Reichtum ist auch keine Lösung
Wolfgang Mettenberger inszeniert Sébastien Thiérys Komödie "Als ob es regnen würde" am Zimmertheater Heidelberg

Wem gehört das Geld? Nadine Ehrenreich als Laurence, Michael Rothmann als Bruno und Dirk Weidner als Nachbar (v.l.) kämpfen um den kostbaren Müllsack. Antje Geerk als Putzfrau Teresa beobachtet die Szene aus dem Hintergrund. Foto: Mara Eggert
Von Ingeborg Salomon
Bruno ist fix und fertig. "Ich bin leer wie ein ausgenommenes Hühnchen", schleudert der Anästhesist seiner Frau Laurence entgegen. Kein Dank nirgends, und der Lack an der Ehe des Paares ist nach 20 Jahren auch schon deutlich abgeblättert. Ganz normal eben alles, bis zu dem Tag, als den beiden ein unerwarteter Geldsegen ins Haus flattert. In Sébastien Thiérys Stück "Als ob es regnen würde", das am Donnerstag Abend im Zimmertheater Premiere feierte, wirft der plötzliche Reichtum viele Fragen auf - und setzt bei den Figuren verstörende Entwicklungen in Gang.
Zimmertheater-Intendantin Ute Richter hat mit Wolfgang Mettenberger einem Profi die Regie überlassen, und der wusste das zu nutzen. Die Heidelberger kennen Mettenbergers Handschrift als Regisseur von vielen Aufführungen am Hölderlin-Gymnasium, wo der Theaterpädagoge bis Februar 2017 die Lehrertheater-Gruppe zu sehr beachtlichen (Amateur-)Leistungen anleitete. Man durfte also gespannt sein, wie eine Inszenierung mit Profis aussehen würde.
Michael Rothmann als Bruno und Nadine Ehrenreich als Laurence sind ein Paar, das zunächst ganz gut aufeinander eingetaktet scheint. Doch als wie aus dem Nichts immer mehr Geldscheine in ihrer Wohnung auftauchen, wächst das Misstrauen. Bruno verdächtigt seine Frau, sie habe sich für einen kleinen Seitensprung bezahlen lassen. Florence ihrerseits ist entsetzt, als Bruno stattliche 38.230 Euro beim Shoppen verprasst. Das pinkfarbene Cerutti-Kleid, "den Nuttenfummel", zieht sie zwar trotzdem an, beharrt aber darauf, dass ihr Gatte als verdienter Gewerkschafter keinen Dior-Anzug tragen könne.
Mit sichtlicher Spielfreude und großem Körpereinsatz arbeiten sich Michael Rothmann und Nadine Ehrenreich aneinander ab, um schließlich gemeinsam die Putzfrau Teresa ins Visier zunehmen. Könnte ja sein, dass die spanische Perle die Kohle irgendwo geklaut hat und sie nun zurückgibt. Mit Antje Geerk als Teresa steht ein Zimmertheater-Urgestein auf der Bühne; 20 Jahre hat die Schauspielerin hier in zahlreichen Inszenierungen mitgespielt. Als radebrechende Spanierin ("Ssehr wiktig für mih, linke Werte, von Tteilen und von Großssügigkeit") führt sie gekonnt die verlogene Ideologie ihrer Arbeitgeber vor. Die Ideale der Französischen Revolution sind nur noch bröckelnde Fassade auf einer eindrucksvollen Wandmalerei von Gerlinde Britsch.
Vierter im Bunde ist der Zimmertheater-Besuchern ebenfalls gut bekannte Dirk Weidner, der 2015/16 in "Die Wunderübung" den Valentin spielte. Jetzt verkörpert er den ziemlich durchgeknallten neuen Nachbarn, der zuerst mit einer Pistole, später mit einem Beil bewaffnet beklagt, er sei bestohlen worden. Ganz offensichtlich hat er Bruno und Florence in Verdacht. Der Geldregen wird im Lauf der über zweistündigen Aufführung (mit Pause) immer mehr zur Bedrohung, und die Ereignisse überschlagen sich.
Besonders im zweiten Teil, dem einige Kürzungen gutgetan hätten, arbeitet die Inszenierung mit Stilmitteln der Groteske und des Absurden Theaters. Dass der überraschende Schluss viele Fragen offenlässt, versteht sich. Geld ist zwar als Small Talk-Thema tabu, doch das Stück bietet viel Gesprächsstoff, den das Publikum schon in der Pause gerne aufgriff. Zum Schluss belohnte herzlicher und verdienter Beifall Schauspieler und Regisseur.



