Der Keller von Karl Wesch aus Mülben stand nach dem Unwetter vom 28. Mai komplett unter Wasser. Inzwischen läuft der Wiederaufbau, aber bis Oktober werden er und seine Frau wohl noch in einer Ferienwohnung leben müssen. Foto: Stephanie Kern
Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. 23 Minuten. Was in so geringer Zeit passieren kann, das erlebte Karl Wesch aus Mülben am 28. Mai am eigenen Leib. Die Folge des verheerenden Unwetters über dem hohen Odenwald war für die Familie Wesch ein komplett voll gelaufener Keller, Wasser im Erdgeschoss - und Schäden, die heute noch nicht wieder beseitigt sind. Seit Anfang Juni lebt Karl Wesch mit seiner Frau in einer Ferienwohnung des Gasthauses "Engel" in Mülben. Ende Oktober will er wieder in sein Haus am Feldrand einziehen.
"Das Wasser kam von dort oben", berichtet Karl Wesch und zeigt auf den Hang hinter seinem Haus. Die Weschs wohnen am Ortseingang von Mülben, vor dem Haus ist eine kleine Senke, sie ist fast nicht zu sehen. Trotzdem lenkte sie das Wasser genau auf das Haus der Weschs zu. 13 Meter breit und etwa 30 cm hoch war der Sturzbach, der sich seinen Weg vom Feld aus in den Keller in der Schweizerstraße gebahnt hatte. Karl Wesch und seine Frau beobachteten die Szene vom Kellerfenster aus - und als das Wasser immer weiter stieg, schafften sie es gerade noch ins Erdgeschoss. Doch das Wasser stieg weiter die Kellertreppe hinauf. Dort stand Karl Wesch dann mit seinem Bruder. Die beiden versuchten, das Wasser mit Schneeschiebern aus dem Haus zu schieben. Obwohl oben "nur" etwa 20 cm Wasser stand, wurde auch hier vieles beschädigt. "Nur weil viele Leute geholfen haben, konnten wir vieles retten", sagt Karl Wesch. Doch der Holzboden musste neu gemacht werden, im Moment sind die Maler dort an der Arbeit.
Und während im Erdgeschoss bald wieder Möbel aufgestellt werden können, ist das Kellergeschoss noch im Rohbauzustand: Die Wände sind noch unverputzt, gerade sind die neuen Fenster eingebaut worden. Drei Container voll Müll räumten die Weschs mit der Hilfe von vielen Bekannten, Freiwilligen des TSV Strümpfelbrunn, Asylbewerbern, Freunden und Familienmitgliedern aus dem Keller. Diese Bilder prägen auch Karl Weschs Erinnerung an die Tage direkt nach dem Unwetter. Man habe keine Zeit gehabt, um mit dem Erlebten zu hadern. "Wir waren und sind so sehr in der Arbeit, dass wir keine Zeit hatten, um uns selbst zu bemitleiden", sagt Karl Wesch.
Ein "merkwürdiges Gefühl" begleitet ihn aber dann doch, wenn er auf seine Baustelle geht. 1991 sind die Weschs in ihr Haus eingezogen, nun müssen sie wieder (fast) neu bauen. Und natürlich fielen dem Wasser auch viele persönliche Dinge zum Opfer. Zum Beispiel Erinnerungen des Sohnes an seine Skisprung-Karriere. "Es wurden auch viele praktische Dinge zerstört, an die man sonst gar nicht so denkt", erzählt Wesch. Werkzeug zum Beispiel oder auch Arbeitskleidung. Aber das Wichtigste sei, dass ihm und seiner Frau nichts passiert sei. "So kann man mit der Sache besser umgehen. Alles andere kann man kaufen."
Was für eine Kraft das Wasser hatte, das merkte Karl Wesch an der Heizungsanlage. Die wurde verschoben, die Öltanks kippten um. Bereits nach einer Stunde konnte die Feuerwehr nicht mehr abpumpen, weil sie Ölschlieren entdeckte. Eine Spezialfirma musste ran. "Die Firma Butz kam dann auch noch gegen 24 Uhr", erinnert sich Wesch. Nun will er keine Ölheizung mehr. Und er will sich auch gegen ein mögliches weiteres Unwetter absichern. In seinem Garten möchte er eine Betonmauer ziehen, die das Wasser dann um das Haus herumleitet. "Wir waren hier das Rückhaltebecken", sagt Wesch. Auch die Terrasse fiel dem Sturzbach zum Opfer, der Teich war komplett verschlammt. Dessen Bewohner (ein Goldfisch) hat die Flut durch den Garten übrigens unbeschadet überstanden. "Er hat sich wohl in einer der Ritzen in Sicherheit gebracht", meint Wesch.
Mit etwa 150.000 bis 200.000 Euro Gesamtkosten für die Beseitigung der Schäden und den Wiederaufbau rechnet Wesch. Und auch wenn ein Großteil von der Versicherung getragen wird, die 1000 Euro aus der RNZ-Spendenaktion waren bei den Weschs ein großer Grund zur Freude. "Wir müssen uns bei allen, die gespendet haben, bedanken. Wir betrachten das als große Unterstützung - nicht nur materiell", so Wesch. Denn dass so viele Menschen gespendet haben und dass sie bedacht wurden, das motiviere dazu, weiterzumachen. Und auch wenn das Leben in der Ferienwohnung "manchmal nervig" sei, sieht Wesch dann auch wieder die positive Seite: "Wenigstens muss ich keine Kurtaxe zahlen!"