Von Annette Steininger
Hirschberg. Christian Würz hat 2019 für das Bürgermeisteramt kandidiert und knapp gegen Ralf Gänshirt verloren. Im RNZ-Interview erzählt der CDU-Fraktionsvorsitzende, wie er heute damit umgeht. Außerdem wirft er einen Blick in die Glaskugel und verrät, welche Themen die CDU 2021 bewegen werden. Auch über das, was ihm am Wahlkampf für den Bürgerentscheid missfällt und was ihm an der Sitzungskultur des Kreistags so gut gefällt, spricht er im Interview.
Herr Würz, wünschen Sie sich heute manchmal noch, Sie würden bei Gemeinderatssitzungen nicht an der Seite, sondern vorne auf dem Bürgermeister-Stuhl sitzen?
(lacht) Ich überlege schon mal, wie ich bei einem Thema handeln würde, säße ich jetzt auf diesem Stuhl. Aber so, wie es jetzt ist, ist es gut.
Wie zufrieden ist denn die CDU mit der Arbeit von Bürgermeister Ralf Gänshirt?
Wir sind im Großen und Ganzen zufrieden. Es gab natürlich mal den einen oder anderen Schwerpunkt, den wir verdeutlicht haben und bei dem wir uns gewünscht hätten, dass er mehr Fahrt aufnimmt. Daher haben wir auch einige Anträge eingebracht. Wir haben aber natürlich auch Verständnis dafür, dass die Verwaltung aufgrund der Corona-Pandemie nicht alles so zügig bearbeiten konnte.
Dennoch haben die Christdemokraten bei der Ortsumgehung Druck gemacht. Unter anderem gab es einen gemeinsamen Antrag mit Freien Wählern, FDP und SPD, dass die Verwaltung Gespräche über mögliche Förderungen mit dem Regierungspräsidium führen soll. War der Druck erforderlich?
Auf jeden Fall war der Druck erforderlich. Die Ortsrandstraße ist eines der wichtigsten Themen für die Gemeinde. Daher hat die CDU auch das Gespräch mit dem Verkehrsministerium gesucht, um die verschiedenen Möglichkeiten auszuloten. Das Thema beschäftigt uns seit Jahrzehnten, und wir brauchen jetzt endlich mal Klarheit. Daher haben wir auch den Auftrag an die Verwaltung weitergegeben. Wir wissen inzwischen, dass das Gespräch mit dem Regierungspräsidium stattgefunden hat. Über Einzelheiten wurden wir noch nicht informiert. Wir hoffen, dass wir spätestens nach dem Bürgerentscheid am 14. März zur Gewerbegebietserweiterung Klarheit bekommen.
Seit jeher gibt es auch kritische Stimmen zur Ortsumgehung unter den Christdemokraten. Können Sie das verstehen?
Ja, natürlich. Wir haben dadurch nun mal einen notwendigen Flächenverbrauch. Das "Zerschneiden der Landschaft" halte ich aber für kein Argument. Natürlich wird es auch Anbindungen an die Ortsumgehung geben, aber ohne diese würden wir ja auch keine Entlastung für den Ort hinbekommen. Etwas anderes wäre es, wenn wir die Landschaft überbauen müssten, aber ich denke, wir werden es gut niveaugleich hinbekommen, die Problematik Landgraben mal ausgeklammert. In den CDU-Kreisen herrscht aber schon Einigkeit über die Notwendigkeit dieser Straße.
Für manchen überraschend hat die Hallenkommission Pläne für ein Bürgerhaus präsentiert, einen lang gehegten Wunsch vieler Vereine. Wie steht denn die CDU dazu?
Die CDU erkennt diesen Bedarf an, den viele Vereine und Kulturschaffende sehen. Ich denke, die Gemeinderatsentscheidung vom Dezember ist eine klare Absichtserklärung für das Bürgerhaus. Allerdings muss es in einem Prozess realisiert werden; es wäre falsch, es jetzt in einem Zug mit den Hallensanierungen zu machen. Dafür fehlt uns einfach das Geld. Das Ganze muss erst einmal richtig aufgearbeitet werden, ähnlich wie bei den Hallen mit einer Beteiligung aller Betroffenen. Auch darüber, ob der Standort an der Heinrich-Beck-Halle ideal wäre oder vielleicht doch ein anderer in Frage käme, muss erörtert werden.
