Schlossfestspiele Heidelberg: Als George für Goebbels den Götz spielte
Vor 90 Jahren endeten die ersten Schlossfestspiele - Die Nazis führten wenige Jahre später die "Reichsfestspiele" ein

Heinrich George (im Fenster), berühmter Vater des ebenso berühmten Götz George, spielte 1936 bei den "Reichsfestspielen" den Götz von Berlichingen - und inszenierte das Stück. Fotos: Archiv
Von Gerhart Berger
Es war Beginn einer langen Tradition, die allerdings immer wieder ins Stottern geriet. Heute vor 90 Jahren endeten die ersten Schlossfestspiele. "Heidelberger Festspiele" stand damals, im Jahr 1926, auf dem Titelblatt des Programmheftes, das mit Hölderlins Ode an Heidelberg eingeleitet wurde.
Doch schon drei Jahre später war es erst einmal wieder vorbei mit dem Theater am Schloss: Von 1929 bis 1933 gab es aufgrund der Weltwirtschaftskrise keine Schlossfestspiele.
Doch schon im Einleitungsaufsatz des 50-seitigen Programmhefts von 1926 stellt Paul Bourfeind unter der Überschrift "Vom Sinn des Festspiels" beklagend fest: "Das deutsche Theater befindet sich im Zustand einer wirtschaftlichen und künstlerischen Krise." Und er schließt mit den Worten: "Das seinem Sinn und Wesen nach entwickelte Festspiel ist echtes Volkstheater." Dass es schon viel, viel früher Theater auf dem Schloss gab, daran erinnert anschließend Carl W. Speyer - mit zwei historischen Abbildungen einer Festaufführung aus dem Jahre 1684.
Eröffnet wurden die ersten Schlossfestspiele mit Shakespeares "Sommernachtstraum", darauf folgte Goethes "Urfaust" und Knut Hamsuns "Munken Vendt". Die Darsteller sind heute weitgehend unbekannt. Von den Darstellern dürfte älteren Lesern heute nur noch der Name von Ewald Balser, der 1978 in Wien starb, noch ein Begriff sein. Heidelberger Darsteller waren damals nicht dabei, die Schauspieler kamen meist aus Berlin und Frankfurt.
Schon ein Jahr nach Hitlers Machtergreifung sorgte Propagandaminister Joseph Goebbels - der 1922 in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert worden war - im Jahr 1934 dafür, dass die Schlossfestspiele wieder stattfanden, allerdings unter neuem Namen: "Reichsfestspiele". Und natürlich sorgte Goebbels auch für die ideologische Gleichschaltung. Ihm schwebte vor, aus Heidelberg "ein Salzburg des deutschen Südwestens" zu machen. So steht im Festspielbuch der "Reichsfestspiele Heidelberg 1936" der entlarvende Hinweis: "Mögen die diesjährigen Heidelberger Reichfestspiele dem deutschen Theaterleben neue Impulse im nationalsozialistischen Geiste verleihen." Auf dem Spielplan stand damals auch Goethes "Götz von Berlichingen" - gespielt und inszeniert von Heinrich George, der auch in den folgenden Jahren bei den Reichsfestspielen eine bedeutende Rolle spielte.
1940 wurden die Festspiele dann erneut eingestellt - und erst 1974 wieder ins Leben gerufen.



