Inzwischen gänzlich durchtrennt von der Autobahn 656: der jüngste Ortsteil Neu-Edingen. Die Gemarkungsgrenze nach Friedrichsfeld verläuft recht diffus und ist in manchen Straßen kaum zu erkennen. Repro: Kraus-Vierling
Von Stephan Kraus-Vierling
Edingen-Neckarhausen. "Mannheim will sich lediglich in den Besitz von ‚Neu Edingen‘ bringen und sonst gar nichts." So stellte es Edingens Bürgermeister Georg Friedrich Reinle im März 1931 in einem Brief an den Verband badischer Gemeinden fest. Unverblümt beklagte Reinle, dass man hierfür seitens der Landesregierung der Quadratestadt einseitig Versprechungen gemacht habe, ohne an die Auswirkungen für Edingen zu denken. Doch war dieser Gebietsteil schon energisch umkämpft, bevor er überhaupt Neu-Edingen hieß. Um diesen jüngsten Ortsteil geht es im letzten Beitrag der Trilogie über die Ortsteile Edingen-Neckarhausens.
Ein Blick auf die Anfänge: Wie in Ralf Fetzers "Edingen"-Chronik von 2008 zu lesen ist, hing die Entstehung dieses Trabanten mit Wohnen, Industrie und Gewerbe, zwei Kilometer weg vom Mutterort, aber direkt an Friedrichsfeld grenzend, mit dem Main-Neckar-Bahnhof zusammen. Eine gute Gleisanbindung war früher ein Wirtschaftsmagnet wie heute die Autobahnanschlüsse. Dass 1890 die "Badische Tonröhrenfabrik A.G." (später "Steinzeug", heute "Friatec") an der Bahnlinie bei Friedrichsfeld, aber auf Gemarkung Seckenheims gegründet wurde, bescherte Letzterem die Gewerbesteuern. Friedrichsfeld, als Wohnort des Großteils der Belegschaft, kämpfte mehrmals vergeblich um eine Abtretung des Fabrikgeländes. Der zweite Antrag an Badens Regierung schloss auch jenen Edinger Gemarkungsteil ein, auf dem nah beim Bahnhof Wohnbebauung eingesetzt hatte. Wenig später wurde der heutige Nord-Bahnhof auf Edinger Fläche gebaut.
"Die Bedürfnisse der Bewohner jener Häuser werden in Friedrichsfeld gedeckt und die Kinder besuchen die Schule letzteren Orts", heißt es in einem Protokoll von 1908. Hauptargument der "Neudörfler" aber war ihre nur 225 Hektar kleine Gemarkung, bei schon 3325 Einwohnern im Jahr 1910. Edingen zählte da erst 2522 Seelen, bei fast viermal so großer Fläche. Allerdings gehörte ja einst, wie Fetzer erinnert, ein Großteil von Friedrichsfelds Gemarkung den Edingern. Dass sie ihn zur Gründung des Hugenottendorfs 1682 hatten abtreten müssen, führten sie dann jedoch im Gebietsstreit vor dem Ersten Weltkrieg und noch einmal Mitte der 1920er-Jahre offenbar nicht für sich ins Feld.
Wenig später wurden Seckenheim und Friedrichsfeld nach Mannheim eingemeindet. Auch in Edingen hofften in dieser schweren Zeit sicher viele Einwohner auf den Segen städtischer Stärke. So hatte Bürgermeister Reinle schon 1926 vom Landtag gefordert, wenn schon, dann "kein Flickwerk, sondern etwas Ganzes" zu schaffen. "Und dieses Ganze kann nur Groß-Mannheim heißen." Da sich die Stadt dann aber wie erwähnt nur das wirtschaftliche Filetstück Neu-Edingen einverleiben wollte, protestierten Reinle, Gemeinderat und Bürgerausschuss entschieden – und das mit Erfolg. Anfang der 1970er-Jahre schlossen die Erweiterungsabsichten Mannheims erneut Neu-Edingen ein. Die Eingemeindung abzublocken, war auf Edinger Seite Hauptargument für das Ja zur Doppelgemeinde. Später gelang es, den Gebietsteil unter Edingen-Neckarhausen ins Telefonbuch zu bekommen; die Mannheimer Vorwahl aber blieb bis heute.
Ebenso die Friedrichsfeld-Orientierung vieler Neu-Edinger. Die Siedlung wuchs zwar nach dem Zweiten Weltkrieg rasch. Aber bis heute hat Neu-Edingen weder Kindergarten noch Schule, keine Kirchen oder Gemeindehäuser und keine eigenen Vereine. Jahrzehntelang gab es eine kommunale Bürgersprechstunde in der Bahnhofgaststätte. Doch auch diese wurde schließlich mangels Nachfrage eingestellt. Neue Aktualität bekam das Thema fehlenden öffentlichen Raumes und Lebens zuletzt durch die Diskussion um die Grünfläche Ecke Lilienstraße. In den 1980er- und 1990er-Jahren wurde dort das "Lilienstraßen-Fest" gefeiert. Bernhard Jung hatte es initiiert, um mehr Begegnung zwischen den Einwohnern zu schaffen. Im Rahmen der Diskussion griff OGL-Gemeinderätin Birgit Jänicke das Problem eines fehlenden öffentlichen Platzes in Neu-Edingen auf. Dass die Gemarkungsgrenze teils recht diffus verläuft, etwa in der Trautenfeldstraße quer zwischen den Häusern durch, macht es so manchem schwer. So wurde auch schon vor Mannheimer OB-Wahlen versehentlich auf Neu-Edinger Terrain plakatiert, und umgekehrt.