Was für Standorte kämen aus Ihrer Sicht denn noch in Frage?
Der Schulpavillon bei der Martin-Stöhr-Schule wird ja frei, wenn die Kindergärten ihn als Ausweichort nicht mehr benötigen. Dieser wäre vielleicht auch als Standort denkbar. Oder aber im Bereich der Schillerschule. Das muss alles in Ruhe besprochen werden. Einen Schnellschuss zu machen, wäre fatal.
Jetzt ist aber die Haushaltslage doch sehr angespannt. Wo sieht Ihre Fraktion noch Einsparpotenziale?
Das ist eine schwierige Frage. Einsparpotenziale sehe ich höchstens im kleinen Bereich. Wir können ja nicht einfach sagen, wir investieren jetzt nicht mehr in die Hallen, Schulen oder in die Kindergärten – das sind ja alles notwendige Investitionen. Und wir können auch schlecht die Spielplätze einfach so lassen, wie sie sind. Vielleicht könnten wir noch etwas bei den Leistungen der Gemeinde ansetzen, damit dort kostendeckender gearbeitet wird. Ähnlich wie wir es bei den Friedhofsgebühren gemacht haben. Eventuell müssen wir irgendwann auch die Hebesätze für Gewerbe-und Grundsteuer erneut moderat und in kleinen Schritten anheben. Das wollen wir eigentlich nicht, aber der Bürgerentscheid am 14. März könnte uns für die nächsten drei Jahre auf null setzen (wenn der Aufstellungsbeschluss für die Gewerbeparkserweiterung dadurch aufgehoben wird, darf die Gemeinde drei Jahre lang keinen neuen Beschluss fassen, Anm. d. Red.).
Sie sprechen es an: Einer der Gründe, warum sich die CDU für die Gewerbeparkserweiterung um zehn Hektar ausspricht, ist ja, weil sie sich dadurch Mehreinnahmen für die Gemeinde erhofft. Jetzt bemängeln aber Kritiker wie die BI "Bürgerbegehren Hirschberg", dass nur wenig von den Steuereinnahmen tatsächlich bei der Gemeinde hängen bleibt. Also ein falsches Argument?
Nein, es ist ein richtiges Argument. Es ist belegbar, dass von der Gewerbesteuer 28 Prozent bei der Gemeinde verbleiben. Aber das ist noch nicht alles: Wir profitieren auch von der Grund- oder der Umsatzsteuer, die über die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommune fließen. Und natürlich durch die Arbeitsplätze, die in einem neuen Gewerbegebiet entstehen würden. Nur so bleiben wir attraktiv für Unternehmen, aber auch für Bürger, die sich hier niederlassen wollen. Es ist einfach nicht richtig von der Grünen Liste Hirschberg und der Bürgerinitiative Bürgerbegehren, alles auf maximal 20 Prozent Gewinn zu reduzieren.
Wie will denn die CDU auf Ihr Anliegen pro Erweiterung in der Corona-Zeit aufmerksam machen?
Wir haben gemeinsam mit den anderen "Nein"-Fraktionen, also denjenigen, die gegen eine Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses sind, unsere Argumente für die Informationsbroschüre zum Bürgerentscheid formuliert. Dabei ist das gar nicht unser Metier: Wir sind eigentlich keine "Nein-Fraktion" (lacht). Wir werden auch mit Unternehmen wie Goldbeck sprechen, die hier am Standort Hirschberg zufrieden sind, und darüber berichten. Auch Flyer-Aktionen sind geplant. Außerdem haben wir vor, digital etwas zu machen, und, je nachdem wie es die Pandemie-Lage zulässt, zu mindestens einer Präsenz-Veranstaltung einzuladen. Ich habe aber schon jetzt Bedenken hinsichtlich des Wahlkampfes.
Was sorgt Sie denn diesbezüglich?
