Während die Erschließung des Gewerbegebiets Nord voranschreitet, ging es im Grundstücks- und Wohnungsausschuss um die Art und Weise der Grundstücksvergabe. Foto: Dorn
Weinheim. (cis) Es waren etliche Besucher auf dem Balkon der Stadthalle anwesend, als der Grundstücks- und Wohnungsausschuss vergangene Woche zu seiner Sitzung zusammenkam. Das Thema: der Ablauf des Grundstücksvergabeverfahrens im Gewerbegebiet Nord. Für die dort befindlichen 31 Grundstücke liegen laut Wirtschaftsförderer Jens Stuhrmann 30 Bewerbungen vor. Nun ging es um deren Bewertungskriterien und die Bewerbervorstellung im Gemeinderat samt Auswahl.
Anonymisierte Vorstellung in öffentlicher Sitzung oder die Offenlegung der Bewerber in nicht-öffentlicher Sitzung – das waren die Optionen, aus denen die Ausschussmitglieder zu wählen hatten. Das Meinungsbild war geteilt. GAL, Freie Wähler und CDU sprachen sich für die anonymisierte Form aus.
Keine Empfehlung an Gemeinderat
"Die Gefahr, nach Namen zu entscheiden, ist groß", sagte etwa Elisabeth Kramer (GAL), während Inge Oberle (CDU) befürchtete, bei verschlossenen Türen könne in der Bürgerschaft der Gedanke des "Gemauschels" entstehen. Doris Falter (Freie Wähler) witterte ebenfalls "Klüngel"-Gedanken in der Außenwirkung und drang daher auf ein transparentes wie einfaches Verfahren, das eine Nachvollziehbarkeit gewährleiste.
Karl Bär (FDP) und Matthias Hördt (Die Linke) pflichteten derweil Daniel Schwöbel (SPD) bei, der eine Offenlage der Bewerbernamen favorisierte. Schwöbel argumentierte, es gehe um die Möglichkeit der Einordnung, ob es sich um Weinheimer Bewerber handelte, deren Abwanderung man im Fall einer Ablehnung befürchten müsse. Daher wollte er den Standort in den Kriterien gewichtet sehen, nach denen die Interessenten innerhalb der Verwaltung einer Bewertung unterzogen werden. Grundlage dafür ist ein von den Interessenten ausgefüllter Bewerbungsbogen.
Die Verwaltung hatte für die Bewertung vier Kriterienblöcke mit verschiedenen Unterpunkten aufgestellt. Danach wurden die "Anzahl der Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Qualifikation der Beschäftigten" und die "Wertschöpfung und Branchenstruktur" mit jeweils 30 Prozent gewichtet, je 20 Prozent sollten für "Innovationsfähigkeit und Nachhaltigkeit" sowie "betriebliche Emissionen" angewendet werden.
Während sich die GAL für die Gleichsetzung der Kriterien auf jeweils 25 Prozent einsetzte, um dem Klima Rechenschaft zu tragen, zeigte sich die CDU angesichts schwieriger Coronazeiten mit Blick auf die hohe Gewichtung beim Thema Arbeitsplätze und Wertschöpfung skeptisch. Die SPD wünschte ein fünftes Kriterium mit mindestens zehn Prozent Gewicht, die einem heimischen Unternehmen zugeschlagen werden sollten.
Dem stand Oberbürgermeister Manuel Just offen gegenüber, musste am Ende der Diskussion aber einräumen, dass eine solche Gewichtung zugunsten Weinheimer Unternehmen hinsichtlich ihrer rechtlichen Haltbarkeit geprüft werden müsse. Den Forderungen nach Offenlegung der Bewerber plus Einführung eines Kriteriums für jene aus Weinheim lehnte er hingegen ab. Das könnte zu einer doppelten Gewichtung führen, so der OB und forderte eine Entscheidung für das eine oder das andere.
OB Just hatte zu Beginn der Sitzung verdeutlicht, dass er eine anonymisierte Form der Vorstellung bevorzuge. Er selbst wisse nicht, welche Bewerber auf der Liste der Wirtschaftsförderung stehen. Jens Stuhrmann ließ in der Sitzung dann lediglich verlauten, dass die meisten Bewerber aus Weinheim stammten. Weitere Interessenten kommen aus der näheren Region wie dem vorderen Odenwald, aber auch aus Mannheim. Rückzieher wegen der Corona-Pandemie habe er nicht verzeichnet: "Die Nachfrage hat in den letzten Wochen sogar zugenommen." Er zeigte zugleich ein Dilemma auf: Einerseits sei auch ihm daran gelegen, Weinheimer Unternehmen zu fördern und ihnen Entwicklungspotenzial zu bieten, andererseits verspreche die Ansiedlung Ortsfremder neue Branchen und Steuerzahler. "Bei dieser Abwägung ist das Gremium gefragt", so Stuhrmann.
Dieses konnte sich aber nicht wirklich verständigen. Da bei der Frage nach einer Neuverteilung der Kriterien mit Gewichtung für Weinheimer Unternehmen die rechtliche Abklärung aussteht, setzte Just eine Abstimmung hierzu aus. Da aber wiederum der Kriterienkatalog die Frage einer anonymisierten oder namentlichen Kenntlichkeit der Bewerbervorstellung bedingt, gab es auch hier kein Votum. So wird der Gemeinderat ohne eine Empfehlung des Ausschusses in seine Beratung einsteigen müssen.