Die Bioenergietonnen wurden diese Woche erstmals geleert, die Störstoffsäcke abgeholt. Für etliche Bürger in der Buchener Kernstadt und den Stadtteilen verlief der Start in das neue "Müllzeitalter" jedoch holprig. Foto: Tanja Radan
Von Rebecca Balles
Buchen. Die "Premiere" konnte die Buchener noch nicht überzeugen: Nach der ersten Leerung der Bioenergietonne in der Kernstadt häuft sich bei den Bürgern die Kritik. Übler Geruch, Flüssigkeitslachen am Tonnenboden, Maden in und um die Tonne - offenbar keine Seltenheit. Mit dem Artikel zum neuen Abfallwirtschaftssystem am Donnerstag traf die RNZ den Nerv.
Dementsprechend groß die Resonanz: Sowohl per Telefon als auch auch über die Facebook-Seite "RNZ Neckar-Odenwald" erreichten die Redaktion zahlreiche weitere Erfahrungsberichte. Der Beitrag wurde im Netz über 50 Mal geteilt und dutzendfach kommentiert. Allein auf Facebook erreichte man eine fünfstellige Nutzerzahl.
Verärgerte Mitbürger fragten sich, warum die Defizite des neuen Systems nicht bereits beim Pilotprojekt in Hardheim aufgefallen waren, andere fürchteten erste Rattenplagen. Auch der Kostenfaktor wurde thematisiert: Beim hohen Preis der Störstoffsäcke sei eine Tonne rentabler. Doch an die muss man erst einmal kommen: Eine Leserin berichtet von Wartezeiten bis Mitte August. Bis dahin müsse sie laut AWN mit den roten Störstoffsäcken auskommen. Ihren Unmut tut sie im Netz kund: "Die paar Tüten für einen Windelhaushalt sollen bis Mitte August reichen?"
"Der Artikel spricht mir aus der Seele", so meldete sich gleich am Donnerstagvormittag Leserin Liane Sauer aus Götzingen in der Redaktion. Die unappetitlichen Folgen des neuen Müllsystems wie Madenbefall und Geruchsbelästigungen seien für sie keine Überraschung: "Das war jeder Hausfrau schon vorher klar, dass es so nicht gehen kann!"
Das System komme aber nicht aus der Praxis, sondern sei vom Schreibtisch aus geplant, so ihr Vorwurf. Mitleid hat sie vor allem mit den Müllmännern. Und einen Verbesserungsvorschlag für die AWN hat sie auch: eine kostenlose Störstofftonne für jeden Haushalt.
Den Grundtenor der Leserstimmen im Internet traf folgender Kommentar: "Die Biotonne ist eine Hort für Bakterien, Schimmelpilze und Ungeziefer. Momentan finde ich das neue Müllkonzept wenig überzeugend. Es wird auch nicht von allen Bürgern konsequent durchgeführt werden. Von daher frage ich mich, wie man dann die geplanten Recyclingprozesse ohne größeren Nachbereitungsaufwand einwandfrei durchführen möchte."
Einige Leser beobachteten, wie Störstoffsäcke und Bioenergietonne scheinbar ins selbe Müllauto wanderten. Doch hier gibt es Entwarnung: "Wenn mit dem gleichen Fahrzeug rot und grün abgefahren wird, ist dies ein MeKam-Fahrzeug, also ein LKW mit zwei getrennten Kammern. [...] Die Angst, dass der Bürger trennt und wir es wieder zusammenkippen, ist unberechtigt", meint Martin Hahn von KWiN auf Anfrage der Rhein-Neckar-Zeitung.
Andere Bürger hätten sich schon darüber gefreut, wenn ihr Müll gestern tatsächlich den Weg ins Müllauto gefunden hätte. Stattdessen konnte man beispielsweise im Gebiet rund um die Goethestraße noch um 21.30 Uhr rote Störstoffsäcke auf der Straße liegen sehen - für die Anwohner ein Ärgernis.
Weil das Jammern allein jedoch recht wenig nützt, haben sich einige Buchener bereits erste Lösungsansätze überlegt: Vorgeschlagen wurden beispielsweise kostenlose Papiertüten, das Anlegen eines heimischen Komposts oder mobile Tonnenwaschanlagen, mit denen Mitarbeiter der AWN - wie in manchen Großstädten schon lange gängige Praxis - die Tonne nach der Leerung reinigten. Die AWN prüft derweil weiter die Verwendung von zertifizierten Bioabfallbeuteln anstelle der aktuell vorgeschriebenen Papierbeutel.