Von Nicoline Pilz und Katharina Schröder
Edingen-Neckarhausen. 2020 – kein Jahr wie jedes andere. Edingen-Neckarhausen steuerte, so der Eindruck nach außen, ohne Panik durch die Krise, musste aber bei einigen Bauvorhaben Verzögerungen in Kauf nehmen. Die RNZ sprach mit Bürgermeister Simon Michler über das nun fast vergangene Jahr.
Herr Michler, wenn Sie das Jahr 2020 beschreiben müssten, welcher Begriff fällt Ihnen spontan als erster dazu ein?
Schwierige Frage. Sicherlich ein komisches Jahr, ein intensives Jahr für alle Menschen auf der Welt. Belastend und einschränkend. Anstrengend, weil man auf der einen Seite viele Aufgaben hat und auf der anderen Seite sehen muss, welche Besprechungen und Sitzungen in welcher Form möglich sind. Das einzig Gute in der Sache ist, es geht jedem so, jeder muss damit klarkommen. Wichtig ist, das Beste aus der Lage zu machen, die Situation so anzunehmen, wie sie eben ist.
Wie sind Ihrer Ansicht nach Verwaltung und Bürger durch das Krisenjahr gekommen?
Insgesamt sind wir bisher – aber wir sind ja noch mittendrin – meiner Meinung nach in jeder Hinsicht gut durchgekommen, ohne große Ausreißer. Nicht super positiv, aber auch nicht sehr negativ. Was die Zahl der Erkrankten angeht, ist sie noch im Rahmen. Den Mitarbeitern des Ordnungsamts fielen vermehrt Aufgaben rund um die Corona-Krise zu, sie hatten sehr viel zu tun. In finanzieller Hinsicht sind wir dankbar, dass es das Konjunkturpaket für die Kommunen gab. Zumindest was den Haushalt 2020 angeht, kommen wir ohne Nachtragshaushalt aus. Stand jetzt ist auch die Bevölkerung im Großen und Ganzen gut durchgekommen, wohlwissend, dass es Betriebe gibt, die sehr unter der Pandemie zu leiden haben. Aber ich habe bis jetzt keine Geschäftsschließungen oder Ähnliches mitbekommen. Zumindest noch nicht. Und wir tun alles im Rahmen unserer Möglichkeiten dafür, dass das so bleibt.
Wie sieht es da aufseiten der Vereine aus?
Ich kenne eigentlich nur gesunde Vereine, finanziell gut aufgestellt und mit aktiven Mitgliedern. Meines Wissens gibt es auch so gut wie keine Austritte bei den Vereinen. Dennoch fehlen teilweise bis zu fünfstellige Einnahmen durch die nicht stattgefundenen Feste, Vereinsveranstaltungen und Konzerte. Das konnte nur aufgefangen werden durch die gute Arbeit in den Vorjahren. Noch mal so ein Jahr wäre sicherlich sehr schwierig für einige Vereine. Aber sind wir mal optimistisch, dass es ab dem Frühjahr halbwegs normal weitergeht. Es gibt auch kreative Ideen wie zum Beispiel den auf Vereinsebene initiierten Gutschein-Block, der hoffentlich gut angenommen wird von der Bevölkerung. Der Gewinn hieraus wird an die Vereine ausgeschüttet. Das ist nur ein Beispiel von mehreren.
Die Fähre hat in diesem ersten Jahr unter kommunaler Flagge ein Minus eingefahren. Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz hatte zugesichert, in so einem Fall zu unterstützen. Gab es dazu schon Gespräche?
Wir rechnen im Januar, Februar ab, und dann gibt’s vermutlich eine Rechnung an die Stadt Ladenburg. Höchstwahrscheinlich mit einem Betrag von 25.000 Euro, das war ja von Stefan Schmutz sehr spontan zugesagt. Ich habe ihn jetzt nicht noch einmal darauf angesprochen, aber die Zusage steht. An einer Landesförderung sind wir auch noch dran.
Welche Auswirkungen wird das Corona-Jahr auf den Haushalt haben, welche Zahlen prägen den 2021er Haushaltsplan am meisten?
