Gutbürgerliche Küche im Schriesheimer Tal: Werner Krämer hat mit seiner Frau Carmen das Hotel und Restaurant "Neues Ludwigstal" übernommen. Allerdings haben die beiden inzwischen mit immer neuen Auflagen und geändertem Kundenverhalten zu kämpfen. Foto: Dorn
Von Frederick Mersi
Schriesheim. Werner Krämer setzt sich, das Telefon klingelt. Das Gespräch dauert eine knappe Minute. Werner Krämer setzt sich wieder, das Telefon klingelt wieder. Ebenfalls ein kurzes Gespräch, aber wichtig. "Meine Eltern sind heute nicht da, deshalb übernehme ich das Frühstück", sagt der 52-Jährige. Zwar leitet er das Restaurant schon seit 2001 und den gesamten Betrieb seit 2008. Aber das Hotel "Neues Ludwigstal" ist eine Familienangelegenheit - seit 1967.
"Meine Eltern haben das Haus mehrfach umgebaut", sagt Krämer. "Und ich war fast immer hier." Der Werdegang des Küchenmeisters nach seiner Mittleren Reife an der Kurpfalz-Realschule klingt deutlich glamouröser: das Kempinski in Frankfurt, der Erbprinz in Ettlingen, der Europäische Hof in Heidelberg, allesamt Hotels mit fünf Sternen. Heute zählen vor allem Handwerker und Geschäftsleute zu seinen Gästen. Einige Touristen kämen auch vorbei, sagt er.
An diesem Vormittag ist es leer im Restaurant. "Ein Drittel der Übernachtungsgäste bestellt kein Frühstück dazu", sagt Krämers Frau Carmen, die im Büro mitarbeitet. Der Grund seien unterschiedliche Mehrwertsteuersätze auf Übernachtungen und Mahlzeiten, sagt Krämer. "Viele Firmen zahlen das deshalb nicht mehr." Stattdessen fahren die Handwerker auf dem Weg zu ihren Einsatzorten bei Bäckereien vorbei.
Es ist nur eins von vielen Beispielen, das Krämer nennt, um seine Kernthese zu unterfüttern: "Der Staat drückt immer mehr drauf." Hygienebestimmungen, Mindestlohn, Arbeitsschutzgesetz: "Die Kosten steigen." Gleichzeitig kommen immer weniger Vereine und Firmen für größere Feiern vorbei. "Die großen Veranstaltungen sind rückläufig", sagt Krämer. Obwohl es in Schriesheim immer weniger Räume für solche Anlässe gibt.
Eine Liebesheirat war seine Übernahme des elterlichen Betriebs anfangs zwar nicht, aber eigentlich bereite ihm vor allem das Kochen große Freude, sagt Krämer. "Es ist kreativ und es macht Spaß, wenn es den Leuten schmeckt." Seine Küche ist gutbürgerlich, das Restaurant samt Wintergarten und Außenterrasse entsprechend eingerichtet.
"Trotzdem frage ich mich manchmal, ob es damals die richtige Entscheidung war, mich selbstständig zu machen", sagt Krämer. "Ich bin kurz davor, meinen Kindern zu sagen, dass sie die Finger davon lassen sollen." Arbeiten von frühmorgens bis spät in die Nacht sei das eine, dann aber noch, wie er es nennt, "von allen Seiten eins draufzukriegen", sei etwas ganz anderes. Dazu zählt er auch, dass er weder am Ostportal des Branichtunnels noch an Wanderwegen mit Schildern auf sein Hotel und Restaurant aufmerksam machen darf.
Schwierigkeiten bereitet auch die steigende Zahl der Internet-Buchungen samt vieler kurzfristiger Stornierungen. "Da muss ich im Prinzip die ganze Zeit auf dem entsprechenden Portal eingeloggt sein, um das nachzuverfolgen", sagt Krämer. Dafür reiche die Zeit aber nicht aus. "Zu tun gibt’s immer", sagt seine Frau Carmen. Deshalb ist Werner Krämer eigentlich ganz froh, wenn das Telefon klingelt. "So zu buchen, ist eigentlich wesentlich unkomplizierter", sagt er. "Dann kann man alle Fragen auf einmal klären, statt fünfmal hin- und herzuschreiben." Dafür steht Werner Krämer, selbst ernanntes "Mädchen für alles", auch gern einmal mehr wieder vom Tisch auf.