ARD-Krimi

So wird der neue Schwarzwald-Tatort "Was wir erben"

Der neue Schwarzwald-Tatort diskutiert Fragen von Neid und Gerechtigkeit als klassisches Krimirätsel.

02.04.2021 UPDATE: 25.04.2021 06:00 Uhr 2 Minuten
Gesine Rathmann (Jenny Schily) liest die dunklen Kapitel der Familiengeschichte. Foto: SWR

Von Daniel Bräuer

Reichlich kaputt waren die Milieus, in denen die Schwarzwald-Kommissare Franziska Tobler und Friedemann Berg zuletzt ermittelten. In "Was wir erben" geht es nun oberflächlich ganz bürgerlich-gesittet zu – in der Hochglanz-Kulisse der Villa einer Freiburger Pralinenfabrikantendynastie. Doch natürlich tun sich auch dort menschliche Abgründe auf.

Was ist passiert? Reiche alte Frau heiratet ihre osteuropäische Pflegerin und will ihr den Familienstammsitz vermachen. Und gerade, als Elisabeth Klingler-Rathmann mit ihren Kindern und einer Enkelin ein neues Testament besprechen will, stürzt die alte Dame die Treppe hinunter. Unfall? Schubser? Ein Anschlag mit überdosierten, falschen Tabletten? Schnell zeigen die Blutsverwandten mit allen verfügbaren Fingern auf die vermeintliche Erbschleicherin. Doch in der familienrechtlich heiklen Gemengelage hat eigentlich jeder ein Motiv. Und der zweite Todesfall folgt bald.

Worum geht es wirklich? Um Familie: Was wussten wir eigentlich voneinander? Diese Frage stellt sich Tochter Gesine zu spät. All die Jahre hat sie sich so in die Führung des Familienbetriebs gestürzt, dass sie alles Menschliche, alles Zuhören vergessen hat. Und noch wichtiger: Es geht um Verantwortung. Denn die Rathmanns erben nicht nur Firma, Villa und einen Haufen Geld. Sondern auch eine große Schuld – die Ausbeutung von Zwangsarbeiten in der Süßwarenfabrik in der NS-Zeit. Erst der Tod der Patriarchin bringt alles ans Licht, was all die Jahre erfolgreich verschwiegen, verdrängt oder von teuren Anwälten weggeklagt wurde.

Wie schlagen sich die Kommissare? Lassen sich von der herablassenden Gesine zum Glück nicht ins Bockshorn jagen. "So schlecht werden wir auch wieder nicht bezahlt!", empört sich Tobler nur ganz kurz. Neben Fragen von Schuld und Neid diskutiert sie mit Berg nebenbei auch noch die eigenen Vorurteile der russischstämmigen Elena gegenüber. Nur warum sie dem Assistenten Andi so viel weniger zutrauen will als Berg, wird nicht klar.

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Was ist die Stärke dieses "Tatort"? Wenige Personen in reichem Haus, einer wird’s gewesen sein: Was aussieht wie ein Agatha-Christie-Plot, dient Autor Patrick Brunken nur als Ausgangspunkt, um zwei heikle gesellschaftliche Themen anzugehen: unverdienter Reichtum und der Umgang mit historischen Lasten. Darüber gerät der Fall aber zum Glück nie aus dem Fokus. Und ist die Frau-Frau-Scheinehe nicht eine hübsch-ironische Modernisierung der typischen Erbschleicher-Erzählung?

Was sind die Schwächen? Die Auflösung beider Todesfälle hat ihre Schwächen und folgt mal wieder sehr bekannten Krimiregeln. Und vielleicht ist Sohn Richard als geldgeiler Kotzbrocken ein wenig zu klischeehaft geraten. Den Preis für den besten Tatort über einen Mord- und Erbfall in einer Schokofabrik gewinnen die Badener dennoch um Längen vor Zürich ("Schoggiläbe" vom Februar).

Und sonst noch? Das besoffene Techtelmechtel aus der Fasnet ist (fast) vergessen – dass Kollege Berg (Hans-Jochen Wagner) wieder Dates hat, ist Tobler natürlich so was von egal. Deswegen hört sie auch nur eine Szene später No Doubt: "Don’t tell me cause it hurts..."

Was kann man vom "Tatort" fürs Leben lernen? "Erben ist immer ungerecht! Viel erben doch nur die, die vorher schon viel hatten", ätzt Tobler im unvermeidlichen Autodialog der Kommissare. "Die, die nichts erben, wohnen dann bei den Erben zur Miete oder putzen ihnen die Villa."

Sonntag, 20.15 Uhr, lohnt es sich einzuschalten? Ja! Die Mischung aus klassischer Krimi-Unterhaltung, schöner Inszenierung und Tatort-typischer Themensetzung stimmt.