Manches ist nicht so schnell vorangekommen, wie wir es gerne gehabt hätten. Es lag aber nicht nur an Corona, denn allgemein ist bei Bebauungsplanverfahren vieles fremdgesteuert, was indirekt dann doch wieder mit Corona zu tun haben kann. Planer, Firmen und Ämter waren nicht immer so besetzt, dass Dinge wie gewohnt bearbeitet werden konnten. Dadurch sind einige geplante Einnahmen durch Grundstücksverkäufe in 2020 nicht gekommen. Letztlich ist der Haushalt 2021 nicht groß von Neuigkeiten geprägt. Enthalten ist der Abschluss des Kita-Neubaus "Neckar-Krotten" mit einem hohen Millionenbetrag, der Bau des Hebewerks Neckarhausen startet in Millionenhöhe ab Frühjahr 2021.
Es fällt einem im Haushaltsplan aber erst einmal ein Minus von sechs Millionen Euro ins Auge…
Das war letztes Jahr ähnlich. Ich habe auch schon mit meinen Ämtern darüber gesprochen, wie wir dabei realistischer arbeiten könnten, was aber nahezu unmöglich ist. Zum Beispiel haben wir bei der Pestalozzi-Schule für nächstes Jahr 500.000 Euro für die Sanierung veranschlagt. Aber vielleicht werden es auch nur 300.000 Euro. Das ist ganz schwer vorherzusagen. In dieser Art gibt es viele Projekte. Das Thema "Haushaltswahrheit", sprich, das, was im Haushalt steht, wird auch umgesetzt, ist wirklich ein Ziel, das uns intensiv in den Haushaltsplanberatungen im Januar beschäftigen wird. Fakt ist, im Moment ist ein Minus von sechs Millionen Euro vorhanden. Es ist aber derzeit ein reiner Verwaltungsentwurf mit noch wenig politischen Vorgaben auch von meiner Seite. Ich denke, wir können noch einiges herausstreichen, und ich gehe davon aus, dass sich der Haushalt 2021 noch verbessert. Das zeigt auch die Erfahrung aus den letzten Jahren. Außerdem rechnen wir mit Konjunkturprogrammen vom Land oder Bund, die aber noch nicht konkret sind. Insgesamt bin ich ein Stück weit gelassener geworden als noch vor zwei, drei Jahren.
Hat die Verzögerung einiger Projekte wie der Neubau der Kita "Neckar-Krotten", Schulsanierung Pestalozzi der Kunstrasenplatz oder das Baugebiet "Neckarhausen-Nord" Auswirkungen auf den Haushalt?
Ja insofern, als dass für dieses Jahr geplante Einnahmen erst 2021 kommen werden. Der Kunstrasenplatz ist soweit fertig, das war ein wichtiger Baustein, um Neckarhausen-Nord zu starten. Mit den Hundesportvereinen sind wir in den letzten Zügen und werden bei den Haushaltsberatungen im Januar darüber sprechen, was wir planerisch genau machen. Auf jeden Fall weg von Neckarhausen Nord, damit wir dort den zweiten Abschnitt starten können. Bei den Fußballvereinen brauchen wir noch zwei, drei Arbeitssitzungen, das hatte sich jetzt doch etwas verschoben, weil wir erst mit den Hundesportlern einen Knopf dranmachen wollten.
Die Gemeinde Edingen-Neckarhausen hat 2020 die Fähre übernommen. Im ersten Jahr unter kommunaler Flagge hat sie ein Minus eingefahren. Die Gemeinde rechnet mit Unterstützung aus der Nachbarstadt Ladenburg. Foto: Pilz.Ist jetzt klar, wo der Hundesport hinkommen soll?
Ja, wie im Rahmen des Gewerbegebiets besprochen, ist eigentlich vorgesehen, den Hundesport auf die Streuobstwiese am Sport- und Freizeitzentrum anzusiedeln. Das ist auch der Wunsch der beiden Hundesportvereine. Einige Details sind noch zu klären, aber wir können dann die entsprechenden Finanzmittel bereitstellen. Das wird sich aber bis 2022 ziehen, wir brauchen zunächst das Baurecht.
Was heißt "entsprechende Finanzmittel" – bekommt der Hundesport dann noch ein Vereinshäuschen?
