Die Söhne Mannheims

Rolf Stahlhofen über das aktuelle aktuelle Album

Er geht nicht immer konform mit Xaiver Naidoos Texten

14.04.2017 UPDATE: 20.04.2017 06:00 Uhr 4 Minuten

Sänger Rolf Stahlhofen von den Söhnen Mannheims. Foto: zg

Von Alexander Wenisch

Rolf, auf Wikipedia steht, Du wärst "ehemaliges Mitglied" der Söhne Mannheims. Was denn nun?

Da kannste mal sehen: don’t believe the internet. Ich bin vor ein paar Jahren freiwillig ausgestiegen und vor etwa zwei Jahren zusammen mit Michael Herberger und Xavier Naidoo wieder dazugekommen. Das hat sich angefühlt wie nach Hause zu kommen. Super.

Welche Rolle hast Du heute in der Band?

Die ersten Monate fand ich total spannend. Das war wie wieder in die Schule gehen. Da kommst du in ein eigenes, funktionierendes Universum mit 18 Leuten. Da ging es für mich darum, sich zu reduzieren. Nicht alles singen, weil man halt muss, sondern das beisteuern, was der Song jetzt braucht.

"Wie eine Schulklasse": Die Söhne Mannheims. Foto: Jörg Steinmetz

Welchem der aktuellen Songs hast Du Deinen Stempel aufgedrückt?

Ich bin erstmal sehr sehr stolz auf das Album. Ich finde, es ist wunderschön geworden. Neu für mich war: Ich hab Mundharmonika gespielt. Das war eine schöne Sache.

Und die erinnert streckenweise an Supertramp.

Och, das ist schön. Supertramp war tatsächlich eine Band, mit der ich mir das Spielen beigebracht habe. Und dann natürlich noch Westernhagens "Mit18".

"MannHeim" ist sehr orchestral geworden. Das kommt ja Deiner Gesangsfarbe sehr entgegen.

Ja, das stimmt. Wir haben immer wieder darüber gesprochen, welche Stimme bei welchen Songs am besten zur Geltung kommt oder wie einzelne Akzente gesetzt werden können. Das ist natürlich bei acht Vokalisten nicht immer ganz einfach - vor allem am Ende für den, der das alles mischen muss (lacht).

Naja, ich dachte eher an den Künstler: Man muss sich ja irgendwie abheben und behaupten in so einer großen Gruppe.

Vor 20 Jahren hätte ich das Bedürfnis vielleicht gehabt. Heute nicht. Und dass ein Xavier natürlich vorne steht ist klasse und genau richtig.

Welchen Einfluss hast Du auf die inhaltliche und künstlerische Ausrichtung der einzelnen Songs?

Federführend waren schon Billy Davis und Alex Christensen. Aber wie das so ist, wenn mehrere Künstler zusammen sind: Da ergibt sich auch einiges einfach aus der Situation. Das hat immer wieder eine tolle Dynamik.

Es ist nicht so, dass die Songs eigentlich fertig sind und Dir Xavier sagt: "So, Rolf, da singst du jetzt so und so dazu"?

Nein. Man kann sich da schon Raum nehmen. Aber natürlich nicht so viel, wie bei meinen Solosachen. Aber dafür bin ich dankbar. Man kann sich auf das konzentrieren, was man wirklich kann.

Und wie oft bist du zerknirscht aus dem Studio gegangen, weil Du nicht so zum Zug gekommen bist, wie Du es Dir vorgestellt hattest?

Gar nicht. Das musst du sehen, wie bei einer Fußballmannschaft.

Wer auf der Bank sitzt, ist auch nicht immer glücklich.

Aber wenn das ganze Team Weltmeister wird, dann wird auch der Ersatzspieler Weltmeister. Es gibt Songs, da passt es und es gibt welche, da passt es eben nicht. Halb so wild. Wir sind ja erwachsen geworden, da geht es nicht um Neid und Abgrenzung. Im Gegenteil: Wir schaffen uns gegenseitig Patz.

