Schräge Klamotte zur Integrationsdebatte
"Homohalal" aus dem Staatsschauspiel Dresden beim Heidelberger Stückemarkt

Alles so schön bunt hier: Szene aus Ibrahim Amirs Integrationskomödie "Homohalal", mit der das Staatsschauspiel Dresden beim Heidelberger Stückemarkt zu Gast war. Foto: David Baltzer
Von Volker Oesterreich
Heidelberg. Man stelle sich vor, das "(T)Raumschiff Surprise" landet direkt vor der Dresdener Semperoper. Die travestieerprobte Crew steigt aus und macht sich auf dem geschichtsträchtigen Platz Gedanken darüber, irgendwas Nettes zur Integrationsdebatte auszutüfteln. Sie nimmt sich vor, Lutz Bachmann und die ganze Pegida-Bewegung abzuwatschen. Dazu auch noch die Identitäre Bewegung. Bierernst will man sich nicht geben. Auch nicht oberlehrerhaft. Lieber soll nach allen Regeln des Comedy-Entertainments verfahren werden.
Solche Gedanken mögen dem 1982 in Aleppo geborenen, inzwischen auch preisgekrönten Dramatiker Ibrahim Amir durch den Kopf geschossen sein, als er sich daransetzte, seine Klamotte "Homohalal" zu schreiben. 2017 wurde sie unter der Regie von Laura Linnenbaum mit einigem Erfolg im Kleinen Haus des Staatsschauspiels Dresden uraufgeführt - mit viel Dresdener Lokalkolorit, Reminiszenzen an die Stummfilmzeit und jeder Menge Slapstick-Einlagen. Nun wurde der Knaller, der vielleicht doch eher ein Flop ist, als Gastspiel zum Heidelberger Stückemarkt geholt. Nach der Vorstellung im Marguerre-Saal gab’s lautstarken Beifall, obwohl sich das Publikum weit unter seinem Niveau amüsiert hat.
Dabei sind die Dresdener ausgesprochen talentierte Spieler. Aber der Stoff und die künstlerischen Mittel wirken doch arg bemüht und ziemlich "second hand". Man merkt der Crew des Dresdener "(T)Raumschiffs Surprise" an, dass ihr während der Anreise durch komödiantische Galaxien ein Könner wie Käpt’n Bully Herbig abhanden gekommen ist. Deshalb mutet alles ein bisschen nach zweiter Wahl an während dieses Abends, der hauptsächlich im Jahr 2038 spielt und die Verrücktheiten, Nöte, Ängste und Kapriolen der zweiten Migrantengeneration vor Augen führt. Alle tragen blödsinnige Blondperücken und farbkräftige Klamotten im Teletubbi-Stil (Kostüme: David Gonter) und hadern damit, dass sie trotz aller Assimilationsanstrengungen immer noch am Clash der Kulturen leiden. So will zum Beispiel ein muslimisch geprägter Daddy einfach nicht kapieren, dass ausgerechnet sein Sohn schwul ist. Herrjemine, das passt nicht in die grauen Zellen unter dem erblondeten Haar. Es wird viel geschwätzt und gezetert, gestritten und geplappert während dieses trashigen Abends.
Dabei orientieren sich Autor und Regisseurin ungeniert am Dampfplauder-Diskurs, wie man ihn von René Polleschs Produktionen seit etlichen Jahren kennt. Einige andere Stilmittel hat sich die Truppe beim ehemaligen Heidelberger Schauspieler Herbert Fritsch abgeschaut, der mit seinen Bunten Abenden an der Berliner Volksbühne ungemein viel Erfolg hatte. Im Vergleich zu Fritschs absurd-albernen Produktionen "Murmel Murmel" oder "Pfusch" dümpelt "Homohalal" aber nur in brackig-seichten Gewässern.
Das Bühnenbild von Valentin Baumeister macht aber was her. Die beiden Schrägflächen, zwischen denen gespielt wird, wirken wie eine überdimensionierte Presse. Zerquetscht wird von ihr zum Glück niemand. Auch das in einer Szene verschüttete Benzin geht nicht in Flammen auf. Ein drastisches Symbol dafür, dass diese Produktion einfach nicht zünden will.



