Um diese zehn Hektar große Ackerfläche südlich des bestehenden Gewerbegebiets in Hirschberg geht es beim Bürgerentscheid. Foto: Dorn
Von Annette Steininger
Hirschberg. Das Areal an der Autobahn 5, unweit der B 3 und der Zugstrecke, wirkt auf den ersten Blick nicht sonderlich attraktiv. Und doch ist in Hirschberg eine Wertigkeitsdebatte um diese zehn Hektar entbrannt.
Denn dort soll das bestehende Gewerbegebiet erweitert werden, zumindest wenn es nach der Meinung der Gemeinde und der Gemeinderatsmehrheit geht. Am 21. Juli fasste das Gremium mehrheitlich den Aufstellungsbeschluss für eine entsprechende Bebauungsplanänderung.
Doch im August meldete sich eine Bürgerinitiative zu Wort: Die BI "Bürgerbegehren Hirschberg" fürchtet um den Verlust wertvollen Bodens und sieht die Bürger an dieser wichtigen Entscheidung zu wenig beteiligt. Also begann sie, Unterschriften für ein Bürgerbegehren zu sammeln und war damit erfolgreich.
896 Unterschriften, davon 840 gültige, kamen in der Gemeinde mit rund 9900 Einwohnern durch die Aktion zusammen; 550 wären erforderlich gewesen. Der Gemeinderat erklärte daher einen Bürgerentscheid am 14. März 2021 für zulässig. Damit kommt es in der Kommune bereits zum zweiten Bürgerentscheid innerhalb weniger Jahre. Bereits 2013 waren die Hirschberger gefragt. Damals ging dem Ganzen kein Bürgerbegehren voraus, sondern der Gemeinderat wollte die Einwohner selbst entscheiden lassen, ob sie eine gemeinsame Gemeinschaftsschule mit Heddesheim wollen. Die Mehrheit lehnte es ab, Hirschbergs Nachbarkommune ging den Weg alleine.
Nun werden die Hirschberger am Tag der Landtagswahl erneut an die Wahlurnen gebeten und sollen folgende Frage mit "Ja" oder "Nein" beantworten: "Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderats vom 20. Juli 2020 zur Aufstellung eines Bebauungsplans zur Erweiterung des Gewerbeparks Hirschberg Süd auf heutigen Ackerflächen aufgehoben wird?" Schon jetzt hat der Wahlkampf begonnen; die Bürgerinitiative und die Parteien tauschen Corona-bedingt vor allem über die Medien Pro und Contra aus.
Mitunter geht es auch hitzig in Detailfragen zu. CDU, FDP und Freie Wähler sind sich einig und stehen hinter der Gewerbegebietserweiterung um zehn Hektar. Ein Hauptargument ist die klamme Kasse der Gemeinde. Im vergangenen und in diesem Jahr mussten eine Haushaltssperre und ein Nachtragshaushalt beschlossen werden; außerdem gibt es zahlreiche mit hohen Kosten verbundene Projekte wie aktuell einen Kindergarten-Neubau.
Durch eine Gewerbegebietserweiterung würden sich die Einnahmen der Gemeinde erhöhen, sind die Befürworter überzeugt. Zum einen durch die Gewerbesteuer. Aber auch über die Grund- oder die Umsatzsteuer, die über die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommune geht. Zudem schaffe ein Gewerbegebiet Arbeitsplätze. Auch der Bedarf ist da, sagen die Befürworter. Was Geschäftsführer Mathias Hensel von Hensel Immobilien, die bereits den bestehenden Gewerbepark entwickelt haben, unterstreicht. Denn was auf den ersten Blick am Areal unattraktiv wirkt, ist für viele Unternehmen genau das Richtige: die gute Erreichbarkeit durch die unmittelbare Lage an der A 5 und auch die Sichtbarkeit an dieser Stelle.
Hensel ist jedenfalls überzeugt davon, dass auch dieses Areal ein voller Erfolg werden würde. Fünf Unternehmen hätten schon ihr Interesse geäußert, dort definitiv bauen zu wollen. Goldbeck Solar, die schon im Hirschberger Gewerbepark sitzen, wollen beispielsweise ein repräsentatives Bürogebäude bauen. Die Kritiker sehen das alles allerdings nicht so rosig. SPD und Teile der Grünen Liste Hirschberg beispielsweise finden zehn Hektar zu viel und hätten fünf Hektar mitgetragen. Und die BI kritisiert, dass nur über Einnahmen und nicht über (Folge-)kosten und schon gar nicht über Erträge (Einnahmen abzüglich Kosten) geredet wird. Die Bürgerinitiative hebt auch immer wieder die Bedeutung des Bodens hervor, etwa als Speicher für Kohlendioxid, als Lebensraum für verschiedenste Organismen oder für die Ernährung der Menschen. Hört man sich in der Gemeinde um, so sind die Menschen geteilter Meinung. Es bleibt also spannend, wofür sich die Bürger am 14. März entscheiden.