Ich habe große Bedenken, dass ein Stück weit unser Demokratieverständnis in Gefahr ist. Wenn die Grüne Liste Hirschberg Mehrheitsentscheidungen infrage stellt, dann sehe ich das als Angriff auf die Demokratie. Der Gemeinderat ist ein gewähltes Organ, der Entscheidungen zum Wohle der Bürger trifft. Und Mehrheitsentscheidungen wie der Aufstellungsbeschluss für die Gewerbegebietserweiterung sind als solche zu akzeptieren. Man kann sie hinterfragen, sollte sie aber nicht infrage stellen. Die GLH hätte ja schließlich auch versuchen können, eine Mehrheit für ihre Forderung nach nur fünf Hektar Erweiterung zu finden. Hat sie aber nicht.
Was will die CDU-Fraktion 2021 erreichen?
Wir wollen die Erweiterung des Gewerbegebiets um zehn Hektar auf den Weg bringen, um auf der Einnahmenseite stabile Finanzen zu haben. Schließlich sehe ich beim Blick in die Glaskugel Investitionen im unteren zweistelligen Millionen-Bereich mittelfristig auf uns zukommen. Und wir wollen, dass die Bürger zufrieden sind mit dem, was die Gemeinde macht. Wir möchten, dass erste Schritte zur Sanierung der Hallen unternommen werden und dass klar ist, dass der Anbau an die Sachsenhalle kommt. Themen wie das Kulturhaus sollen auf den Weg gebracht werden. Und dann steht noch die Fertigstellung des evangelischen Kindergartens Leutershausen an. Dann sind wir eigentlich schon mit 2021 durch. Ich denke nicht, dass es aufgrund der Aufgabenfülle uns noch zeitlich reicht, auch das Neubaugebiet 2021 anzugehen, höchstens planungstechnisch. Wir sehen einen Standort hierfür am ehesten unterhalb der B3 in Leutershausen. Was wir aber 2021 noch erreichen möchten: Dass die Diskussionen wieder vermehrt am Ratstisch stattfinden.
Was würden Sie denn der Fraktionsarbeit der Hirschberger Christdemokraten 2020 für eine Note geben? Und warum?
Nach innen gebe ich uns eine Note eins, auch wenn ich da als Fraktionsvorsitzender etwas befangen bin. Wir haben es geschafft, uns gut gegenseitig zu unterstützen und zu informieren. Für unsere Arbeit im Gemeinderat gebe ich uns eine Zwei. Ich denke, wir haben gute Arbeit geleistet und einige Punkte vorangebracht wie bei der Ortsrandstraße. Außerdem haben wir den Bürgermeister bei einigen Dingen beraten. Auch in der Hallendiskussion hatten wir einen guten Konsens, auch mit der GLH. Umso überraschter war ich, als die Freien Wähler plötzlich mit einer vierten Halle ankamen. Aber das haben sie ja noch mal überdacht.
Sie sitzen ja für CDU auch im Kreistag. Finden dort die Hirschberger Anliegen Berücksichtigung?
Auf jeden Fall. Der Kreis senkt beispielsweise die Kreisumlage, um Kommunen wie Hirschberg in der aktuell schwierigen Situation zu entlasten. Auch der Standort der AVR-Anlage in der Gemeinde ist dem Kreis wichtig, was man daran sehen kann, dass sie ihn ausgebaut hat und dort inzwischen auch Anliefermöglichkeiten an Samstagen anbietet. Wo wir am Ball bleiben wollen, ist die Erweiterung der Samstagsöffnungszeiten. Was ebenfalls Hirschberg betrifft, ist die GRN-Klinik in Weinheim. Hier will sich die CDU für den Standort stark machen, vor allem vor dem Hintergrund der fusionierenden Uni-Kliniken Mannheim und Heidelberg. Da darf die GRN-Klinik nicht abgehängt werden. Die Versorgung in der Fläche muss gewährleistet bleiben.
Verbesserungsbedarf sehe ich tatsächlich in der Zusammenarbeit bei Verkehrsfragen. Zwar ist die Verkehrtstagefahrt ausgefallen, bei der wir normalerweise solche Dinge besprechen, aber man hätte sich ja auch über Fotos oder Videos austauschen können. Ich denke da an die Parksituation in der Breitgasse, an Markierungen für den Schulweg oder an Überwege. Was ich aber gerne vom Kreistag in den Gemeinderat von Hirschberg mitnehmen würde, ist die Sitzungskultur. Hier wird zeitlich und inhaltlich disziplinierter vorgegangen.