Heidelberger Sinfoniker spielten unter Reinhard Goebel Werke der Mannheimer Schule
Tiefer Ernst und fröhlicher Lärm - Ehrung für Komponist Uwe Lohrmann

Komponist Uwe Lohrmann. Foto: Sauer
Von Matthias Roth
Heidelberg. Die Ferien waren noch nicht zu Ende, da begann in Heidelberg bereits die neue Konzertsaison: Die Sinfoniker musizierten in der Peterskirche Werke der Mannheimer Schule unter der Leitung von Reinhard Goebel. Das Programm war zwar im Januar bereits in Mannheim zu hören, es wurde aber hier nun um einen gewichtigen Beitrag erweitert, ein Werk des in Heidelberg beheimateten Komponisten Uwe Lohrmann, der exakt in drei Monaten seinen 80. Geburtstag feiert.
Die Stadt Heidelberg würdigte einen Musiker, Pädagogen, Organisten und Dirigenten, wie Bürgermeister Dr. Joachim Gerner in seiner Laudatio betonte, der das Musikleben seit 1960 durch zahlreiche Aufführungen und Uraufführungen bereichert hat. Voll des Lobes war Gerner auch für die 1994 gegründeten Heidelberger Sinfoniker, deren Engagement und Einsatz für die Historische Aufführungspraxis der Redner hervorhob.
Lohrmann, in Karlsruhe geboren und zunächst auch dort ausgebildet, studierte später in Wolfgang Fortners Freiburger Klasse und war mit diesem, der in Heidelberg lebte, freundschaftlich eng verbunden. Als Komponist der Klassischen Moderne verbunden, kam jetzt der erste Teil seines Auftragswerks "Der Opfer Hiroshimas gedenkend", das zum 60. Jahrestag des Atombombenabwurfs in der japanischen Stadt uraufgeführt worden war. Timo Jouko Herrmann leitete eine tief ernste Wiedergabe dieses eindringlichen Stücks für doppeltes Streichorchester und Solovioline, die Konzertmeister Wojciech Garbowski behutsam in die Klangtextur einflocht.
Es war nicht die erste zeitgenössische Komposition, die die Heidelberger Sinfoniker realisierten, ein Orchester, das sich vornehmlich auf barocke und klassische Werke spezialisiert hat. Die Kompetenz der Musiker und ihre bemerkenswerte Klangdifferenzierung zeigten sich so auch hier. Die Wirkung des Stücks in der halligen Akustik der Peterskirche war jedenfalls hoch beeindruckend und wurde mit viel Beifall bedacht.
Das klassische Programm dieses Abends dirigierte dann Reinhard Goebel, ehemaliger Geiger und Gründer von "Musica Antiqua Köln", dem seinerzeit wegweisenden Spezialensemble für alte Musik in Deutschland. Heute arbeitet Goebel als Dirigent vor allem mit "modern" ausgebildeten Orchestern, darunter die Berliner Philharmoniker oder das Nationaltheater-Orchester Mannheim. Aber auch mit dem Mannheimer Mozartorchester oder den Heidelberger Sinfonikern, die sich unter der Führung ihres Gründers Thomas Fey ebenfalls um eine historische Spielweise auf meistenteils modernen Instrumenten bemühten und derzeit in Eigenverantwortung und ohne festen Dirigenten auftreten.
Erstaunlich war die Musik zu Shakespeares "Hamlet", die der Musiktheoretiker und Komponist Georg Joseph Vogler um 1778 schrieb und die klanglich und satztechnisch mit dramatischen Unisono-Passagen und verwegenen harmonischen Fortschreitungen weit in die Romantik vorgreift. Da wetterleuchtet quasi schon Carl Maria von Weber, ein späterer Schüler Voglers, durch die Wolfsschluchten der Musikgeschichte.
Der Klarinettist Nemorino Scheliga, Mitglied des Orchesters, war der Solist im Klarinettenkonzert B-Dur von Johann Wenzel Anton Stamitz, das ohne Dirigent gespielt wurde und die grandiose Musikalität des Solisten genauso zeigte wie die seiner Mitmusiker.
Eine Sinfonie von Christian Cannabich, eine Sinfonia Concertante für zwei Klarinetten und Flöte mit Orchester von Johann Christian Bach und schließlich die mit zusätzlichen Trompeten und Pauke bestückte "Pariser Sinfonie" KV 297 von Wolfgang Amadeus Mozart rundeten das Programm ab: Was für ein herrlich-fröhlicher Lärm zum Schluss!