Mit dem TSV 1863 Buchen zum Impfen: Der große Sportverein bietet seit ein paar Tagen eine vorbildliche Aktion an, indem er für seine Seniorinnen und Senioren Corona-Impfanmeldungen vereinbart und organisiert. Und das mit großem Erfolg: So konnten bereits konkrete Termine für zwölf TSV-Mitglieder ausgemacht werden. Unser Bild zeigt Mitglied Sigrun Burger (Mitte) zusammen mit Brigitte Röckel und Kurt Bonaszewski vom TSV Buchen. Foto: Joachim Casel
Buchen. (joc) Es ist fast schon wie der berühmte Sechser im Lotto, wenn man derzeit versucht, einen Impftermin zu ergattern. Dass es mit kompetenter Hilfe dennoch klappen kann, das demonstriert derzeit der TSV 1863 Buchen, der für seine über 80-jährigen Buchener Mitglieder seit ein paar Tagen Impftermine organisiert – und das trotz schwieriger Rahmenbedingungen sehr erfolgreich. So konnten von den mittlerweile 30 Seniorinnen und Senioren, die sich auf das entsprechende Angebot der TSV-Vorstandschaft gemeldet hatten, schon zwölf einen festen Impftermin bekommen. Sechs sind sogar schon geimpft. Der Erste am Montag! Und das TSV-Angebot geht sogar noch weiter: Auch die Fahrt zur Impfung wird von ehrenamtlichen Helfern des TSV im vereinseigenen Bus übernommen.
Ideengeber dieser beispielhaften Aktion war – wieder einmal – Vorsitzender Kurt Bonaszewski. Beim Aufenthalt in seiner früheren Heimat wurde er auf eine Initiative des bayrischen Sportvereins TSV Grassau aufmerksam, der seinen Mitgliedern Unterstützung beim Ausmachen von Impfterminen versprach. Gabi und Kurt Bonaszewski gefiel dieser Gedanke, und sie stellten ihn in der letzten Woche der TSV-Vorstandschaft vor, der es ebenfalls als eine tolle Sache empfand. Sofort wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Das heißt TSV-Geschäftsführerin Brigitte Röckel und Nicole Schäfer von der Geschäftsstelle setzten ein Schreiben an alle TSV-Mitglieder auf, die schon das 80. Lebensjahr vollendet haben und in der Kernstadt Buchen wohnen. Das waren insgesamt 108 Personen, die schon am Samstag Post ihres Sportvereins im Briefkasten hatten. Die Antwort der Senioren ließ nicht lange auf sich warten. Mittlerweile haben, Stand gestern, 30 Ü-80-Mitglieder um Unterstützung gebeten, oder anders formuliert: knapp ein Drittel der Angeschriebenen!
Kurt Bonaszewski macht auf das Dilemma aufmerksam, das die Politik den älteren Herrschaften eingebrockt hat: "Das ist doch ein Wahnsinn. Wie soll ein Mensch, der über 80 Jahre alt ist, im PC einen Impftermin buchen? Er braucht erst einmal einen PC, dann ein Handy und schließlich noch eine eigene E-Mail-Adresse. Da ist ein Großteil der Seniorinnen und Senioren schon draußen. Dann muss man das schwierige Anmeldungssystem kapieren. Ich gebe es hier gerne zu, beim ersten Mal habe ich es nicht auf die Reihe bekommen, beim zweiten einigermaßen. Erst beim dritten Versuch hat es richtig hingehauen."
So viel zum Grundsätzlichen, denn danach türmte sich noch eine ganz andere Hürde auf, die man vorab nicht auf der Rechnung hatte. Denn auf dem Weg zwischen Verifizierungscode und eigenen Daten ist Schnelligkeit Trumpf. Kurt Bonaszewski: "Wir haben dann schnell gemerkt, dass der Schwachpunkt darin liegt, dass zwischen dem Code und der Eingabe der eigenen Daten kaum Zeit vergehen darf. Zwischenzeitlich haben Gabi und Kurt Bonaszewski sowie Brigitte Röckel hier aber längst den Turbo geschaltet. Die drei "flinken Finger" sind schon richtige Anmeldeprofis geworden. Oftmals auch im Teamwork. Und dies mit einer beachtlichen Erfolgsquote.
An diesem Punkt kommt allerdings der Impfort ins Spiel. Eine Tatsache, die vielen nicht bekannt sein dürfte. Denn es gäbe in den Impfzentren im benachbarten Mosbach, in Sinsheim und Bad Mergentheim kaum Termine. Macht nichts, dachten sich die ehrenamtlichen TSV-Helfer und dehnten ihr Einzugsgebiet auf ganz Baden-Württemberg aus. Eine erfolgreiche Strategie, denn schnell bekam der TSV für seine Schützlinge Impftermine in Mannheim, Stuttgart, Rot am See, Öhringen und Heidelberg. Und ebenso schnell wie man die Impftermine bekam, so nahtlos wurden auch die Fahrten organisiert. Zum Glück steht hierfür der von der Dietmar-Hopp-Stiftung geförderte Vereinsbus zur Verfügung. Maximal zwei Senioren und ein ehrenamtlicher Helfer des TSV Buchen dürfen pro Fahrt (wegen der Corona-Abstandsregeln) im Bus Platz nehmen. Unterstützung gibt es von Michael Peschel, Geschäftsführer der Firma KMW Parth GmbH, der im Verhinderungsfall eines ehrenamtlichen TSV-Fahrers unentgeltlich Fahrer und Fahrzeug seiner Firma zur Verfügung stellt. Und auch Elektrik-Müller in Buchen gefällt die solidarische Aktion des TSV Buchen so gut, dass er spontan 200 Liter Benzin für die Impftouren gespendet hat.
Doch die langen Fahrten sind nur ein nachteiliger Aspekt, es gibt noch weitere. Die Spirale in den Problemfeldern (zu wenig Serum und schleppend angelaufene und schlecht organisierte Impftermine) geht trotz entsprechender Lippenbekenntnisse der Politik weiter. Auch hier hat Kurt Bonaszewski ein paar aktuelle Beispiele aus der Praxis: "Das mit den Wartelisten klappt auch noch überhaupt nicht, wie mein Team und ich jetzt leider feststellen mussten. Man kann die Wahltasten wund tippen, es kommt bis 22 Uhr immer die Ansage, dass derzeit alle Leitungen belegt sind, mit dem Schlusssatz: ,Bitte probieren Sie es zu einem späteren Zeitpunkt wieder’." Pünktlich um 22.01 Uhr komme man dann schließlich durch. Dann heißt es aber: "Unsere Sprechstunden sind beendet."
Dies aber bereitet den TSV-Verantwortlichen längst kein Kopfzerbrechen mehr. Man hat ja einen praktikablen und überaus erfolgreichen Weg durch den Impfdschungel gefunden. Sehr zur Freude der betagteren Vereinsmitglieder.
Und beim TSV hat man nach dem erfolgreichen Start schon weitere Pläne: Das Angebot des Vereins soll nämlich keineswegs auf die Mitglieder, die in der Kernstadt wohnen, beschränkt bleiben. Kurt Bonaszewski: "Als nächstes wollen wir die Aktion auf die Mitglieder ausdehnen, die in den Stadtteilen leben. Und dann möchten wir den Radius sukzessive weiter ausdehnen. Der Bedarf ist – wie die letzten Tage gezeigt haben – zweifelsohne da!"