Sonniger Süd-Spielplatz: Vogelnestschaukel und Rutsche sind im Hochsommer hitzige Plätze; lediglich den Wasserspielbereich schützt zumindest partiell ein Sonnenschirm. Fotos (2): Beckmann
Von Silke Beckmann
Ladenburg. Der Sommer 2019, inzwischen zum drittheißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erklärt, hatte es in sich. Kaum jemand, dem die extreme Hitze nicht zu schaffen gemacht hätte, und für manchen wogen die Temperaturen besonders schwer. "Wir haben eine hohe Anzahl an Kindern mit komplexen Behinderungen", sagt Steffen Funk, Leiter der Martinsschule: "Diese Kinder sind der Hitze besonders schutzlos ausgesetzt." Schließlich sind viele nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft ihrer Kleidung zu entledigen oder selbstständig Schatten aufzusuchen, sondern sind auf Hilfe und Unterstützung angewiesen.
Auch die hohen Temperaturen im Schulhaus können sich belastend auswirken. "Jeder reagiert in individueller Art und Weise auf Hitze", erklärt Funk, und dies gelte auch für verschiedene Behinderungsformen. Insbesondere Epileptikern sei die Hitze nicht zuträglich: "Das muss man schon im Blick behalten." Zwar gehören zum Mitarbeiterteam der in Trägerschaft des Rhein-Neckar-Kreises (RNK) befindlichen Schule für Körperbehinderte auch Krankenschwestern. Doch gerade angesichts der Tatsache, dass die Kinder und Jugendlichen teilweise gravierend eingeschränkt sind, ist bei Ausnahmebedingungen umsichtiges und verantwortungsbewusstes Handeln erforderlich.
Martinsschulleiter Steffen Funk. Fotos (2): Beckmann
Das Problem: Obwohl das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung nach modernsten Maßstäben errichtet wurde, verfügt das Gebäude über keine Klimaanlage. Und im Außenbereich ist Schatten Mangelware - selbst die in ohnehin mäßiger Zahl vorhandenen Bäume, von denen einige auch eingegangen sind, können da keine Abhilfe schaffen; Sonnensegel, Jalousien und eigens angeschaffte Sonnenschirme decken nur jeweils kleine Bereiche ab.
Über 200 Schülerinnen und Schüler besuchen das Stammhaus, das zwar mit einem voll automatisierten Beschattungssystem ausgestattet ist - Jalousien bedecken die Fensterflächen bei Sonneneinstrahlung vollflächig, fahren allerdings, wie der Schulleiter ausführt, bei Wind wieder hoch, was sich manuell nicht regulieren lässt: "Insgesamt gibt es kein ausgeklügeltes Belüftungssystem", was sich zudem in den innen liegenden Pflegeräumen deutlich bemerkbar macht. Dort sei die Geruchsentwicklung, etwa nach Toilettenbenutzung, in Zusammenhang mit höheren Temperaturen "nicht so gut erträglich".
"Da ist der Träger gefragt", findet Steffen Funk. Das Landratsamt bestätigt auf RNZ-Anfrage, dass es von den Problemen der Schule weiß. "Wir haben die Sache mit der extremen Hitze in der Martinsschule, insbesondere vor den Sommerferien, bereits erkannt", sagt der Leiter des Eigenbetriebs Bau, Vermögen und Informationstechnik des Rhein-Neckar-Kreises, Jürgen Obenländer, der für die Liegenschaften des Landkreises zuständig ist.
Schulleiter Funk ist bemüht um konstruktiven Austausch und zielführende Gespräche: "Wir sind in gutem Austausch", führt er weiter aus. Am Mittwoch beginnt im Land wieder der Unterricht. Danach wollen Vertreter des zuständigen Eigenbetriebs sowie des Amts für Schulen, Kultur und Sport als Schulträger zu einem Vor-Ort-Termin an die Martinsschule kommen, heißt es aus dem Landratsamt: "Um die Räumlichkeiten zu besichtigen, anschließend entsprechende Lösungen zu erarbeiten und dann weitere Schritte in die Wege zu leiten, um die Hitze in diesem Schulgebäude einzudämmen." Man gehe davon aus, dass besonders zum Wohle der dort beschulten Kinder und Jugendlichen gute Lösungen gefunden werden können.
Schulleiter Funk geht es nicht gleich um eine Vollklimatisierung: "Ich würde zunächst die bestehenden Möglichkeiten umfänglich ausschöpfen und optimieren. Vielleicht lässt sich einiges ja durch kleinere Handgriffe oder technische Maßnahmen verbessern."
Fest steht für ihn ein klarer Handlungsbedarf, wobei er vorrangig momentan Machbares in den Fokus nimmt: "Eine vernünftige Beschattung und Belüftung wäre schon mal ein naheliegender erster Schritt." Positiv beurteilt Funk daher Rückmeldungen des RNK, der Interesse signalisiert habe, gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen.
Denn "Hitzefrei" ist in der Ganztagsschule auch an heißen Tagen keine Option. Nicht nur, weil man in Verantwortlichkeit gegenüber arbeitenden Eltern steht und die Schüler sich zu Hause nicht selbst versorgen können, sondern weil dies organisatorisch durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Busunternehmen gar nicht möglich ist. Eine zusätzliche Belastung allerdings: Der Anfahrtsweg der Schüler beträgt bis zu 50 Kilometer und nicht alle Busse sind klimatisiert, sodass ein hitziger Schultag schon mal mit einer ebenso anstrengenden Fahrt ausklingt. Die Pädagogen versuchen heißen Phasen daher auch mit veränderten Unterrichtsformen, beispielsweise im Freien, zu begegnen.
Aber auch im Außenbereich besteht Verbesserungsbedarf. Drei Bereiche stehen zur Verfügung, doch auch hier ist die Sonneneinstrahlung gewaltig. Gerade über dem kleinen Wasserspielplatz fehlt ein Sonnensegel, auch Rutsche und Vogelnestschaukel stehen in der prallen Sonne. Abhilfe könnte im benachbarten Areal geschaffen werden: Es gibt Planungen, die abschüssige Grünfläche, die von den Schülern derzeit nur bedingt genutzt werden kann, in einen sogenannten Wellengarten umzugestalten, der letztlich als Spiel- und Aufenthaltsfläche für alle dienen könnte.
Darüber, so Funk, müsse aber letztlich der Träger entscheiden - ebenso wie über die Frage, ob gerade in diesem Bereich ein Sonnensegel dann sinnvoll positioniert wäre. An Gesprächsthemen wird es im Austausch von Schulleitung und Schulträger also nicht mangeln.