Bofsheim/München. (ahn) "Wir sind jetzt fünf Jahre alt. Die kritische Phase haben wir erfolgreich bewältigt", meint Monja Mühling, eine der drei Geschäftsführer, die 2015 zusammen das Startup-Unternehmen Smartlane mit Sitz in München gegründet haben. "Bewältigt" ist dabei untertrieben, denn Smartlane (deutsch: intelligente Fahrspur), das mit der Entwicklung von Transportoptimierungs-Software insbesondere für die Stückgutlogistik eine echte Marktlücke entdeckt hat, befindet sich inzwischen auf der Überholspur.
Und das im rasanten Tempo. Da wundert es nicht, dass zum Beispiel Frank Thelen, bekannt aus der Gründer-Show des TV-Senders Vox "Die Höhle der Löwen", in das Unternehmen investiert hat. Für Monja Mühling, geborene Egbers, allerdings kein Grund, abzuheben. Dass sie auf dem Boden geblieben ist, zeigt zum Beispiel auch ihre Verbundenheit zu ihrer alten Heimat im Odenwald – genauer im Osterburkener Stadtteil Bofsheim.
"Heimat ist eben Heimat. Ich habe mehr als die Hälfte meines Lebens in Bofsheim verbracht", sagt die 31-Jährige. Als sie drei Jahre alt war, zogen sie und ihre Eltern nach Bofsheim, wo sie mit ihrer Schwester aufwuchs. Nach ihrem Abitur 2009 am Ganztagsgymnasium Osterburken (GTO) ging es für Mühling nach München an die TU, wo sie Technologie- und Managementorientierte BWL studierte.
Hört sich kompliziert an, doch für die Bofsheimerin war ihr Studiengang das Sprungbrett zum äußerst erfolgreichen Unternehmertum. "Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich meine beiden Mitgründer Dr. Mathias Baur und Florian Schimandl kennengelernt", berichtet Mühling. "Sie hatten zu dem Zeitpunkt bereits eine erste Unternehmensidee, suchten noch jemanden mit BWL-Hintergrund und fragten mich, ob ich mit ihnen versuchen würde, Smartlane aufzubauen. Da das Zwischenmenschliche, was für mich das Wichtigste ist, sehr gut passte, entschied ich mich, den Versuch zu wagen."
Beim bloßen Versuch blieb es allerdings nicht. Im Gegenteil: Nachdem es für Mühling 2015 vom Studium direkt in die Gründung ging, stieg circa eineinhalb Jahr später der erste Investor ein. Kurz danach verbuchte das junge Unternehmen Anfang 2017 mit dem ersten zahlenden Kunden einen weiteren Erfolg.
An dem aufsteigenden Ast, auf dem sich das Unternehmen seit der Gründung befindet, konnte auch Corona nicht sägen. "Während der ersten Welle im Frühjahr haben wir zwar gespürt, dass Neukunden pausiert haben, da sie keine Investitionen tätigen wollten, im Herbst haben wir dann aber einen umso größeren Aufschwung erlebt", erklärt die gebürtige Eberbacherin. Zu den Smartlane-Kunden zählen inzwischen etwa der Großhändler Metro oder Europart, einer der europaweit führenden Fahrzeugersatzteilelieferanten.
Sie alle profitieren von der "Planungsintelligenz, die wir Speditionen und Transportunternehmen zur Verfügung stellen", wie Monja Mühling erklärt. Die cloud-basierte Transportoptimierungs-Software, die Smartlane entwickelt hat, automatisiert zahlreiche manuelle Planungs- und Steuerungsprozesse vollständig und erleichtert somit die Arbeit der Disponenten bei den jeweiligen Spediteuren. "Die Aufgaben der Disponenten verändern sich durch unsere Software langfristig. Zum Beispiel werden sie mit Smartlane befähigt, datenbasierte Empfehlungen für strategische Entscheidungen zu geben", informiert die Unternehmensgründerin.
Die Software, die "innerhalb von zwei Tagen an die IT-Architektur der Kunden angebunden werden kann", biete eine ganzheitliche Transportoptimierung. Über 200 Parameter bezieht Smartlane so pro Optimierungsvorgang mit ein. "So viele Randbedingungen in unterschiedlichen Szenarien parallel und in kürzester Berechnungszeit für einen Liefertag zu betrachten, ist einem Menschen nicht in optimaler Weise möglich", meint Mühling.
Der positive Effekt für die Kunden dabei: Sie sparen Zeit bei der Disposition und operative Kosten ein. "Wenn man durch unsere Optimierung zum Beispiel nur ein Fahrzeug über ein Jahr einspart, kann das insgesamt eine Ersparnis von bis zu 100.000 Euro bedeuten", verdeutlicht Mühling.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt – auch für die Kunden: Die Umwelt wird geschont. "Wenn ganze Fahrzeuge von der Straße genommen oder Ladungen besser zusammengesetzt werden, um Leerkilometer zu sparen, bedeutet dies natürlich auch eine geringere CO2-Belastung", so Mühling, in deren Unternehmen die Aufteilung zwischen Frauen und Männern "so gut wie pari" ist. Heterogene Teams seien sehr erfolgreich und solle man in jedem Bereich fördern, meint die erfolgreiche Unternehmensgründerin.
Glückliche Mitarbeiter und zufriedene Kunden – das ist das Ziel von Smartlane. Als übergeordnetes Ziel haben sich die Geschäftsführer vorgenommen, "der weltweit führende Anbieter von Transportintelligenz zu sein", wie Mühling erklärt. Und für Smartlane sei es egal, "was in welchem Fahrzeug transportiert wird". So habe man also beste Voraussetzungen, um auch im Flug- oder Schiffsverkehr Fuß zu fassen. Wenn man das weltumspannende Transportnetzwerk gesamtheitlich optimieren könne, habe man das größte Potenzial in der Vermeidung von Transportwegen. Dies sei allerdings "sehr visionär", zeigt sich Mühling realistisch.
Und kann sich Monja Mühling vorstellen, einmal in ihre alte Heimat zurückzukehren? "Auf jeden Fall", sagt die 31-Jährige mit einem Lächeln. "Wir leben das digitale Arbeiten, und ich könnte theoretisch von überall aus arbeiten. Ohne persönlichen Kontakt ist mein Job allerdings nicht vorstellbar."
Durchaus vorstellbar ist es für Mühling, einmal einen zusätzlichen Wohnsitz in ihrer alten Heimat zu haben und mit einer Kombination aus vernetztem Arbeiten und Präsenzzeit eine Vereinbarkeit zwischen Landleben und Führung ihres Unternehmens zu schaffen. Bis dahin bleibt für Monja Mühling mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Töchtern München aber der Lebensmittelpunkt.
"Aber wie bereits anfangs erwähnt, Heimat ist eben Heimat, und meine Kindheit dort war sehr schön", erinnert sich die zweifache Mutter. "Es ist wirklich wertvoll, auf dem Land aufzuwachsen. Das wäre sicher auch für meine Kinder ein großer Mehrwert." Und wer weiß? Vielleicht werden ihre zwei Mädels auch einmal so begeisterte Reitsportlerinnen, wie ihre Mama, die verrät: "Das Reiten ist immer noch meine Leidenschaft."
Ob sie allerdings einmal die Zeit dafür finden wird? Aktuell ist sie mit ihren beiden Kleinkindern und den Geschäften ihres Unternehmens voll eingespannt. Und dabei hat Monja Mühling gerade ihre Erfüllung gefunden. "Die Firma ist mein Hobby. Und wenn man so tief da drinsteckt, lebt man eben die Arbeit."