Ja, das haben die Vereine uns plausibel klargemacht, dass ein Funktionsgebäude dazugehört. Das wird sich im Haushalt wiederfinden. Haushälterisch ist von Nachteil, dass wir in Vorlage gehen müssen und die Einnahmen aus "Neckarhausen-Nord" erst später fließen. Das relativiert den Haushalt auf drei bis fünf Jahre wieder.
Wie sieht es denn aus mit dem geplanten Radschnellweg?
Hier geht mein Lob an das Land und an die Firma, die das betreut, denn wir sind im guten Austausch. Das läuft jetzt so, wie wir uns das vorstellen. Die Trassenführung verläuft eben nicht durch die Goethestraße, sondern auf der anderen Seite der Gleise, auf der es allerdings auch neuralgische Punkte gibt, die man besprechen muss. Wir sind im Boot und kooperieren, wenn das Land Unterstützung benötigt. Soweit ich weiß, wird es keine großen baulichen Veränderungen im Sinne von Unterführungen oder Brücken geben, weil das zu viel Geld kostet. Aber wir achten stark darauf, dass es gerade bei den Straßenquerungen keine Verschlechterungen gibt.
Gibt es Neues zum sogenannten Spielplatz in der Lilienstraße in Neu-Edingen und zum Fährhäuschen in Neckarhausen?
Beim Spielplatz sind die Fakten soweit auf dem Tisch, mit den Anwohnern bin ich in Kontakt. Wir könnten einen Acker in Feldrandlage mit großer Fläche von 3000 Quadratmetern kaufen und dort einen schönen Spielplatz und auch Biotope realisieren. Die bisherige Wiese ließe sich für drei Reihenhäuser auflösen, dann wäre das auch gegenfinanziert. Es gibt drei Varianten. Eine Möglichkeit ist, überhaupt nichts zu machen, die zweite, zwei Doppelhäuser und einen kleinen, feinen Spielplatz zu realisieren, was zunächst die Grundidee war, die dritte, den Acker zu nehmen für einen bis zu 1000 Quadratmeter großen Spielplatz. Wir werden das im Rahmen der Haushaltsberatungen diskutieren. Es sind ganz interessante Varianten, die auf dem Tisch liegen. Bevor wir etwas umsetzen, wollen wir im Frühjahr, soweit es wegen Corona möglich ist, vor Ort mit den Anwohnern sprechen, was sie sich vorstellen. Eine Entscheidung soll bis April/Mai nächstes Jahr fallen.
Und das Fährhäuschen?
Klar ist, unter 500 000 Euro wird man nicht viel hinbekommen. Dieses Geld haben wir nicht als Gemeinde. Da sehe ich eher eine Option über einen Investor, den es möglicherweise gibt. Wir haben da lose Gespräche geführt. Das muss man dann mit dem Gemeinderat besprechen. Über den Antrag von CDU und SPD für ein Sanierungskonzept können wir gerne reden. Also: Generell kann man etwas machen, aber erst brauchen wir jemanden, der Geld und auch eine Umsetzungsidee hat, ohne den Neckarhäusern, und das ist mir sehr wichtig, ihr Fährhäusel zu nehmen. Es muss in den Händen der Gemeinde bleiben. Ein Modell auf Erbpacht mit kleiner Gastronomie wäre mein Wunsch.
Sie waren ja kein Freund von der Optik der Kita "Neckar-Krotten", sind Sie mittlerweile zufrieden mit dem Neubau?
"Kein Freund" würde ich jetzt nicht sagen. Mir ging es einfach um die Kosten. Die Kita "Martin-Luther" war vom Verhältnis Preis-Leistung sehr gut. Rein wirtschaftlich wäre es wahrscheinlich günstiger gegangen, aber klar ist, dass wir jetzt einen super Kindergarten bauen. In ganz kleinem Rahmen hatten wir vor ein paar Wochen Richtfest, dabei konnte ich mir auch innen ein Bild machen. Und das sah schon toll aus. Das wird ein hervorragender Kindergarten nach neusten Standards. Also, ich bin begeistert, nur finanziell wäre es wohl günstiger gegangen, aber diese Entscheidung ist vorbei.