Weinheim. (web) Der sachliche Teilflächennutzungsplan Windenergie ist beerdigt. Der Gemeinderat folgte am Mittwoch dem Beschlussvorschlag von Bürgermeister Torsten Fetzner einstimmig und entschied, das Verfahren nicht weiterzuverfolgen. Damit zogen die Stadträte die Notbremse und schlossen eine sechs Jahre währende Chronologie des Scheiterns ab. Die Frage, wer gescheitert ist und welche Folgen das hat, wurde aber unterschiedlich bewertet.
Fakt ist, dass die ehedem grün-rote Landesregierung die Windkraftplanung 2012 von den Regionalverbänden auf die Kommunen übertragen hatte. Die standen vor der "Wahl", entweder einen Freibereich für Windkraftanlagen auszuweisen oder Windmühlen als privilegierte Bauvorhaben in Außenbereichen zuzulassen. Letzteres würde den Bau von rund 200 Meter hohen Windenergieanlagen auf eine Ebene mit der Errichtung von Aussiedlerhöfen stellen, so Fetzner. Die Ratsmehrheit sah das damals so wie er - und plädierte 2014 dafür, eine Fläche am Goldkopf für Windkraftanlagen auszuweisen.
Damit wäre der Bau von Windmühlen nirgendwo anders möglich gewesen. Doch die Untere Naturschutzbehörde, die beim Kreis angesiedelt ist, machte der Stadt einen Strich durch die Rechnung. Die Behörde gewichtete Natur- und Artenschutz höher als den Beitrag zum Klimaschutz. Auch einem anderen Freibereich im Vorderen Odenwald, den die Stadt ins Auge gefasst hatte, räumte man keine Chancen ein. Selbst Schreiben an weitere Behörden brachten kein neues Ergebnis.
Der Freibereich sei gescheitert, und ob Einzelanlagen künftig zulässig sind, habe ebenfalls der Rhein-Neckar-Kreis zu beurteilen, so Holger Haring (CDU). Da es keine erfolgversprechenden Rechtsmittel gebe, müsse man das Verfahren einstellen, gab er sich in dieser Sache neutral.
Das kann man von Klaus Ditzen (Freie Wähler) nicht behaupten: "Die für Windkraftanlagen nötige Windhöffigkeit liegt bei uns an der untersten Grenze", sagte er. Er sei froh, dass die Ausweisung der Konzentrationszone abgewehrt sei. "Wir haben uns mit diesem Verfahren viel Mühe gegeben", hielt Rolf Emenlauer (SPD) dagegen: "Windräder wären an dieser Stelle möglich gewesen. Jetzt hoffen wir, dass sie nicht an die vordere Kante der Bergstraße rücken."
Uli Sckerl (GAL) bedauerte, dass Weinheim nun erst einmal keinen Beitrag zur Energiewende leistet: "Angesichts des Klimawandels kann man aber nicht darauf bauen, dass der Kelch an uns vorübergeht." Die Entscheidung der Unteren Naturschutzbehörde sei kein Sieg der Vernunft, "sondern ein Verfahrensausgang, der auch anders hätte lauten können". Auch schwache Windgeschwindigkeiten seien längst kein Argument mehr, dafür sei die Anlagentechnik inzwischen zu weit.
Simon Pflästerer (WL) brachte den Dissens noch einmal auf den Punkt: Wirklich gewollt hat die Windmühlen hier kaum einer. Die Geister schieden sich jedoch an der Frage, ob es nötig war, dem Land "im vorauseilenden Gehorsam" entgegenzukommen. Er hofft, dass die Haltung der Kreis-Naturschutzbehörde auch in künftige Windkraft-Entscheidungen des Kreises einfließt. Außerdem erinnerte er daran, dass in der Metropolregion Rhein-Neckar immer noch der Regionalverband das Sagen hat - bis der neue Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen steht.
Andrea Reister (FDP) mahnte an, bis zum Inkrafttreten des Vertrags alles zu unternehmen, um Windkraft an der Bergstraße weiter auszuschließen. Carsten Labudda (WL) holte zum Seitenhieb auf Sckerl aus: "Das Thema war bei den Regionalverbänden richtig. Dann hat man es den Kommunen aufgedrückt. Wir haben das Verfahren durchgeführt und zu Kosten von 75.000 Euro Grundlagen geschaffen." Die Grünen schöben den Schwarzen Peter nun dem Kreis zu. Sckerl widersprach: Die Regionalverbände hätten keinen nennenswerten Windkraft-Anteil geliefert, dabei hätten fast alle politischen Kräfte den Atomausstieg gewollt.