Von Annette Steininger
Hirschberg-Großsachsen. Er wollte schon immer einen Bus haben und ihn zum Wohnmobil ausbauen, erzählt Martin Delbeck. Dank der Freiwilligen Feuerwehr Großsachsen – damals war sie noch eigenständig – wurde sein Traum im September 2012 wahr. Der damals 28-Jährige erfuhr von Feuerwehrmann Jochen Dörsam über den anstehenden Verkauf eines Mannschaftstransportwagens der Jugendfeuerwehr.
"Da habe ich gleich einen Briefumschlag mit einem Gebot abgegeben", erinnert sich Delbeck, der in Weinheim aufgewachsen ist. Denn der T3-Caravelle von Volkswagen wurde versteigert – und Delbeck gab mit 711,12 Euro tatsächlich das höchste Gebot ab. Der Weinheimer, der heute in Greifswald lebt und dort als Arzt tätig ist, war überglücklich. "Um einen T3 selbst zu reparieren, brauchst du kein Laptop, da reicht ein Schraubenzieher", erzählt der 35-Jährige.
Martin Delbeck. Foto: privatAußerdem sei man mit ihm etwas schneller unterwegs als mit dem Vorvorgänger T1, der vielen auch als "Bulli" bekannt ist. Während Letzterer gerade mal 70 Sachen schafft, kommt der T3 immerhin auf bis zu 110 Kilometer pro Stunde. "Wenn ich mir viele Mühe gebe, schaffe ich auch mal 120", sagt der Facharzt für Anästhesie und schmunzelt.
Als Delbeck das Fahrzeug glücklich sein Eigen nannte, entfernten Feuerwehrmitglieder erst mal das Blaulicht, die Reflektorstreifen und das Hirschberger Wappen. Dann ließ der Camping-begeisterte Arzt das Auto neu lackieren. Schließlich war der VW-Bus auch nicht mehr der jüngste – Baujahr 1984, "also so wie ich", ergänzt Delbeck mit einem Augenzwinkern. Bei der Lackfarbe musste er nicht lange überlegen: "Ein Feuerwehrauto muss ein Feuerwehrauto bleiben", findet er. So erstrahlt das Fahrzeug bis heute in leuchtendem Rot.
Wie viele Kilometer es genau auf dem Buckel hat, kann er nicht sagen, denn die Anzeige ist fünfstellig. Das heißt, nach 99.999 Kilometern geht es einfach wieder bei Null weiter. "Als ich den Feuerwehrbus gekauft habe, hatte er 80.000 Kilometer", erzählt Delbeck. Ob das aber tatsächlich der zurückgelegte Fahrweg ist, lässt sich aus besagten Gründen nicht nachvollziehen. Denn bevor ihn die Gemeinde Hirschberg erwarb, tat er schon für eine Baufirma und eine Fahrzeugvermietung seine Dienste.
Jetzt liegt der Kilometerstand laut Anzeige bei 37.000; also hat Delbeck mit dem Bus wohl schon 57.000 Kilometer hinter sich. Fahrtechnisch stellte die Umgewöhnung auf das große Fahrzeug kein Problem für ihn dar, schließlich brachte er schon Erfahrung durch Rettungsdienstfahrten mit sich. An die Geräusche musste er sich erst einmal gewöhnen. Und an so manches Problemchen, das aber in der Regel kleiner war als vorgestellt. Bei einer seiner Touren ist das Fahrzeug immer nach 200 oder 300 Kilometern ausgegangen, musste 15 Minuten "ausruhen", bevor er dann wieder ansprang.
Das war einer der weniger schönen Urlaube, denn "Rosalinde", wie Delbecks Freundin den Bus liebevoll nennt, gab auch mitten auf einer einspurigen Autobahn auf. Dabei lag es nur an einem kleinen elektronischen Bauteil, wie sich später herausstellte.
"Seitdem läuft er aber wie geschmiert", versichert der Arzt. Und hat schon die halbe Welt gesehen. Darunter Frankreich, Spanien, Portugal, Schweden und Dänemark. Sogar bis hoch in die Alpen hat der VW-Bus ihn und einen Freund schon gebracht.
Was Delbeck an seinem treuen Begleiter so schätzt: Er hat immer sein Bett dabei. "Das ist auch besonders praktisch bei Hochzeiten oder Festivals", findet er. Das 1,40 auf zwei Meter große Bett war auch das erste, was der 35-Jährige, nachdem die Sitze – ursprünglich war es ein Achtsitzer – draußen waren, eingebaut hat. Zudem hat er den Bus innen mit Teppich ausgekleidet. Das Bett kann man mittlerweile so umbauen, dass noch Platz für einen Tisch und Stühle ist. Außerdem verfügt "Rosalinde" über eine kleine Kochstelle.
Das Duschen ist eher etwas für Hartgesottene: Delbeck hat auf dem Dach einen Wasserkanister installiert und einen Hahn drangeschraubt, sodass man sich für eine "Dusche von oben" einfach direkt an den Bus stellen kann. Das Dach verfügt aber noch über eine andere Funktion: Delbeck nutzt es gerne als Aussichtsplattform und hat deshalb eine Leiter an "Rosalinde" drangebaut.
Sogar das Schweißen hat sich der findige Arzt für seinen Traum vom Wohnmobil per Internet-Videos selbst beigebracht. Dank seiner Handwerkskünste verfügt "Rosalinde" seit diesem Jahr auch über Regale. Wie viel Zeit Delbeck schon "ins Schrauben" investiert hat, kann er nicht sagen. Aber allein der Umbau seines geliebten Fahrzeuges, das mittlerweile offiziell ein Oldtimer ist, dauerte Wochen.
Etwas bedauernd erklärt der Arzt, dass es nun fast nichts mehr zum Umbauen gibt. "Das ist ja eigentlich das Schönste daran", findet er. "Neue Vorhänge wären mal wieder angesagt", überlegt er. Ansonsten hofft er, dass "Rosalinde" ihm noch lange treue Dienste leisten wird. Prognosen, wie lange das sein könnte, will er gar nicht erst abgeben.