Fünf Sterne zum Start des 20. Heidelberger Frühlings

Der 20. Heidelberger Frühling wurde mit einem Treffen der Weltstars in der Stadthalle eröffnet

03.04.2016 UPDATE: 04.04.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden

Mit weißen Rosen beim Schlussapplaus (von links): Pianist Igor Levit, Bariton Thomas Hampson, Klarinettist Jörg Widmann, Cellist Daniel Müller-Schott und Dirigent Tito Muñoz in der Heidelberger Stadthalle. Foto: Studio Visuell

Von Matthias Roth

Propheten haben meist schlechte Karten, aber wer vor 20 Jahren prognostiziert hätte, dass zum Jubiläum des Heidelberger Frühlings ein Konzert mit vier Weltstars möglich wäre, den hätte man ziemlich scheel angeguckt. Künstlern vom Format eines Thomas Hampson, Igor Levit, Jörg Widmann und Daniel Müller-Schott zumal, die nicht nur für einen Abend zu Gast sind, sondern ihren Terminkalender freiräumen, um in dieser Stadt künstlerisch und pädagogisch zu wirken. Wer nicht zum Kreis der inzwischen sehr zahlreichen Freunde und Besucher dieses Musikfestivals gehört oder als Fremder in dieses hineingerät, reibt sich ja heute noch verwundert die Augen.

So standen also diese vier Herren und der amerikanische Dirigent Tito Muñoz auf der Bühne der Stadthalle, und jeder hatte ein kleines Geburtstagssträußchen dabei - was die insgesamt recht langen Reden, Grußworte und Glückwünsche von Festivalintendant Thorsten Schmidt, Oberbürgermeister Eckart Würzner und Ministerin Theresia Bauer dann doch rasch vergessen ließen.

Jeder dieser Künstler ist mit dem "Frühling" schon länger verbunden und hat seine eigene, ganz persönlich Beziehung zu diesem Festival. Der Bariton Thomas Hampson etwa, seit 2004 guter Freund des "Frühlings", macht eine Pause zwischen New York und München, wo er derzeit in der Uraufführungsproduktion von Miroslav Srnkas Oper "South Pole" zu hören ist. Hampson widmet sich in dieser Woche ganz dem "German Lied", sang aber im Eröffnungskonzert Dvoraks "Zigeunerlieder", die er selbst für Orchester und Soloharfe bearbeitet hat.

Seine Stimme nahm hier eine bemerkenswert dunkle Färbung an und war in der Höhe nicht ganz perfekt gerundet. Bernstein, Gershwin und Cole Porters schwere Süße zeigten dann den Sänger in seiner ganzen Bühnenpräsenz und seine Stimme gelassen, geschmeidig und fein nuanciert im Ausdruck. Stilvoll swingend tänzelte er mit dem SWR-Sinfonieochester Baden-Baden und Freiburg, das unter dem in Queens geborenen, hoch talentierten Tito Muñoz brillant aufspielte: Ministerin Bauer müssen die Tränen gekommen sein, da dieser Klangkörper ja vom Land gerade "abgewickelt" wird, wie das in der Wirtschaftsbranche genannt wird.

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Jörg Widmann brachte sein liebstes Instrument und Variationen von Rossini mit: Der Klarinettist entfachte ein Feuerwerk kristallklarer Läufe und zeigte in der leisen Moll-Variante den ganzen Reichtum seiner Klanggestaltung. Dass der fabelhafte Musiker auch ein ernst zu nehmender Komponist ist, weiß man in Heidelberg seit mehr als einem Jahrzehnt: Er prägte den "Frühling" nachhaltig und wünschte ihm jetzt, dass er so bleibe wie er ist - vor allem in seinem Mut zur Veränderung!

Der Pianist Igor Levit trat hier erstmals 2011 mit fulminanten Klavierabenden auf: Gershwins "Rhapsody in Blue" zelebrierte er jetzt als poetisches Kaleidoskop und verzichtete auf Klavierdonner. Man wird diesen filigranen Musiker während der Kammermusik-Akademie und mit dem Irish Chamber Orchestra in der zweiten Festivalhälfte noch mehrfach erleben können.

Als Hauptwerk des Abends spielte Daniel Müller-Schott Dvoraks Cellokonzert: Er ist ebenfalls ein hellhöriger Kammermusiker, der immer den Kontakt zu den Orchestermusikern suchte. Seine makellose Intonation im mehrstimmigen Solopart des Adagios oder im akkordischen Spiel faszinierte genauso wie der sonore Ton seines Instruments. Hier paarten sich Leidenschaft und Eleganz - eine delikate Beziehung - vor allem in den virtuosen Rahmensätze.

Der fünfte Stern galt dem Dirigenten Tito Muños, Anfang 30. Er leitete den Abend cool und konzentriert, mit musikalischer Übersicht und klaren Vorgaben in Tempo und Dynamik. Der Musikchef aus Phoenix/USA ist hierzulande noch relativ unbekannt: Aber das wird sich sicher bald ändern. Um das zu sehen, muss man kein Prophet sein.

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