Sound der Woche

Tom Gaebel - Schön galant

Zu seinem 50. Geburtstag beschenkt Tom Gaebel sich selbst. Außerdem reingehört haben wir auch bei Madeline Juno, The Wood Brothers, Adax Dörsam und Tingvall Trio

13.08.2025 UPDATE: 17.08.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 5 Sekunden
Foto: Marcel Brell

Von Steffen Rüth

Endlich ist er so alt, wie seine Musik immer schon klingt. "Die Songs von Frank Sinatra und seinen Zeitgenossen kannst du einfach besser und glaubwürdiger präsentieren, wenn du schon ein bisschen was erlebt hast", sagt ein lachender Tom Gaebel im Videogespräch. "Auch meine Sprüche und mein gesamter Humor funktionieren bei einem etwas gestandenen Herrn besser. In meinen Liedern steckt mit 50 auf jeden Fall mehr Authentizität als mit 30."

Zumal sein Publikum ebenfalls nicht mehr das jüngste ist. War es aber auch noch nie. "Die Leute in meinen Konzerten sind immer schon älter als ich gewesen. Das geht so ab 40 los. Teenies kommen nur wenige." Dafür ein 92 Jahre alter Senior, der quasi zum Stammpublikum zähle und regelmäßig bei einer Tom-Gaebel-Show dabei sei." Gaebel, einer von vier Söhnen einer musikalischen Familie (sein Bruder Denis Gäbel spielt in der Bigband des Hessischen Rundfunks), geboren in Gelsenkirchen, aufgewachsen in Ibbenbüren, langjähriger Geigen- und Posaunenspieler, schon als Teenager mit dem Jugend-Jazz-Orchester NRW auf Chinatour gewesen und seit 2003 in Köln lebend, ist Deutschlands führender Crooner. Wenn er singt, schmelzen seit dem Durchbruch vor zwanzig Jahren mit dem Album "Tom Gaebel & Band spielen Frank Sinatra", das tatkräftig flankiert wurde durch Showauftritte bei Stefan Raab, die Herzen. Überwiegend tat er dies bis dato auf Englisch, "Kleiner Junge, Große Reise" jedoch ist ein rein deutschsprachiges Album. Der Grund: Sein fünfzigster Geburtstag im Januar. "Ich fand den Zeitpunkt ideal für ein autobiographisches Album mit Texten, die auf Geschehnissen aus meinem Leben basieren." Und das passe halt besser auf Deutsch. "Mir hat das total viel Spaß gemacht, auch wenn die Sprache sperriger ist als die englische und man mehr an den Worten feilen muss, damit es schön galant klingt."

Manche Lieder hat Tom Gaebel neu geschrieben, hervorsticht der Freddie-Mercury-Verehrer mit dem an Queen erinnernden "Das Beste". Andere sind ins Deutsche übertragene und umgetextete Coverversionen. "Und alle hab’n geklatscht" ist Gaebels Bearbeitung von Maggie Reillys "Everytime We Touch", in "Vorbei ist unsere Zeit" dürften nicht wenige "I Just Died In Your Arms" von The Cutting Crew erkennen, "Wenn der letzte Vorhang fällt" ist Toms kaum weniger dramatische Bearbeitung von Whitney Houstons "The Greatest Love Of All".


Info: "Kleiner Junge, Große Reise" erscheint am Freitag. Am 20. März 2026 tritt Tom Gaebel in Sinsheim auf.







Good Charlotte und mehr. Hier geht es zum Sound der letzten Woche.


Sound der Woche

Reneé Rapp

Bite Me

Poprock Gleich die erste Zeile zieht rein: "I’m a real bad girl but a real good kisser ...", tönt es lässig aus den Boxen und man hat direkt vor Augen, wie Reneé Rapp das mit ihrem Reneé-Rapp-Grinsen auf den Lippen einsingt. Das Schöne: Die Broadway-erprobte Sängerin (Paraderolle: Oberbösewichtin Regina aus "Mean Girls") weiß nicht nur Aufmerksamkeit zu erzeugen – sie versteht sie auch zu halten. Und so ist "Bite Me" ein Banger-pralles Prachtalbum geworden. Manchmal schmettert die aus North Carolina stammende 25-Jährige, als wäre sie die bluesbegabte ältere Schwester Olivia Rodrigos. An anderer Stelle blitzt Sabrina Carpenters Witz auf. Am Ende bleibt Reneé Rapp aber Reneé Rapp. Gut so! (dasch) ●●●

Für Fans von: Olivia Rodrigo, Ashe

Bester Song: Why Is She Still Here?


We Are Scientists

Qualifying Miles

Alternative Rock Die Scientists brauchen ein wenig, um auf Touren zu kommen. Album Nummer 9, pünktlich zum 20. Geburtstag, schleppt anfangs und ist textlich tief getränkt in Melancholie, und so führen auch musikalisch alle Wege immer wieder zurück zum Breitband-Gitarrensound der 90er. Böse gesagt: Als hätten Coldplay noch ein paar abgelehnte Songs in der Schublade gehabt. Aber die eine oder andere eingängige Perle ist dann zum Glück doch dabei. (hol) ●●

Für Fans von: Starsailor

Bester Song: Starry-Eyed


Ethel Cain

Willoughby Tucker, I’ll Always Love You

Indie Folk Ethel Cain’s zweites Album dieses Jahr driftet durch die Stimmungen. Der Geist des umstrittenen Drone-Projekts "Perverts" zieht sich durch, nicht unbedingt musikalisch, aber in den Momenten, in denen die "American Teenager"-Sängerin das Momentum ihres großen Pop im Indie-Rock-Gewand stoppt, um Ambient-Schleifen und zarten Folk zu integrieren. Das Ergebnis ist ein unebenes Album voller (nicht wirklich tiefen) Tiefen und glänzenden Höhen. (han) ●●

Für Fans von: Wilco

Bester Song: Fuck me Eyes


Tingvall Trio

Pax

Jazz In einer Welt, in der Unruhe und Polarisierung zunehmen, sei es ihm ein besonderes Anliegen gewesen, ein Zeichen für den Frieden zu setzen, sagt Pianist Martin Tingvall. Dementsprechend heißt das neue Album seines Trios "Pax". Und so friedvoll klingen die zwölf Tracks dann auch. Wenn Musik die Welt zu einer besseren machen kann, dann diese. Melodische Klavierballaden wie "A Promise" oder "Goodbye" verlangsamen förmlich die Atmung. Und selbst dynamische Songs wie "A New Hope" oder "Cruisin" verströmen ausschließlich positive Energie. Ja, mit diesem Album festigen die drei Wahl-Hamburger ihren Ruf, eines der derzeit spannendsten Klaviertrios überhaupt zu sein. (welf) ●●●

Für Fans von: Dominic Miller

Bester Song: A New Hope