Von Günther Grosch
Weinheim/Heidelberg.Entspannte Mienen beim Video-Bilanzpressegespräch: Vorstandssprecher Carsten Müller und seine Vorstandskollegen Klaus Steckmann, Ralf Heß und Michael Hoffmann haben im ersten Geschäftsjahr der "neuen" Volksbank Kurpfalz ein "mehr als akzeptables" Geschäftsergebnis vorgelegt.
Selbst das Corona-Virus und ein Rückgang des Jahresüberschusses von neun auf 5,9 Millionen Euro konnte den Bankern angesichts einer stärker als erwartet gewachsenen Bilanzsumme die gute Laune nicht verderben. Hatte man für das Fusionsjahr noch mit einem Bilanzwachstum von "nur" 2,3 Prozent geplant, so stand am Ende des Jahres ein Anstieg von 259,6 Millionen Euro (plus 8,4 Prozent) auf 3,36 Milliarden Euro.
"Allerdings betrachten wir das Wachstum mit einem lachenden und weinenden Auge", so Steckmann. Ist das überdurchschnittliche Bilanzwachstum einerseits auf ein Kreditwachstum, zum anderen aber auf eine deutliche Steigerung der Kundeneinlagen im kurzfristigen Bereich zurückzuführen. "Die absolute Höhe der Einlagen war somit höher als die Kreditvergaben. Was dazu führt, dass die Bank diesen Überschuss zu negativen Zinsen bei der Bundesbank anlegen muss", so Steckmann.
Die Forderungen der Kunden wuchsen um 159,8 Millionen Euro (plus 8,5 Prozent) auf 2,05 Milliarden Euro. Die Kundeneinlagen verbuchten im gleichen Zeitraum einen Zuwachs von 239,4 Millionen Euro (plus 9,7 Prozent) auf 2,72 Milliarden Euro. "Die historisch hohe Sparquote von 16 Prozent in Deutschland führt dazu, dass viele Kunden ihre Liquidität auf ihren Girokonten parken", bedauerte Hoffmann: "Davon wird niemand wohlhabender. Den Kunden entsteht sogar ein realer Vermögensverlust." Dabei biete der Markt Möglichkeiten, kleinere wie größere Summen bei kurzfristiger Verfügbarkeit anzulegen.
Im Geschäftsjahr 2020 hätten 117 Kunden Corona-Kredite mit einem Gesamtvolumen von 5,5 Millionen Euro aufgenommen, so Müller auf Nachfrage. 80 gewerbliche Kunden nahmen die Möglichkeiten der Aussetzung von Ratenzahlungen für laufende Kredite in Anspruch.
Das lachende und weinende Auge lässt sich auch auf die Erfolgsrechnung der Bank übertragen: So sank wegen der unverändert negativen Zinslandschaft das Zinsergebnis um 2,8 Millionen (minus 5,8 Prozent) auf 45,2 Millionen Euro. Das Provisionsergebnis stieg trotz interner Belastungen im Fusionsjahr und der Auswirkungen der Pandemie um 0,6 Millionen Euro (plus 2,5 Prozent) auf 26,1 Millionen Euro an.
Fusionsbedingt kletterten auch die Verwaltungsaufwendungen, zu denen neben den Abschreibungen die Personal- und Sachkosten zählen. Diese summierten sich auf 52,1 Millionen Euro und liegen um drei beziehungsweise sechs Prozent über dem Vorjahr. Könnte man die Fusion herausrechnen, so Steckmann, läge der Anstieg mit 0,8 Prozent im üblichen Rahmen.
Fusion und Corona zusammengenommen, zeigte sich das Vorstandsquartett auch mit dem um 6,4 Millionen Euro auf 19 Millionen Euro gesunkenen Betriebsergebnis vor Bewertung zufrieden. Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit verringerte sich um 10,9 Millionen Euro (minus 46,6 Prozent) auf 12,5 Millionen Euro. Könnte man die ganzen Sonderfaktoren eliminieren, läge man mit einem Ergebnis von 21,1 Millionen nahe am Vorjahresniveau.
Das "Aufwand-Ertrag-Verhältnis", die sogenannte Cost-Income-Ratio (CIR), die bei der Volksbank Kurpfalz zuletzt bei 66,1 Cent lag, schnellte auf einen Wert von 73,8 Cent und damit deutlich über dem selbst gesteckten strategischen Ziel von 70 Cent. Dennoch gab man sich auch mit diesem Ergebnis zufrieden. Gilt es doch, den einmaligen Fusionsaufwand herauszurechnen. "Ohne diesen Aufwand läge die CIR mit 69,3 zwar ebenfalls über dem Vorjahr, aber voll und ganz im gesteckten Rahmen", so Steckmann.
Einen weiteren Fixpunkt für die geschäftspolitische Ausrichtung bildet die Gesamtkapitalquote. Aktuell liegt diese aufsichtsrechtliche Anforderung bei 11,5 Prozent. Mit einer Gesamtkapitalquote von 19,4 Prozent wird diese Vorgabe der Finanzaufsicht Bafin nicht nur deutlich übertroffen. Sie zeigt auch, dass "ausreichend Luft für das künftige Kreditgeschäft bleibt".
Für die aktuell 69.000 Mitglieder der Volksbank Kurpfalz vorläufig noch offen bleibt die Höhe der Dividende. Zum einen gelte es der kaufmännischen Vorsicht Rechnung zu tragen, indem man die Chancen, aber auch die Herausforderungen, der Pandemiesituation berücksichtigt. Fest steht aber, dass man die Ausschüttung der an der letzten Vertreterversammlung zurückbehaltenen Dividende in Höhe von vier Prozent der auf den 17. Mai terminierten Vertreterversammlung zur Abstimmung gibt. Im Hinblick auf die nahe und mittelfristige Zukunft steht die Anfang März vorgesehene Wiedereröffnung der Heidelberger Hauptstelle im Mittelpunkt. Danach ist, voraussichtlich ab Mai, die Weinheimer Hauptstelle mit ihrem rund 1,3 Millionen Euro teuren Umbau dran. Läuft alles nach Plan, soll kurz nach dem Jahreswechsel 2022 auch hier Wiedereröffnung gefeiert werden.
"Ganz neu und exklusiv" und von hausinternen Spezialisten als "aktiv gemanagte Geldanlage betreut und gesteuert", präsentiert sich die "Kurpfalz Vermögensverwaltung". Dazu Michael Heß: "Diese besondere Anlageform, die normalerweise nur mit großen Anlagebeträgen möglich ist, wollen wir einem breiten Publikum zugänglich machen." Das Geschäftsgebiet der Volksbank Kurpfalz mit 33 Filialen reicht entlang der Bergstraße von Hemsbach über Weinheim und Heidelberg bis nach St. Ilgen sowie im Odenwald bis nach Wald-Michelbach.