Sebastian Cuny (2.v.l.) aus Schriesheim wurde am Freitagabend in der Leutershausener Heinrich-Beck-Halle zum SPD-Landtagskandidaten gewählt – und setzte sich gegen den Weinheimer André de Sá Pereira (r.) durch. Links der scheidende Landtagsabgeordnete Gerhard Kleinböck, dessen Wahlkreisbüro Cuny seit 2011 leitet. Der SPD-Kreisvorsitzende Thomas Funk (Sinsheim, 2.v.r.) hatte die Versammlung eröffnet. Foto: Kreutzer
Von Micha Hörnle
Neckar-Bergstraße. Nach gut anderthalbstunden in der Leutershausener Heinrich-Beck-Halle stand es fest: Die SPD im Wahlkreis Weinheim geht mit Sebastian Cuny in den Landtagswahlkampf. 70 der 130 anwesenden SPD-Mitglieder – bei 127 gültigen Stimmen – votierten für den Schriesheimer Stadtrat und stellvertretenden Vorsitzenden der SPD Rhein-Neckar. Sein Mitbewerber, André de Sá Pereira aus Weinheim, erhielt 54 Stimmen. Dass es mit 55 zu 45 Prozent schließlich ein knappes Rennen werden würde, zeigte allein die Länge des Applauses nach der Kandidatenvorstellung: De Sá Pereira hatte 15 Sekunden Beifall bekommen, Cuny 20.
Dass der politikerfahrene Cuny nicht automatisch der unangefochtene Favorit sein würde, war von vornherein klar, denn dieses Mal entschieden die SPD-Mitglieder und nicht etwa Delegierte, wer Landtagskandidat wird. Und so war es am Ende eine Frage, wer am stärksten seine Anhänger mobilisiert. Bemerkenswert war schon mal, dass immerhin 14,4 Prozent aller 903 eingetragenen Genossen im Wahlkreis den Weg nach Leutershausen fanden – und das unter Corona-Bedingungen.
Inhaltlich liegen zwischen dem Weinheimer und dem Schriesheimer Kandidaten keine Welten, beide wollen das soziale Profil der Partei weiter (oder wieder) schärfen, also vor allem beitragsfreie Kindergärten und Kitas sowie mehr bezahlbarer Wohnraum. Im Stil unterschieden sich beide durchaus. Der 29-jährige de Sá Pereira setzte auf seinen jugendlichen Charme und seine Begeisterung, mit der er andere, gerade jüngere Leute, ansteckte: "Ich bin 29 Jahre alt und glaube an diese sozialdemokratische Partei." Besonders stolz sei er auf die Gründung der Jusos in Weinheim, die auch viele Jüngere außerhalb der Partei erreiche. Cuny war da mehr der Politik-Routinier – schließlich verwies er auf seine Erfolge in der Schriesheimer Kommunalpolitik –, aber der sonst eher sachliche 42-Jährige gab sich ab und an geradezu kämpferisch, als er sich mit einer gewissen Lust an Grün-Schwarz rieb, wobei de Sá Pereira in seiner lebhafteren Art die drastischeren Worte bei diesem Thema fand: "Die verwalten Baden-Württemberg nur so vor sich hin." Cuny hingegen hatte im Gegensatz zu seinem Konkurrenten "ein konkretes Angebot für die Menschen an der Bergstraße", also eine Art Wahlkreisprogramm: eine weitere Gesamtschule, höhere Zuschüsse für Schulsanierungen, Lärmschutz an der neuen Neckarbrücke und Unterstützung für die Ortsumgehung in Großsachsen.
Und eines eint die beiden doch, was wiederum die sozialdemokratische Seele streichelte: Sie wurden nicht mit goldenen Löffeln geboren: De Sá Pereira stammt aus einem, wie er sagte, "klassischen Arbeiterhaushalt", es sei keineswegs "selbstverständlich gewesen, dass ich studieren kann" – und er musste währenddessen in einem Getränkemarkt jobben. Cuny wiederum bezeichnete sich als "Sohn eines französischen Gastarbeiters", der gerade durch ihn und seine Mutter "früh politisiert wurde".
Beide Kandidaten hatten an diesem Abend jeweils einen Fürsprecher: Für Cuny engagierte sich DGB-Regionalgeschäftsführer Lars-Christian Treusch: "Ich kenne keinen, der so sehr für die Werte der Partei brennt wie er" – und schließlich sei er selbst nach Schriesheim gezogen, "weil dort so viel für die Bildungsgerechtigkeit getan wird". Für de Sá Pereira sprach der Dossenheimer Matthias Stammler: "Als Sohn portugiesischer Einwanderer lebt er das Aufstiegsversprechen der SPD vor. Er weiß, wo wir als Partei anpacken müssen."
Eher eine Nebenrolle spielten an diesem Abend die Zweitkandidaten: Vanessa Bausch aus Laudenbach für de Sá Pereira und Rüdiger Kanzler aus Hirschberg für Cuny. Kanzler stellte sich als Arbeitersohn vor, der wisse, wo den kleinen Leuten der Schuh drückt. Während seiner Rede hatten allerdings viele Delegierte schon die Halle verlassen, und so wurde er ganz knapp mit 53 von 105 Stimmen gewählt – bei 27 Nein-Stimmen und 26 Enthaltungen.
Update: Sonntag, 11. Oktober 2020, 16.47 Uhr