Bürgermeister Simon Michler

"Großen Ärger gab es Gott sei Dank nicht"

Michler blickt auf 2018 zurück: Zukunftswerkstatt stellt ihr Leitbild für 2030 im Februar vor

11.12.2018 UPDATE: 12.12.2018 06:00 Uhr 5 Minuten, 58 Sekunden

Neben den Feierlichkeiten zum Partnerschaftsjubiläum war vor allem die Einweihung der Fischkinderstube prägend für das kommunalpolitische Jahr 2018. Vierzehn Jahre lang hatte die Gemeinde an dem Projekt gearbeitet - von den ersten Plänen bis zur Eröffnungsfeier. Foto: Pilz

Von Nicoline Pilz

Edingen-Neckarhausen. Zusammen feiern, zusammen streiten, zusammen arbeiten: Das Jahr 2018 stand in Edingen-Neckarhausen ganz im Zeichen der Festwoche zum Partnerschaftsjubiläum und der Einweihung der Fischkinderstube. Große Projekte und viele Entscheidungen die dafür getroffen werden mussten. Zum Beispiel die Anschaffung eines Luftkissenboots für die Feuerwehr - nach langen Debatten. Die RNZ hat mit Bürgermeister Simon Michler über die Herausforderungen des zurückliegenden Jahres gesprochen.

Bürgermeister Simon Michler. Foto: Pilz

Herr Michler, gute Nachrichten sind nicht nur in der Vorweihnachtszeit wichtig. Was war in beruflicher Hinsicht Ihr absolutes "Highlight 2018"?

Es gab einige wichtige Projekte. Zum Beispiel die feierliche Einweihung der Fischkinderstube im Juni bei bestem Wetter. Kommunalpolitisch bedeutsam war auch die Fertigstellung und der Bezug der "Wohnanlage am Nussbaum" für knapp 100 Personen. Dadurch läuft die Integrationsarbeit noch besser, weil die Rahmenbedingungen passen. Wir haben dort ein Gemeinschaftshaus, einen Integrationsmanager und Hausmeister vor Ort. Das waren zwei große Projekte, die 2018 fertig wurden. Und nicht zuletzt haben wir im August eine absolut würdige Festwoche zum 50-jährigen Bestehen der Partnerschaft mit Plouguerneau bei uns gefeiert.

Um der Ausgewogenheit willen: Was war Ihr größtes Ärgernis in diesem Jahr?

Großen Ärger gab es Gott sei dank nicht. Manchmal hatten wir strittige Diskussionen, zum Beispiel über die Einsetzstelle für das Feuerwehrboot. Aber diese Debatten waren zugleich auch ein Beweis dafür, dass es sich lohnt, in der Sache zu streiten, um am Ende gute Lösungen zu finden.

Das Thema "Bauen und Wohnen" nahm 2018 großen Raum ein. Wie schwierig ist es, Wohnraum zu schaffen, wenn die Nachbarn das nicht wollen?

Das ist eine der größten Herausforderungen für die Zukunft. Bauland bereitzustellen, ist eine kommunale Aufgabe und die Nachfrage ist nicht nur bei uns sehr hoch. Deshalb müssen wir begonnene Maßnahmen fortführen. Dabei geht es jetzt erst einmal konkret und zeitnah um kleinere Gebiete wie das Tennisgelände in Edingen oder die Wiese gegenüber der Bäko. Nach der Kommunalwahl müssen wir überlegen, wo wir weitere Flächen bereitstellen können. Die Innenentwicklung ist begrenzt, deshalb müssen wir über eine Außenentwicklung sprechen. Noch gilt der alte Flächennutzungsplan, der neue ist noch nicht rechtskräftig. Doch haben wir damit eine gute Grundlage und Steckbriefe zu den einzelnen Baugebieten, über die wir diskutieren müssen. Ach ja, die Abstimmung über den Flächennutzungsplan war eigentlich ein Ärgernis: Ich hatte ja stark für einen Kompromiss geworben und bin bei der überraschenden Abstimmung knapp überstimmt worden. Aber das gehört zur Demokratie und wir können damit auch arbeiten.

Aber das Mittelgewann ist tabu? Sie haben ja gesagt, in Ihrer Amtszeit packen Sie das Thema nicht mehr an.

