„Es ist ein sehr grünes Leitbild geworden“, fand Moderator und Dialog-Coach Harald Hofmann von „ergebnisDialog“ aus Viernheim bei der Vorstellung im Schloss in Neckarhausen. Foto: Pilz
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Im Jahr 2030 ist Edingen-Neckarhausen eine grüne Lunge inmitten eines Ballungsraumes, in der die Bevölkerung klimaneutral und in Respekt und Toleranz für- und miteinander lebt. Das ist nur ein kurzer Auszug aus dem Leitbild "Edingen-Neckarhausen 2030", das zum ersten Mal in der Doppelgemeinde erstellt und nun als 50-seitiges, von der Fotogruppe im Kultur- und Heimatbund bebildertes Heft im Schloss Neckarhausen präsentiert wurde.
Ein Leitbild ist kein starres Konzept, sondern es formuliert Ideen und Visionen: "Es soll für die kommunalpolitische Arbeit, für die Gemeinde und für die tägliche Arbeit der Verwaltung ein Leitfaden sein", sagte Bürgermeister Simon Michler eingangs. Fortschreibungen seien dabei notwendig. Zweimal jährlich soll der Gemeinderat im Agenda-Ausschuss darüber diskutieren und den Stand der Dinge abgleichen.
"Das Leitbild soll kein Papiertiger, sondern etwas Lebendiges sein", meinte Michler, der allen Beteiligten dankte. Es sei viel Arbeit an oft langen Abenden und bei durchaus auch hitzigen Diskussionen in das Werk geflossen, das die Umweltbeauftragte Vivien Müller federführend begleitete und mit strukturierte. Michler betonte zugleich, dass das Leitbild "Edingen-Neckarhausen 2030" ein Werk der Bürger sei – einzelne Verwaltungsmitarbeiter und Gemeinderäte waren passiv dabei, doch aus ihren Reihen flossen keine Zielformulierungen mit ein.
Start des Projekts war im Herbst 2017 mit einer Umfrage zur Lebensqualität in der Gemeinde als Stimmungsbild und zur ersten Ideensammlung. Diese Ergebnisse wurden beim Neujahrsempfang 2018 öffentlich präsentiert und alle Bürger aufgerufen, sich in der Zukunftswerkstatt einzubringen. Zeitgleich wurden die Bürger über die Medien informiert und weitere 100 zufällig über die Einwohnermeldeliste angeschrieben.
Letzten Endes waren es rund 50 Bürger, die über die gesamte Dauer am Prozess zur Entwicklung des Leitbildes dabeiblieben. Eine Quote von 0,7 Prozent. Wegen der eher geringen Teilnehmerzahl mussten anfangs mehrere Gruppen zusammengelegt werden. Es blieben vier, die insgesamt acht Themenfelder bearbeiteten. Die weitere Arbeit dauerte länger als zunächst gedacht.
Zwar wurde zehn Monate länger am Leitbild gearbeitet als vorgesehen, das ist aber noch lange kein Qualitätsmerkmal. Michler sagte, aus dem Leitbild ließen sich weitere Bürgerbefragungen entwickeln, zum Beispiel zu Baugebieten, Fragen zur Integration oder zur Verkehrsproblematik.
"Es ist ein sehr grünes Leitbild geworden", fand Moderator und Dialog-Coach Harald Hofmann von "ergebnisDialog" aus Viernheim. Ökologische Grundsätze beeinflussen demnach auch Bereiche wie Wirtschaft, Finanzen und Verkehr. Manchmal sei es aber schwierig gewesen, Ideen auf ihre Umsetzbarkeit auszuwählen.
Dass man durchaus mit Sachzwängen gehadert und um Visionen gekämpft habe, bestätigten anschließend die Moderatorinnen oder Vertreterinnen der vier Gruppen. "Bauen war ein großes Thema mit einem schwierigen Anfang. Die Stimmung war noch aufgeheizt durch den Bürgerentscheid zum Mittelgewann", sagte Stephanie Schöfer von "Bauen, Wohnen, Wirtschaft und Finanzen". Doch man habe sich zusammengerauft. Heute sei sie "happy", dass so viele aus der Gruppe hier seien.
Janine Tödling erklärte, die "Zwangsverheiratung mehrerer Gruppen" unter der Überschrift "Kultur, Freizeit, Soziales und Integration" sei letztlich richtig gewesen. Den Leitsatz "Edingen-Neckarhausen lebt durch ein Miteinander und Füreinander" habe man selbst gelebt. "Wir haben uns viele Gedanken über Werte gemacht. Dafür tragen wir alle Verantwortung, nicht allein der Gemeinderat oder die Verwaltung", betonte sie.
Kritischer nahm Heike Eckl ("Mobilität, Verkehr und Klimaschutz") den Leitbild-Prozess in den Blick. Man sei zur Einsicht gekommen, Ziele nicht zu erreichen. Von zeitweise 20 Teilnehmern seien am Ende noch ein bis drei übrig geblieben. Zeitvorgaben hätten Druck erzeugt.
Helga Frohoff zog ein positiveres Fazit. "Wir sind stolz darauf, die Arbeit in solidarischer Gesprächskultur geschafft zu haben", meinte sie. Und betonte: "Edingen-Neckarhausen soll grüner, schöner und ökologischer werden." Ihre Gruppe habe durch viele Beispiele "Fleisch" an die Leitsätze gegeben. "Freundschaften sind entstanden, wir haben unser Wissen erweitert und neue Interessen entdeckt. Die Arbeit hat uns beflügelt."
Info: Das Leitbild "Edingen-Neckarhausen 2030" liegt zur kostenlosen Mitnahme in den Rathäusern aus oder ist digital einsehbar auf der Homepage der Gemeinde unter www.edingen-neckarhausen.de.