen, sich an schönen Erinnerungen festhalten, sei ein Trend – angesichts der Schreckensnachrichten der Gegenwart eine durchaus nachvollziehbare Entwicklung.
Ganz oben bei den Lesern stünden wie immer Krimis wie aktuell "Der Heimweg" von Sebastian Fitzek oder Volker Kutschers "Olympia", aber auch historische Romane wie "Grand Hotel Europa" von Ilja Leonard Pfeijffer.
Gefragt seien aber auch Sachbücher zu aktuellen Themen – und hier vor allem zur Pandemie, aber auch nach wie vor zur Klimaerwärmung. Kochbücher und Ratgeber rund um Haus und Garten seien zudem das ganze Jahr über besonders gefragt: Auch diese Entwicklung habe sich durch die Pandemie verstärkt. "Die Menschen wollen es sich zuhause schön und gemütlich machen. Im Sommer waren die Gartenthemen besonders wichtig, jetzt Umbauen, Einrichten und Kochen." Not macht eben erfinderisch.