Das Mittelgewann haben wir klar zurückgestellt. Und durch den Bürgerentscheid ist es sowieso blockiert. Das Ganze bedeutet immer einen Spagat zwischen der Nachfrage und den berechtigten Anliegen der Anwohner. Wir müssen die Bürger bei Entscheidungen einbeziehen und mitnehmen. Am Beispiel der Wohnanlage sieht man, dass bei großen Entscheidungen im Gemeinderat Einstimmigkeit oder große Mehrheiten sowie gute Begründungen sehr wichtig sind. Hinter der Wohnanlage am Nussbaum stand ein einstimmiger Beschluss und wir haben das gut hinbekommen. Jetzt soll der Gemeinderat noch beim Tennisgelände überzeugt werden, wie gebaut wird. Manche Entscheidungen dauern oft länger, aber letztlich ist es das wert, dass länger diskutiert wird.

Professor Sparwasser hat der Kommune ein "baulandpolitisches Konzept" vorgeschlagen. Gehört hat man davon nichts mehr. Kommt da noch was nach?

Wir werden nächstes Jahr darüber reden. Im Moment gibt es nichts Konkretes. Der Flächennutzungsplan ist auch ein Konzept. Die Einbeziehung der Bürger ist das Wichtigste. Ausschließen will ich das nicht, aber unser Fokus liegt gerade nicht darauf.

Recht ruhig geworden ist es auch um die Zukunftswerkstatt, die in verschiedenen Arbeitsgruppen das Leitbild "Edingen-Neckarhausen 2030" entwickelt. Sollten die Ergebnisse nicht bereits im Herbst präsentiert werden?

Bürgerbeteiligung hat manchmal auch ihre Probleme, das haben wir in der Steuerungsgruppe bemerkt. Das Ganze wird noch etwas dauern, denn bei dem Erstentwurf, den die vier Gruppen erarbeitet hatten, gibt es noch viel Beratungsbedarf. Eigentlich sollten die Ergebnisse spätestens beim Neujahrsempfang Mitte Januar präsentiert werden. Aber das werden wir nicht schaffen.

Liegt die Verzögerung daran, dass sich in der Arbeitsgruppe "Bauen und Wohnen" Gegner und Befürworter im Streit um das Mittelgewann unversöhnlich gegenübersitzen sollen?

Wir haben insgesamt vier Arbeitsgruppen und die haben sehr unterschiedlich gearbeitet. Eine ging sehr ins Detail. So sollten künftig nur noch Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Das geht aber nicht. Sonst könnten wir beispielsweise das einstimmig im Gemeinderat beschlossene Baugebiet Neckarhausen-Nord nicht zum "Wohngebiet für alle" entwickeln. Fraglos ist das eine sehr engagierte Arbeitsgruppe. Dennoch stehen hier zu viele Details, die nicht ins Leitbild gehören. In anderen Arbeitsgruppen fehlt es an Leuten, die sich beteiligen wollen, sodass manche Themen, zum Beispiel "Finanzen", noch nicht behandelt wurden. Vorbildlich ist andererseits die Arbeitsgruppe "Kultur und Soziales". Unterm Strich brauchen drei von vier Gruppen noch Zeit, und jetzt ist vor allem der externe Moderator gefragt, um die Gruppen zusammenzuführen und manche Streitigkeiten zu beenden. Wir haben daher die Frist bis Ende Februar verlängert, um am Schluss ein ausgewogenes Ergebnis vorstellen zu können. Der Prozess zeigt, dass es nicht so einfach ist, Kompromisse zu finden.

Wie geht es bei den Haushaltsberatungen weiter? In der Sitzung des Verwaltungsausschusses machten die Gemeinderäte einen recht unglücklichen Eindruck, weil ihnen für die Folgejahre belastbare Zahlen fehlten.

Wir können in der Novembersitzung lediglich einen Zwischenstand präsentieren. Der Planentwurf mit belastbaren Zahlen wird im Januar vorliegen. Das war in den vergangenen Jahren nichts anders. Im nächsten Jahr und in den Folgejahren sind große Investitionen vorgesehen und die Beschlüsse hierfür liegen ja vor. Wir müssen in die Kinderbetreuung investieren, Kindergärten sanieren und im Gemeindepark eine neue Kita bauen. Außerdem steht die Teilsanierung des Schulgebäudes in Edingen an. Unser Vermögenshaushalt sieht entsprechend aus. Im Verwaltungshaushalt spiegeln sich Tariferhöhungen und Stellenbesetzungen, beispielsweise im Hort, wider.

Die Umstellung auf das neue Buchhaltungssystem Doppik bringe zunächst gewisse Unwägbarkeiten mit sich, hieß es aus der Kämmerei. Was bedeutet das konkret für die nächsten Haushalte?

