Jörg Boulanger. Archivfoto: Kreutzer
Von Annette Steininger
Hirschberg-Leutershausen. Völlig geschockt reagierten viele Hirschberger auf die Nachricht, dass CDU-Fraktionsvorsitzender Jörg Boulanger am Dienstag plötzlich gestorben ist. Der 76-Jährige war die "juristische Stimme" im Gemeinderat, bekannt für seine besonnene und ausgeglichene Art.
"Er war eine der ganz großen Persönlichkeiten der vergangenen Jahrzehnte", sagte Bürgermeister Manuel Just bewegt und geschockt der RNZ. "Das ist ein herber Verlust - menschlich wie fachlich." Boulanger habe auch mit seinem beruflichen Wissen den Gemeinderat bereichert. "Seine Meinung hat er vehement vertreten, aber ruhig und besonnen, immer mit Respekt vor der anderen Meinung und seinem Gegenüber", würdigte ihn Just. "Er war eine ausgeglichene Persönlichkeit."
Und er hatte viele Interessen, engagierte sich stark in der politischen Gemeinde - unter anderem im Ausschuss für Technik und Umwelt - wie auch in zahlreichen Vereinen. Zudem vertrat er Hirschberg gemeinsam mit Bürgermeister Manuel Just im Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim.
Boulanger kam ursprünglich nicht aus Hirschberg, aber aus der Region. Am 29. Juni 1942 wurde er in Heidelberg geboren und wuchs mit seinem jüngeren Bruder in Mosbach auf. In Karlsruhe und später in Stuttgart besuchte er die Schule und machte Abitur. Bei der Bundesmarine erhielt er eine militärische Ausbildung, wurde dann Zeitsoldat und beendete seine Dienstzeit als Offizier.
Als Wachoffizier wurde er auf Minensuchbooten und auf der Fregatte Braunschweig eingesetzt. Es folgte die Ernennung zum Kapitänleutnant - nach einigen Wehrübungen während der Studienzeit. Er studierte schließlich Rechtswissenschaften. 1972 trat er als Regierungsassessor in den Staatsdienst bei der baden-württembergischen Innenverwaltung. Beim Regierungspräsidium Karlsruhe arbeitete er im Referat Bau- und Wohnungswesen. Zwei Jahre später promovierte Boulanger und ließ sich als Rechtsanwalt in Mannheim nieder, bis er vor einigen Jahren in den Ruhestand ging.
Gleichwohl blieb er aktiv: Ab 1985 war er Mitglied des Sportgerichts des Deutschen Eishockey-Bundes und ab 1993 dessen Vorsitzender. Im Sommer 2014 war er für weitere vier Jahre wiedergewählt worden. Dabei brachte er seine langjährige Eishockey-Expertise ein: So war Boulanger von 1978 bis 1994 juristischer Berater des Mannheimer Eis- und Rollsportclubs (heute Adler Mannheim) und erlebte auch die Bewältigung der damaligen Vereinspleite. Der DEB engagierte ihn schließlich für die Sportgerichtsbarkeit. Bis zuletzt ging er zusammen mit seiner Frau gerne zu Eishockey-Länderspielen in der Region.
Ab 1972 wohnte er mit ihr zusammen in Leutershausen, 1981 bauten sie im Buchenweg ein Haus. Boulanger war Mitglied beim Verein Jugendförderung der St.-Georgs-Pfadfinder und der Sportgemeinde Leutershausen und bei beiden auch im Vorstand tätig. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Partnerschaftsvereins - dessen Zweiter Vorsitzender er zuletzt war - und des Kulturfördervereins Hirschberg.
Bei der CDU Leutershausen engagierte er sich viele Jahre im Vorstand, nach der Fusion mit Großsachsen war er bis 2011 Vorsitzender des Gesamtverbandes. Ab 1984 saß Boulanger für die CDU im Gemeinderat und war seit 2007 Fraktionsvorsitzender. "Er fehlt an allen Ecken und Kanten", sagte gestern CDU-Vorsitzende Uschi Pschowski geschockt. Ihr fiel es schwer, Worte zu finden. "Er war so ein liebenswerter Mensch und hat nie Nein gesagt." Sowohl ihr als auch "Neulingen" in der Kommunalpolitik sei er ein kluger Ratgeber gewesen. Zuletzt sei er auch an den Vorbereitungen für die Bürgermeisterwahl beteiligt gewesen. Und auch wenn er bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr nicht mehr antreten wollte, hatte er schon seine Hilfe angeboten - wie es für ihn typisch war.
Für sein ehrenamtliches Engagement erhielt Boulanger 2007 den Ehrenring in Gold der Gemeinde. Zudem wurde ihm die Ehrennadel in Silber des Gemeindetages Baden-Württemberg für 25 Jahre Gemeinderatstätigkeit verliehen. Außerdem würdigten ihn zahlreiche Vereine mit Auszeichnungen. Bei allem ehrenamtlichen Engagement war aber auch die Familie für ihn von großer Bedeutung: seine Frau, die zwei Kinder und vier Enkel.
Hirschberg trauert mit ihnen um einen besonderen Menschen, der für seine Art und sein Engagement hoch geschätzt war.