Matz Scheid macht Musik, seit er 13 Jahre alt ist. Der heute 62-Jährige findet: "Musik machen ist ja nicht nur ein Beruf; das ist etwas, was man gerne macht." Foto: Dorn
Von Annette Steininger
Hirschberg-Großsachsen. Fast traut man sich gar nicht, die Klingel zu drücken. Denn leise dringen Gitarrenklänge nach draußen, und eine kraftvolle Stimme erklingt. Matz Scheid ist am Proben. Das macht der 62-Jährige ganz nach Lust und Laune für sich allein, wenn nicht gerade ein Auftritt mit einer seiner zahlreichen Bands oder mit dem Odenwälder Shanty Chor, den er leitet, bevorsteht. Dann gibt es natürlich fixe Probentermine.
Der Großsachsener macht den Auftakt zur Serie "Musikalisches Hirschberg", mit der die RNZ Sänger und Instrumentalisten aus der Gemeinde vorstellt. Und Matz Scheid ist dafür als hauptberuflicher Musiker prädestiniert.
Musikalisches Hirschberg: Mats Scheid
Kamera: Peter Dorn / Produktion: Reinhard Lask
"Mein Nachbar und ich wollten damals große Rockstars werden", erinnert er sich an seine musikalischen Anfänge. Das war mit 13, als ihm seine Eltern die erste Gitarre schenkten. Schnell kamen noch ein paar Freunde mit Waschmittel-Trommeln hinzu, und die ersten Aufnahmen waren im Kasten.
Bis Matz Scheid Bandmitglied wurde, sollte es aber noch zwei Jahre dauern. "Ein Freund fragte mich, ob ich nicht bei ihm in der Band mitspielten wollte, als E-Bassist, allerdings hatte ich noch nie zuvor E-Bass gespielt", erzählt der Musiker. Doch der war schnell geliehen, und die Griffe saßen auch bald. Und so kam es, dass der Großsachsener Teil der Gruppe "Bullfrog" (zu Deutsch: "Ochsenfrosch") wurde.
"Wir haben furchtbar laute Rock-Musik gemacht", sagt der 62-Jährige schmunzelnd. Zwei, drei Jahre lang verwöhnte das Trio damit auch ein Publikum. Sogar in einem sogenannten "Offiziersklub" der damals hier stationierten amerikanischen Soldaten durfte die Gruppe spielen. "Ich fürchte aber, der Klubmanager hatte da irgendwas falsch verstanden; wir wurden nämlich als Country- und Westernband angekündigt", erzählt Scheid. Als die Frauen in Abendkleidern und die Soldaten in Paradeuniform in den Klub strömten, wurde den Bandmitgliedern etwas mulmig.
Der Bandleader, so Scheid, habe noch einmal den Manager darauf angesprochen, dass sie eine ganz andere Musik machen würden, als vielleicht erwartet würde. Doch der ließ sie spielen. Es kam, wie es kommen musste: Nach drei von eigentlich fünf vereinbarten Liedern war vorzeitig Schluss. Das Geld gab’s aber trotzdem. Und weitere Engagements in amerikanischen Klubs folgten. "Bei einem unserer Auftritte ist einmal ein Weihnachtsbaum in Flammen aufgegangen", erzählt Scheid lachend.
Aber dann war es erst mal an der Zeit, sich ernste Gedanken zu machen, wie das Leben nach dem Abitur in Weinheim weitergehen sollte. Zwischenzeitlich hatte Scheid seine Liebe zum Kontrabass entdeckt und beschloss, Musik an der Musikhochschule in Mannheim zu studieren. "Nach sechs Semestern hatte ich aber eine Eingebung: Ich wollte nicht im Orchestergraben versinken", sagt der Großsachsener. "Außerdem hatte ich Probleme mit Lampenfieber", gibt er offen zu. Damals sei für ihn klar gewesen, dass er Musik nicht als Beruf machen wollte.
Er jobbte als Tanzmusiker, spielte bei Tanzschulen und Tanzclubs ebenso wie bei Faschingsveranstaltungen. "Da habe ich so einen dabbischen Anzug getragen. Das war ein Graus", erinnert sich Scheid offensichtlich ungern an diese Zeit zurück.
Doch es blieb eine Episode, denn Scheid beschloss, Schreiner zu werden. Er absolvierte eine Lehre und arbeitete 1,5 Jahre als Geselle. "Dann habe ich festgestellt, dass ich doch lieber Musik mache." Sechs Jahre hatte sein Abstecher ins Holzgeschäft insgesamt gedauert.
Nun war mit 31 Jahren der Berufsmusiker Matz Scheid geboren. Und zahlreiche Bands folgten: "Rockfour", die "Wolpertinger", die "Cartwrights", der "Odenwälder Shanty Chor" und die "Dorfmugge".
Vor elf Jahren machte sich der Musiker, mit Stimme und Akustikgitarre bewaffnet, auch als Solist auf. Im Herbst tritt er zudem erstmals gemeinsam mit Akkordeonist Tobias Escher auf.
Bei der Vielzahl an Bands, die größtenteils bis heute aktiv sind, ist die Vielfalt an Musik nicht verwunderlich. So spielt Matz Scheid Folk-Songs, Mundart-Lieder, Shantys, Rock, Soul, Blues und Pop. und wer ihn kennt, weiß: Eine gehörige Portion Klamauk gibt’s obendrauf. "Mir macht es Spaß, solch eine Bandbreite zu beackern. Außerdem ist es ökonomisch ganz vorteilhaft", sagt der Großsachsener mit einem Augenzwinkern. In erster Linie spielt Scheid Gitarre und Bass, aber hat auch schon zu Banjo oder auch Flöte gegriffen.
Für die Zukunft will Matz Scheid gerne noch eine CD aufnehmen; eine Solo-Platte von ihm gibt es schon: "Der Matz und das Mehr". Damit er bei so viel Kreativität auch mal den Kopf freibekommt, zieht er sich jedes Jahr für zwei Monate nach Schweden zurück - in ein Häuschen ohne fließendes Wasser und Strom. "Da macht man halt die Kerzen an", sagt er ganz pragmatisch. Wenn er zurückkommt, startet er wieder mit Freude durch. "Musik machen ist ja nicht nur ein Beruf; das ist etwas, was man gerne macht", findet der 62-Jährige. Wie lange er weitermachen wird? "Wenn mir nicht vorher die Finger abfallen, bis ans Lebensende."