Helmut Schmitt, Kriminalbeamter a.D., Brasilien:
"erst heute habe ich die RNZ vom 17./18. Dezember 2016 erhalten, in der ausführlich über die Recherchen zu dem Absturz der DC 3 am Hohennistler in Heidelberg-Handschuhsheim vom 22. Dezember 1991 berichtet wurde. Erst heute deshalb, weil mir die Zeitung von meinem Schwager und meiner Schwester per Post nach Brasilien geschickt wurde, wo ich seit 2008 einen festen Wohnsitz habe. Mein Name ist Helmut Schmitt und ich bin der Kriminalbeamte im Kombianzug mit den beiden Fotoapparaten am linken Bildrand auf Ihrer Titelseite. Ich stamme aus Mühlhausen-Tairnbach und war bis zum Juli 2004 bei der Kriminalpolizei Heidelberg, zur Zeit des Unglücks bei der Kriminalaußenstelle Sinsheim. Heute bin ich 72 Jahre alt und kann mich noch an viele Einzelheiten von damals erinnern. Mein Tätigkeitgebiet war damals hauptsächlich Spurensicherungen im Bereich Sinsheim und außerhalb der Dienstzeit auch in den Bereichen Neckargemünd und Eberbach. Bei dem Einsatz zum Absturz wurden die einzelnen Gruppen
Spurensicherung und Leichensicherung, natürlich aber auch eine Gruppe für die vier Überlebenden gebildet.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass die Verunglückten wirklich in mehrerlei Hinsicht Pech gehabt hatten. Ich hatte mir die Bäume angeschaut, weil die Maschine so zerrissen war. Und da war mir eine große Buche aufgefallen, an der ein sehr dicker Ast abgerissen war. Es hatte für mich auch den Anschein, dass die Maschine vielleicht um 20 Höhenmeter nicht den Überflug geschafft hatte. Nicht weit vom Aufprall war eine Fichtenschonung. Auch dort wäre der Schaden nicht so groß gewesen. Das hat mich sehr deprimiert.
Ich sehe heute noch den toten Co-Piloten vor mir, wie er mit entspannten Gesichtszügen auf dem Waldboden lag und auf seinen Beinen bis zum Bauch lag eines der abgerissenen Triebwerke. Ich kam mit diesen Situationen an der Absturzstelle gut zurecht, weil ich bei der Bearbeitung von Selbsttötungen und als Mitglied der Mordkommission A immer wieder mit Todesfällen zu tun hatte. Auch bei einem tödlich verlaufenen Flugunfall bei Epfenbach. Der Unfall war zwei Tage vor Heilig Abend. Eine Sorge für die vielen Einsatzkräfte war, dass wir Heilig Abend am Hohen Nistler verbringen müssten. Bei allem Einsatz stellten wir fest, dass die Toten bis zum Ende des ersten Tages nicht geborgen werden konnten. Wir waren dann bei allem Unglück noch froh, dass es nachts Minusgrade hatte, so dass die Leichen, für die ja der Einsatzzug die Bewachung hatte, bis zum zweiten Tag unverändert blieben. Am zweiten Tag wurde dann die Spurensicherung und danach die Bergung der Leichen fortgesetzt. Aber auch damit konnte unsere Arbeit nicht beendet werden. Am dritten Tag, dem Heiligen Abend, wurde nochmals mit Hochdruck gearbeitet. Nachmittags um 14 Uhr hatten wir die Arbeiten zu Ende gebracht und fuhren nach Hause. Es reichte für mich noch, zu duschen, den Tannenbaum zu schmücken und um 18 Uhr den Weihnachtsgottesdienst zu besuchen. Natürlich war ich die ganze Zeit mit meinen Gedanken auch bei dem Unglück."