Auch an der Martinsschule beginnt am 4. Mai wieder der Präsenzunterricht. Foto: zg
Von Katharina Schröder
Ladenburg. "Entgegen einiger Vermutungen ist hier ganz schön was los bei uns", sagt Steffen Funk, der Leiter der Ladenburger Martinsschule. Dass die Schulen in Zeiten von Corona vor neuen Herausforderungen stehen, ist aktuell häufig zu hören. Schließungen und Heimunterricht beschäftigen die Schüler, Eltern und Lehrer landesweit. Aber wie sieht das bei einer Bildungseinrichtung mit sonderpädagogischem Angebot aus?
"Kinder, die kognitiv fit genug sind, selbst ein Arbeitsblatt zu bearbeiten, bekommen von uns individuelle Lernpakete", erklärt Felix Müller. Er ist Lehrer einer siebten Klasse an der Martinsschule. Um seine Schüler zu erreichen, greift er zurzeit zu verschiedenen Mitteln. So schickt er individuelle Materialen per E-Mail an die Eltern oder verwendet Lern-Apps.
Schwieriger sei der Fernunterricht für Kinder mit komplexeren Behinderungen. Normalerweise hat Müller im Unterricht auch viele "basale Angebote". "Das sind Angebote, die man direkt wahrnehmen kann", erklärt der Sonderpädagoge. Ein Beispiel dafür sei der Morgenkreis, in dem die Kinder den Tag besprechen. "Der kriegt dann auch eine Farbe und einen Geruch mit einem Riechdöschen", erklärt Müller. "Dann riecht der Mittwoch zum Beispiel nach Rosen und der Donnerstag nach Zimt." Es geht also darum, mehrere Sinne anzusprechen. Selbstverständlich sei auch dieses Angebot nicht für jede Klassenstufe und jedes Alter angemessen. "Der generell größte Unterschied ist wohl die Heterogenität bei uns an der Schule", meint Müller.
Schulleiter Steffen Funk. Foto: BeckmannEr hat angefangen, Videokonferenzen mit seiner Klasse zu machen, damit sich alle mal wieder sehen. "Das war sehr schön", sagt er. Auch den Schülern sei die Freude anzusehen gewesen. "Es ging dann eher darum, sich mal auszutauschen, wie es allen geht", erzählt Müller. Und hier teilen wohl alle Schüler ein Problem: Es ist oft langweilig. Nicht alle konnten an der Videokonferenz teilnehmen. Die Grundvoraussetzungen seien sehr unterschiedlich.
"Vor dem Coronavirus sind eben doch nicht alle gleich", sagt der Pädagoge. Die Digitalisierung, die möglich wäre, sei noch nicht so bei den Schulen angekommen. "Das fängt damit an, dass Familien auf eigene Geräte angewiesen sind", meint er. Nicht alle Eltern seien per E-Mail erreichbar, nicht jeder habe einen Computer oder einen Drucker zu Hause. Auch ein eigener Internetanschluss sei nicht vorauszusetzen. "Es ist schön, dass es diese Angebote gibt, aber den persönlichen Kontakt zu den Schülern kann kein Medium ersetzen", findet auch Schulleiter Funk. "In unserer Schulform ist körperlicher und physischer Kontakt von ganz wesentlicher Bedeutung."
Von den 225 Kindern, die normalerweise die sonderpädagogische Einrichtung besuchen, gehen aktuell 16 in die Notbetreuung. Auch an der Martinsschule soll es am Montag, 4. Mai, für die Abschlussklassen wieder losgehen. Die Vorbereitungen laufen schon, wie Funk mitteilt. "Die Abstandsregeln versuchen wir mit einer Eins-zu-eins-Betreuung einzuhalten", sagt der Schulleiter. An der Martinsschule arbeitet stets ein multiprofessionelles Team zusammen, das umfasst Lehrkräfte, Pflege- und Betreuungspersonal sowie Krankenschwestern. Auch das ist schwierig für die Schulöffnung am 4. Mai. "Wir müssen klären, ob wir genügend Kräfte haben", sagt Funk. Denn auch an der Martinsschule arbeiten Angehörige der Risikogruppen.
"Eine ganz große Frage ist auch die Beförderung", meint Funk. Die sei organisatorisch wie logistisch ein Kraftakt, denn die Kinder sollen im Einzeltransport zur Schule gebracht werden. Für den Transport sei der Rhein-Neckar-Kreis verantwortlich. Funk rechnet damit, das etwa 30 bis 40 Kinder wieder zu Schule kommen. Der genaue Bedarf müsse noch abgefragt werden.
"Die Eltern müssen für sich die Frage ,Kann ich verantworten, dass mein Kind in die Schule geht?’ klären", berichtet Funk. Wenn manche diese Frage mit einem Nein beantworten, werde man vielleicht das Gespräch suchen: "Aber bei zwingenden Gründen muss man auch einfach nicht diskutieren. Wenn ein Kind nur einen Lungenflügel hat, ist die Lage doch klar."