Beim Treffen in Sennfeld (Foto) war anhand der Wortmeldungen der Bürger eine Tendenz deutlich erkennbar. Hier scheint man kein Interesse an den Schallschutzwänden zu haben.
Adelsheim/Sennfeld. (joc) Vor einem großen Interessenskonflikt steht man derzeit in Adelsheim und Sennfeld in der Frage, ob man entlang der Bahngleise – wie die Deutsche Bahn AG anbietet – bis zu drei Meter hohe Schallschutzwände installieren, oder lieber darauf verzichten sollte. Oder anders formuliert: Was wiegt mehr? Der Lärmschutz der Anwohner oder die Ästhetik des Stadtbilds.
Um sich hier ein besseres Bild machen zu können, hatte die Stadt Adelsheim Diplom-Ingenieurin Sabine Weiler und Hasan Ilhan von der Deutschen Bahn AG (DB) eingeladen, die am Dienstag in Adelsheim und Sennfeld in zwei getrennten Veranstaltungen den Bürgern Rede und Antwort standen. Und das war auch gut so, denn bei diesem Termin wurde deutlich, dass einige Fragen noch längst nicht hinreichend beantwortet waren, einiges nicht eindeutig war, und es darüber hinaus in der Vergangenheit auch offenbar ein paar Missverständnisse in puncto Wahrnehmung und Schilderung gegeben hat.
Im folgenden stellen wir die allgemeinen (teilweise berichtigten) Fakten mit den wichtigsten Fragen heraus.
> Wie viele Züge fahren in der Nacht durch Adelsheim und Sennfeld? Laut Hasan Ilhan von der DB sind es – nach den allerdings nicht ganz aktuellen Zahlen – nachts 22 Züge im Zeitraum von 22 bis 6 Uhr. 13 davon seien Güterzüge.
> Wer entscheidet, ob Schallschutzwände in Adelsheim installiert werden? Das ist der Gemeinderat der Stadt Adelsheim. Die Entscheidung, ob die Schallschutzwände kommen oder nicht, will der Adelsheimer Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung am Montag, 19. Oktober, in der Eckenberghalle fällen. Angesichts der teilweise veränderten Fakten ließ sich der Bürgermeister aber noch eine Hintertüre offen: "Nach den neuesten Erkenntnissen müssen wir überlegen, ob wir nicht doch noch einmal vertagen ..."
> Wie funktionieren die Lärmschutzwände? Die Wände haben auf der Innenseite ein feinporiges Netz, das die Schallwellen absorbiert und somit den Lärm unterdrückt.
> Wie lange bleiben die Wände stehen? Hat man sich erst einmal für eine hohe Schallschutzwand entschieden, dann wird diese auch 25 Jahre stehen bleiben, heißt es bei der DB dazu. Die Haltbarkeit betrage sogar 40 Jahre.
> Kosten: Die Kosten bei einem Ja zu den Schallschutzwänden würden zu 100 Prozent vom Bund übernommen.
> Zeitpunkt der Umsetzung: Sollte sich der Adelsheimer Gemeinderat für eine Installation der Schallschutzwände in Adelsheim und/oder Sennfeld aussprechen, wird die Bahn frühestens in fünf Jahren mit dem Bau beginnen, da das Ganze deutschlandweit zu organisieren sei, und die Kapazitäten der Bahn aus diesem Grund keinen früheren Beginn zulassen würden.
> Welche Lärmschutzwände sind wo vorgesehen? Wie Sabine Weiler bereits im Oktober 2018 betonte, seien für Adelsheim nach den Berechnungen der Schalluntersuchung drei Lärmschutzwände mit einer Höhe von jeweils drei Metern und einer Gesamtlänge von 2,6 Kilometern vorgesehen. Ins Auge gefasste Standorte sind: an der Unteren Austraße, am Panoramaweg und in der Wemmershöfer Straße. Für Sennfeld steht eine 2,5 Meter hohe Lärmschutzwand mit einer Länge von 1,3 Kilometern im Bereich Bahnhofstraße zur Diskussion.
> Kann man sich auch für Teilabschnitte bei den Wänden entscheiden? Dies wurde in der Vergangenheit offenbar falsch kommuniziert. Ging man in Adelsheim bislang davon aus, dass man sich für oder gegen ein Gesamtpaket entscheiden müsse, wurde am Dienstag deutlich, dass man sehr wohl die Realisierung einer Wand beschließen könne, während man zwei andere ablehnt. Auch die Länge einer Wand könne neu festgelegt werden. Verkürzungen seien hier kein Problem.
> Was wäre die Alternative? Es gibt auch niedrige Schallschutzwände, in einer Höhe von 50 bis knapp 80 Zentimeter. Doch diesen müssten mit weiteren Maßnahmen kombiniert werden, damit der erreichte Lärmschutz annähernd mit dem einer zwei Meter hohen Wand vergleichbar wäre. Dadurch könnten die niedrigen Schallschutzwände verhältnismäßig teuer werden. Sabine Weiler bezweifelte am Dienstag, dass dies wirtschaftlich nachvollziehbar wäre. Das Angebot der Bahn beinhaltet diese Variante nicht!
> Passive Maßnahmen: Zusätzlich gäbe es noch die sogenannten passiven Maßnahmen, wie Sabine Weiler erläuterte. Hierzu gehören spezielle Schallschutzfenster, Lüfter, Rollladen- oder Dachdämmungen. Laut Auskunft von Adelsheims Bürgermeister Wolfram Bernhardt kämen in Adelsheim und Sennfeld rund 280 Anlieger, die im Bereich der Bahngleise wohnen. für einen geförderten Fensteraustausch in Frage. Bei den Schallschutzfenstern würde die Bahn 75 Prozent der Kosten übernehmen, 25 Prozent hätte der Hauseigentümer selbst zu tragen. Wie Sabine Weiler ergänzte, werde seit 2019 die Förderung auch rückwirkend gewährt. Dies sei aber mit erhebliche Auflagen verbunden.
> Bringen neue Technologien Fortschritte bei der Lärmentwicklung? Insbesondere die lauteren Güterzüge würden derzeit umgerüstet. Noch in diesem Jahr soll laut Sabine Weiler die Umrüstung von der Grauguss-Bremssohle hin zur Flüsterbremse abgeschlossen sein. Dies bringe (so Weiler) eine Reduzierung von zehn Dezibel bei der Vorbeifahrt eines Zuges.
> Wie haben sich Nachbarkommunen entschieden in der Frage der hohen Schallschutzwände? Laut Sabine Weiler hätten sich lediglich Osterburken, Boxberg und Ahorn dagegen entschieden. Rosenberg sei nicht förderfähig. An allen anderen Orten baue man die hohen Schallschutzwände. Im nächsten Jahr werde man in Möckmühl und Roigheim die Wände errichten.