Lass uns noch über die Texte reden. Es sind gleich drei ausgewiesene Anti-Kriegs-Songs dabei. Die erinnern von der Rhetorik an den friedensbewegten Deutsch-Rock der 70er und 80er Jahre - der Verteidigungsminister heißt jetzt wieder Kriegsminister.

Wir unterhalten uns viel. Und meist darüber, was gerade auf der Welt passiert. Und dann ist es doch legitim, auch darüber zu singen. Sicher werden einige lästern: "Da kommen die Friedensapostel." Aber mir gefällt das, wenn wir polarisieren. Und dieses Album wird polarisieren! Natürlich hätten wir auch über Mensch, Welt, Tanzen und Leben schreiben können. Aber Sagrotan-Pop ist nicht so unsre Sache.

Die meisten Texte hat Naidoo geschrieben. Gehst Du da mit allem konform?

Teilweise wäre es nicht meine Wortwahl, was er schreibt. Und es gab schon auch Textzeilen, da hab ich ihm gesagt: Du, da kann auch ein anderer ran. Aber ich singe prinzipiell lieber über Dinge, die mich belangen, als über Dinge, die belanglos sind.

Was wolltest Du nicht singen?

Anfangs wollte ich "Marionetten" nicht singen. [Über Machtfragen und Politikverdrossenheit; Anm.d.Redation] Aber dann sitzt du im Studio und merkst: Das macht schon Sinn so. Überhaupt ist das ein Album, das musst du mehrmals hören. Die Songs werden dich lange begleiten.

Ich bin mehrmals gestolpert. Zum Beispiel über den "Deutschen Michel". Da heißt es, der Deutsche sei der Depp, er werde auf dem Altar geopfert, und seine Schlafstätte wird zum Sterbebett. Ist das ein Versuch, die aktuelle "Angstgesellschaft" zu thematisieren?

Ja wunderbar, du fängst an zu interpretieren. Das finde ich gut. Aber von der Angstgesellschaft spüre ich persönlich nichts. Ich habe wunderbare Leute um mich, die extrem positiv in die Zukunft schauen. Das ist in meiner Welt so. Ich weiß aber, dass es noch andere Welten da draußen gibt.

Trotzdem: Was will der Künstler mir mit solchen Zeilen sagen?

Das heißt ja nicht, dass das unsere Meinung ist, vielleicht ist es nur ein Wahrnehmung. Wenn Campino von den Toten Hosen in "Bonnie und Clyde" singt: Wir rauben ne Bank aus und schießen die Bullen nieder, da denkt auch keiner, dass der jetzt gleich bewaffnet loszieht.

Auch im Song "Kinder" wird schon in der erste Zeile Bezug genommen auf die aktuelle Gesellschaftsdebatte: "In Deutschland darf man nicht mehr sagen was man denkt."

Was mich stört: Wir haben unsere Streitkultur verloren. Die Sozialen Medien haben uns die "abtrainiert". Da hauen alle nur noch aufeinander ein, jeder ist so laut wie er nur kann, und keiner hört dem anderen noch zu. Ich bin Vater von zwei Kindern. Ich schicke die morgens raus und sage nicht: Sei schön fleißig! Sondern: Stelle die richtigen Fragen! Ich will, dass die zuhören und selber Antworten finden.

Sind das so was wie Grundwerte für Dich?

Ja. Steh zu deiner Meinung, auch wenn du damit nicht konform bist! Auch wenn du Ecken und Kanten hast. Ich habe das Glück, viel mit meinen Kindern unterwegs zu sein. Wir waren in Afrika, in Asien. Ich habe versucht, ihnen zu zeigen, dass Feudenheim nicht der Nabel der Welt ist. Dass es ganz viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Kulturen und Meinungen gibt. Und unsere Demokratie lebt von dieser Unterschiedlichkeit.

Bist Du in den Sozialen Medien aktiv?

Privat nicht, nur geschäftlich. Facebook und Instagram. Die Marketingleute sagen immer: Du musst da dran bleiben, regelmäßig was machen. Aber ehrlich: Ich schau mir das an … und es langweilt mich ziemlich schnell. Und dann mach ich lieber Sachen, die mich wirklich berühren.

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