Sehnen das Lockdown-Ende herbei: Petra Fichera (von links), Monika Röger und Silke Stegmaier von Roth’s Reisen. Foto: Kreutzer
Von Nadine Rettig
Hirschberg. "Stillstand ist keine Option", sagt Monika Röger. Die Mitarbeiterin des Reisebüros Roth’s Reisen sitzt gemeinsam mit Inhaberin Silke Stegmaier und ihrer Kollegin Petra Fichera im Büroraum. Lockdown-bedingt musste das Reisebüro erneut seine Türen schließen. Für das gesamte Team ist das umso bedauerlicher, da mit einem ganz besonderen Konzept eben jenem Stillstand entgegengewirkt werden sollte. Denn neben Reisen gibt es dort nun auch eine große Vielfalt an Second-Hand- Kleidung zu kaufen.
Die Idee dazu sei aus dem Team gekommen, berichtet Stegmaier. Denn das Ziel sei es gewesen, etwas auf die Beine zu stellen, das dem Reisebüro keine Mehrkosten verursacht. "Jeder hat die Tendenz dazu, Kleider im Schrank zu haben, die nicht mehr getragen werden", weiß Röger, und so entstand die Idee, das Reisebüro neben seinem Hauptgeschäft in eine "Fashion-Insel" zu verwandeln, wie das Frauen das Second-Hand-Geschäft getauft haben.
Die Dynamik im Team sei für ein solches Projekt unerlässlich und vollkommen vorhanden gewesen, freut sich auch Fichera. "Das funktioniert bei uns wirklich toll. Eine hat die Idee, die anderen steigen mit ein und ziehen bei dem Projekt voll mit", so Fichera. Und so wurde der Raum, in dem normalerweise die Kataloge aufbewahrt werden, kurzerhand zur Kleiderstube umfunktioniert. Wo sich früher die bunten Reisekataloge stapelten, finden die Käufer nun gut sortiert und drapiert Schuhe, Taschen, Kleidung und sogar Deko-Artikel. Ab Mitte Dezember sollte das Nebengeschäft richtig eröffnen.
Die Instagram-Seite sei gemacht, und auf dem Schreibtisch von Silke Stegmaier liegt ein Stapel vorgedruckter Flyer. "Wir wollten es gerade richtig publik machen, dann kam der zweite Lockdown", bedauert die Inhaberin. "Aber der Startschuss ist gemacht", blickt sie optimistisch auf die Zeit danach. Bevor das Geschäft schließen musste, kamen schon einige Hirschberger vorbei, die glücklich mit neuen Teilen nach Hause gingen und von dem Konzept begeistert waren. "Eine Kundin kam herein, um eine Reise zu buchen und ging dann auch noch mit einem neuen Mantel nach Hause", sagt Stegmeier und freut sich über die gute Resonanz. Doch ihr ist auch wichtig, zu betonen, dass das Second-Hand-Geschäft keinesfalls langfristig die Arbeit des Reisebüros verdrängen soll. Der Fokus liege nach wie vor auf den Reisen.
Der Grundgedanke bestehe darin, mit dem Nebenverdienst in diesen schwierigen Zeiten den Erhalt des Reisebüros zu sichern. Doch das Team schließt nicht aus, das Konzept auch nach der Krise beizubehalten. "Aktuell ist es eine Aktion zur Überbrückung, doch wenn es bei den Kunden gut ankommt, würden wir das auch weiter laufen lassen", erklärt Stegmaier. Das liegt unter anderem daran, dass das Team selbst viel Freude an der neuen Herausforderung hat.
Denn an der Bergstraße gebe es kaum Second-Hand-Geschäfte. Zudem wolle man kein Billig-Flohmarkt sein, sondern nur Ware verkaufen, die noch gut erhalten ist. "Wir wollen ein Ort für die besonderen Kleidungsschätzchen sein", erklärt Röger. Zudem sei es den Frauen wichtig, für jede Größe etwas zu haben. "Es soll sich jeder rein trauen", lautet ihr Credo. Außerdem wolle man versuchen, den Kunden immer wieder ein anderes Sortiment zu bieten. Wer seine Kleidung der "Fashion-Insel" zur Verfügung stellt, bekommt 50 Prozent des Gelds der verkauften Ware. Die anderen 50 Prozent gehen an das Reisebüro.
Nach dem Lockdown kann das kreative Team dann auch richtig mit dem Verkauf starten. Und bis dahin können Kunden dennoch ihre Reisen buchen. "Das Reisebüro ist nur für den Publikumsverkehr geschlossen", erklärt Stegmaier. Telefonische Beratungsgespräche und Buchungen seien jedoch auch im Lockdown jederzeit möglich.