"Unwägbarkeiten" ist vielleicht nicht der richtige Begriff. Die Umstellung erfordert allerdings ein Umdenken, da die Haushalte 2019 und 2020 aufgrund unterschiedlicher Darstellungen nicht vergleichbar sein werden. Nächstes Jahr starten wir früher mit den Beratungen zum Haushalt, damit wir den Haushalt 2020 rechtzeitig vorlegen können. In der Zwischenzeit finden Schulungen für die Gemeinderäte statt. Das ist für uns alle eine Umstellung, auch für mich. Was das Ganze im Detail für Auswirkungen hat, muss man sehen.

Anderes Thema: Der Nabu will von der Gemeinde eine Fläche pachten, um ökologische Landwirtschaft zu betreiben. Können Sie der Ortsgruppe diesen Wunsch erfüllen, ohne die Landwirte zu verärgern?

Wir haben den Nabu und die Landwirte ins Rathaus zu einem Gespräch einladen. Es bringt nichts, das Thema in der öffentlichen Diskussion zu behandeln. Das Ansinnen des Nabu ist verständlich, wir wollen aber auch die Landwirte anhören und haben deshalb im Januar einen Runden Tisch anberaumt.

Beim Beteiligungsprozess "Bürger im Plan" kam die Forderung nach schnellem Internet auf. Wie weit ist man denn da in Edingen-Neckarhausen?

Wir sind ja Teil des Zweckverbands "Fibernet", den der Rhein-Neckar-Kreis zum Ausbau von Highspeed-Internet im Landkreis initiiert hat. Auf der Prioritätenliste des Zweckverbands stehen wir nicht ganz oben, weil andere Kommunen noch höheren Bedarf haben. Mit der Vectoring Technologie der Telekom sind wir aber ganz gut aufgestellt und für die nächsten fünf Jahre damit zufrieden. Letztlich brauchen wir aber eine große Lösung, vor allem für das Gewerbegebiet. In Neckarhausen hat sich die Lage verbessert, der Druck ist etwas gemildert. Die Digitalisierung ist ja ein bundesweites Thema, der Wunsch nach schnellerem Internet betrifft viele Kommunen.

Einige Bürger wünschen sich auch eine Belebung des Edinger Ortskerns. Sehen Sie da auch Bedarf?

Da ist immer Bedarf, vor allem in Zeiten, in denen ein Metzger in Edingen und eine Gaststätte in Neckarhausen aufhören, weil es an Nachfolgern fehlt. Beide Geschäfte waren immer gut frequentiert. In der "Kutscherstube" in Neckarhausen ist jetzt eine Kinderbetreuung untergebracht, das ist immerhin eine gute Lösung. Wir wollen die Selbstständigen am Ort stärken, es darf nicht abwärts gehen. Für ein Café im Ortskern von Edingen fehlt uns leider derzeit ein Gebäude oder ein Betreiber. Dass wir hingegen das Bistro im Freizeitbad in Neckarhausen so gut neu besetzen konnten, freut uns, denn es läuft hervorragend. Für Edingen müssen wir sehen, was wir tun können. Neues hinzubekommen, ist schwer.

Wie geht es denn nun weiter mit den Vorschlägen aus "Bürger im Plan"?

Von den Vorschlägen, die 2017 eingereicht wurden, haben wir einiges abgearbeitet. Jetzt werden wir eine neue Zusammenstellung der Maßnahmen und deren Kosten vorlegen. Dabei geht es darum, zu entscheiden, was priorisiert werden soll und was gar nicht geht. Zum Beispiel werden wir keinen Rundweg entlang der Fischkinderstube anlegen. Das ist vom Zuschussgeber, dem Land, so auch gar nicht gewollt. Das Thema "Verkehrssicherheit" wurde mehrfach genannt. Hier haben wir bereits die Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen und Elternbeiräten intensiviert und teilweise für Verbesserungen - zunächst in Edingen - gesorgt. Was das Aufstellen eines "Blitzers" betrifft, so dürfen wir das als Kommune überhaupt nicht. Ein anderer größerer Punkt sind unsere Spielplätze. Wir werden vorschlagen, die bisherigen Haushaltsmittel etwas zu erhöhen, um Spielgeräte zu erneuern. Hier wurden manche Dinge aufgeschoben, was Eltern kritisiert haben. Insgesamt wird jeder Vorschlag von "Bürger im Plan" besprochen und im Januar werden wir dann dazu eine entsprechende Liste vorlegen.

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