Sennfeld. (cug) Der Boden ist leicht schneegezuckert, die Temperatur liegt um den Gefrierpunkt. Doch das Wetter und die Kälte schrecken Bernd Klumpp und seine unermüdlichen Helfer nicht ab. Im Rahmen ihres Projektes "Einfach social" leisten sie auch in diesem Jahr echte unbürokratische Nachbarschaftshilfe. Und dabei tun sie viel mehr.
Der Organisator des Projekts, Bernd Klumpp, verteilte am letzten Samstag zusammen mit seinen rund 20 Mitstreitern aus dem Raum Sennfeld kostenlos mehr als 40 Weihnachtsbäume an arme Familien und Rentner. Dazu gab es Weihnachtspakete mit Weihnachtsgebäck, Christstollen, Lebensmittelgutscheinen, Süßigkeiten und Spielzeug. Einige fahren die Sachen zu den Bedürftigen.
In Sennfeld läuft das Projekt "Einfach social" seit sechs Jahren, Bernd Klumpp ist selbst schon 15 Jahre dabei. "Jeder kann etwas tun – jeder kann helfen!", so Klumpp. Und viele folgen dieser einfachen Devise.
"Einfach social" leistet im Raum Sennfeld Bemerkenswertes. Für Rentner werden Behördengänge, Blutdruckgeräte, Friseurbesuche, Heizdecken und Lebensmittel organisiert. Futter für ihre Haustiere wird beschafft und Tierärzte für kostenlose Behandlungen werden vermittelt. Gerade Letztgenannte sind ungemein wichtig, haben doch alte Menschen oft niemanden mehr.
Für Familien gibt es Gutscheine für Hotelübernachtungen, für Lebensmittel, für Konzert- bzw. Theaterbesuche oder Sport- und Winterbekleidung. Unterstützt wird ferner die Beschaffung von Schulsachen.
Organisiert werden zudem Tagesausflüge zum Beispiel zu "Sealife" oder ins Legoland. Einmal revanchierte sich sogar ein Zirkus für die ihm geleistete Hilfe mit einer Weihnachtsvorstellung.
Auch bedürftige Familien sollen einmal richtig Urlaub machen können und ihre Sorgen vergessen. Die Menschen sollen einmal Normalität erleben dürfen. Was für die meisten selbstverständlich ist, ist für Arme zu oft unerreichbarer Luxus.
Global werden zum Beispiel im Senegal Projekte unterstützt und aktiv Hilfe zur Integration von Flüchtlingen geleistet. Das Ziel ist es, den einzelnen Menschen ungeachtet seines Schicksals und seiner Herkunft im Blick zu haben. Zahlreiche Helfer und Partner begleiten "Einfach social": Busunternehmer, Bäckereien, Bauern, Einzelhändler, Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels, Kaufhäuser, Sportartikelhändler und Selbstständige aus der Region und viele mehr.
Menschen kommen zusammen, die sonst nie miteinander sprechen würden. Man spornt sich gegenseitig an. So manches Vorurteil konnte bereits revidiert, manch scheinbar Unerreichbares erreicht werden.
Man sehe das Leid direkt, berichtet Klumpp. Die Hilfe müsse sehr diskret ablaufen, denn öffentlich wolle kaum jemand seine Not zeigen. Bei vielen liege das Einkommen trotz lebenslanger harter Berufstätigkeit nur minimal über Hartz-IV-Niveau. Die Not sei auch psychisch sehr belastend. Die Scham, um Hilfe bitten zu müssen, in Verbindung mit in den allermeisten Fällen ungerechtfertigten Anfeindungen von außen, wiege schwer auf der Seele, so Klumpp.
Er verschweigt auch nicht die Schattenseiten. Zuweilen werde er wegen seines Engagements in den sozialen Medien angegangen. Und in sehr seltenen Fällen stellten sich Bedürftige hinterher als nicht wirklich bedürftig heraus. So seien Gutscheine schon im Nachhinein zu Geld gemacht worden. Doch da steht Bernd Klumpp drüber: "Wenn sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren können …" Und überhaupt: "Soll man die wirklich Bedürftigen durch Nichthilfe oder Kontrollen bestrafen, um die zwei Prozent zu erwischen? Das kann es nicht sein."
"Einfach social" ist kein Verein. Dadurch entstehen keine Zwangsstrukturen und null Verwaltungskosten, betont Klumpp: ". Somit kommt die Hilfe bei den Bedürftigen eins zu eins an. Die Spenden werden angenommen und nach Bedarf kostenlos weiterverteilt. Daher werden auch keine Geldspenden akzeptiert und – im Gegensatz zum Beispiel zur Tafel – keine Preise erhoben. Auch wird nur Neuware verteilt. Und genau das ist das Erfolgsrezept. Jeder kann im Rahmen seiner Möglichkeiten mitmachen, ohne Zwang, ohne Bürokratie. Die Ergebnisse werden sofort sichtbar: der Dank von Menschen, die es schwer haben, deren Not man ein bisschen oder für einen kleinen Moment lindern konnte, leuchtende Kinderaugen, die einmal ein Weihnachtsgeschenk in ihren Händen halten, für das sonst das Geld fehlen würde."
"Einfach social" hat auch bereits die Aufmerksamkeit der Bundespolitik auf sich gezogen. Unterstützt wird das Projekt unter anderem von Bundespräsident a. D. Christian Wulff.
Auch der Bundestagsabgeordnete Alois Gerig unterstützt das Projekt. Gleiches gilt für den ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz. Die Gruppe wurde bereits nach Berlin eingeladen.
Es gibt deutschlandweit "Einfach social"-Gruppen, zum Beispiel in Stuttgart und Heilbronn und auch in Köln und Oberhausen. Letztere bauen sich quasi selbst auf. 400 bis 500 Menschen sind bundesweit beteiligt.
"Einfach social" ist ein Projekt von Menschen für Menschen. Gerade in der Krise, die so manchen Egoismus ungeschminkt zutage fördert, liefern Klumpp und seine Mitstreiter den sichtbaren Beweis, dass es auch anders geht. Auf die nächsten Aktionen darf man schon jetzt gespannt sein.