Das, was andere wegwerfen würden, ist für Jessen Oestergaard (l.) Basis seiner Schwarz-Weiß-Fotografie. Cesare Marcotto hat sich "Erdfarben" und Plastiken verschrieben. Foto: Kreutzer
Von Anja Stepic
Hirschberg-Leutershausen. Mit Jessen Oestergaard und Cesare Marcotto präsentieren sich ab Freitag zwei hochsensible Künstler in der Rathaus-Galerie. "Die Natur erzählt - Die Farbe ist" - ein Ausstellungstitel, der ganz bewusst Raum lässt für das, was jeder Betrachter für sich mit den Werken macht. Das, was andere wegwerfen würden, ist für Oestergaard zur Basis seiner eindrucksvollen "Schwarz-Weiß-Naturfotografie" geworden. 2011 erstand er eine alte Polaroid-Kamera auf dem Flohmarkt und erlebte mit ihr und zahlreichen Kameramodellen, die folgen sollten, "eine Rückkehr zum Urverständnis der Fotografie".
Dabei ist es nicht das belichtete Foto, das ihn interessiert, sondern das latente Negativ, das sich in der Chemieschicht des Trennfilms bildet. In der Folie also, die nach der Entwicklungszeit abgezogen wird und üblicherweise achtlos im Müll verschwindet. "Dieses Chemiebild hat einen ganz anderen Charakter als das Originalbild", erklärt der Künstler. Hier ergeben sich Lichtfelder und Störungen - gewollte, aber nicht planbare Effekte, die dem Bild einen speziellen, meditativen Charakter verleihen. "Ich verändere das Bild nicht, ich lasse es einfach passieren", sagt der Künstler und staunt immer neu über den "poetischen Raum des Sehens", der sich ihm eröffnet. Manchmal erweitert er diesen Raum aber auch durch den Abdruck der eigenen Finger, von Pflanzenteilen oder anderen Objekten. Oestergaards Motive sind der Rhein bei Speyer, der Botanische Garten in Straßburg oder die Seenlandschaft Brandenburgs. Hier sucht Oestergaard jene "Direktheit des Moments", an der er seine Sinne wieder neu justieren kann.
Kennengelernt haben sich Oestergaard und sein Ausstellungspartner Cesare Marcotto erst beim Hängen ihrer Bilder. Dabei haben sie selbst den erstaunlichen Dialog gefühlt, den ihre Arbeiten nach weiser Voraussicht des Kulturfördervereinsvorsitzenden Karl Heinz Treiber miteinander eingehen würden. Marcottos Farben sind "Erdfarben" - natürlich vorkommende Pigmente, die durch das Mahlen von Steinen und Mineralien gewonnen werden. Überraschend dabei sind die zarten transparenten Pastelltöne, die sich durch all seine Bilder ziehen. Es ist die Zärtlichkeit in diesen Farbtönen, die Marcotto so liebt.
"Die Steine werden gemahlen, um zu malen", sagt der Künstler poetisch. Wobei er seine Farben nicht mit dem Pinsel aufträgt, sondern sich der Technik des von ihm über Jahrzehnte verfeinerten "Farbenwurfs" bedient. Sieben bis acht Monate liegen seine vielfach großflächigen Leinwände vor ihm auf dem Boden, werden aus immer neuen Farbschichten allmählich aufgebaut, die er allenfalls mit einem breiten Pinsel glattstreicht. So entstehen mit der Zeit abstrakte, expressiv und spontan wirkende Farbwelten von erstaunlicher Leuchtkraft und Tiefe. Begleitet wird Marcottos Malerei von figürlichen Bronzeplastiken, allesamt angeregt aus Szenen der griechischen Mythologie. In Verbindung mit ihren materialfremden Sockeln aus Holz, Stein oder Beton gehen die organisch anmutenden Figuren eine reizvolle Symbiose ein.
Info: Die Vernissage findet am Freitag, 10. März, 19 Uhr, in der Rathaus-Galerie statt. Die Heidelberger Kunsthistorikerin Kristina Hoge wird in die Ausstellung einführen. Pianist Peer Findeisen gibt den musikalischen Rahmen. Zu sehen ist die Ausstellung bis 7. Mai zu den Rathaus-Öffnungszeiten. Am Sonntag, 26. März, findet um 11 Uhr eine Führung mit Künstlergespräch statt. Zur Abschlussmatinée am 7. Mai um 11 Uhr lesen beide Künstler aus Texten, die im Nachklang ihrer Werke entstanden sind.