Zahlreiche Pflichtprojekte wie der Bau von Kinderbetreuungseinrichtungen, wie hier am Amselweg, treiben die Ausgaben im Haushalt in die Höhe. Foto: sti
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Der Haushaltsplan 2017 ist verabschiedet, begleitet von einigen kritischen Stimmen aus dem Gemeinderat und einem Signal: Die Unabhängige Bürgerliste aus FDP und Freien Wählern (UBL) und die Offene Grüne Liste (OGL) versagten der mittelfristigen Finanzplanung bis 2020 ihre Zustimmung.
Der UBL war besonders der ihrer Ansicht nach überbordende Flächenverbrauch, zum Beispiel durch eine Bebauung der knapp elf Hektar großen Außenrandlage "Im Mittelgewann", ein Dorn im Auge. Dasselbe gelte für die neuen Gewerbeflächen neben dem geplanten Hilfeleistungszentrum: Im Eiltempo seien diese ausgewiesen und beschlossen worden, ohne dass eine Bedarfsplanung vorliege, monierte UBL-Gemeinderat Klaus Merkle. Bei beiden Projekten bezweifelte er einen finanziellen Mehrwert, zumal die Gewerbeflächen nicht für Interessenten von außen, sondern für ortsansässiges Gewerbe zur Verfügung gestellt werden sollten.
Für die OGL sprach Thomas Hoffmann von zwei Gründen, die die Fraktion fast dazu gebracht hätten, den Haushalt abzulehnen: Der verschobene Ausbau des Neckaruferwegs, für den lediglich eine Planungsrate von 50.000 Euro zur Herstellung eines behindertengerechten Zugangs am Krottenneckar und bei der Alten Neckargasse eingestellt sei. Dabei sei allen klar, dass der "idyllische und schöne Uferweg direkt am Neckar" ein Alleinstellungsmerkmal der Gemeinde sei.
Hoffmann kritisierte außerdem scharf die fehlende Kostendeckelung beim geplanten Kindergarten-Neubau im Gemeindepark im Kontext des Architektenwettbewerbs. Für den künftigen Betrieb sei der Zuschnitt des Gebäudes "praxisfremd". "Wir kaufen die Katze im Sack", sagte er. Keiner wisse, ob die eingestellten 3,65 Millionen Euro reichen werden.
Das tun sie auch nicht. Bürgermeister Simon Michler teilte später mit, dass sich die vom Architektenbüro vorgelegte Kostenschätzung, "alle Eventualitäten einberechnet", auf 4,15 Millionen belaufe. "Wir sind nicht überrascht, und wir waren gegen den Wettbewerb", sagte Michler. Dennoch müsse man die demokratische Mehrheitsentscheidung im Gemeinderat, wo SPD und CDU den Architektenwettbewerb durchgesetzt hatten, akzeptieren. Michler hatte zuvor auf eine Haushaltsrede verzichtet und auf sein Pressegespräch verwiesen, in dem er den Haushalt erörtert habe. Das gefiel Klaus Merkle von der UBL nicht: "Das könnten wir im nächsten Jahr ja dann auch so halten."
Allerdings trug Kämmerer Manfred Kettner die größten Projekte noch einmal vor. Der Haushalt 2017 sei mit einem Gesamtvolumen von 48,07 Millionen Euro "Rekord": "Schwindelerregend", meinte Kettner. Und warnte zugleich: "Wir leben von der Substanz oder auf Kredit. Über mehrere Jahre hinweg ist das nicht durchzuhalten." Der Bau von Kindertagesstätten und Flüchtlingsunterkünften dominiert das Zahlenwerk. "Luxus" beinhalte der Haushalt nicht, hatte Michler zuvor festgestellt. Markant seien aber tatsächlich das Rekordvolumen, die Negativzuführung und die Neuverschuldung.
Personell wird die Verwaltung sich verstärken: Der Einstellung eines Mitarbeiters für die Kämmerei und eines Umweltbeauftragten fürs Bau- und Umweltamt hatten zuvor schon alle Fraktionen zugestimmt. Die SPD freute sich noch einmal, dass ihr Antrag auf offene Ohren gestoßen war, zumal sich die Stelle eines Umweltbeauftragten selbst tragen könnte.
SPD und CDU setzten in ihren Haushaltsreden auf die Erschließung neuer Wohngebiete, um Neubürger zu gewinnen und Einnahmen zu generieren. Michler sah das genauso: Er erwarte aus dem Mittelgewann einen "mittleren sechsstelligen Betrag". Ein strittiger Punkt, nach wie vor: Während die Befürworter sich durch die Umlegung der Grundstücke im Mittelgewann, wo die Kommune nur 0,8 Hektar hält, einen Zugewinn versprechen, sehen die Gegner hier zunächst millionenschwere Belastungen wegen anstehender Ausgleichszahlungen im Zuge des Umlegungsverfahrens.
Was passiert, wenn der Bürgerentscheid am 26. März eine Bebauung des Mittelgewanns verhindert, kam in der Haushaltsdebatte nicht zur Sprache.
Dem Wirtschaftsplan für den Eigenbetrieb Wasserversorgung stimmte der Gemeinderat einhellig zu; zähneknirschend aber, weil der Wasserbezugspreis bis 2018 in zwei Stufen von 1,75 Euro pro Kubikmeter auf 2,40 Euro steigen wird. Ursächlich ist die Belastung des Trinkwassers mit Trifluoracetat, weshalb die Kommune ab Herbst Wasser von ihren Verbandspartnern Heidelberg und Mann-heim beziehen muss.