Heidelberg

Die dritte Heidelberger Tanzbiennale beginnt am heutigen Samstag

Start mit "Trans Lucent" von Gary Joplin und Wiebke Hofmann

23.02.2018 UPDATE: 24.02.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden

Großes Gemeinschaftsprojekt: "Trans Lucent" verknüpft beim Auftakt der Heidelberger Tanzbiennale den modernen Tanz mit Kampfsport- Elementen und japanischen Trommel-Rhythmen. Foto: zg

Von Volker Oesterreich

Heidelberg. Markenzeichen der Heidelberger Tanzbiennale ist ihre Internationalität bei gleichzeitiger regionaler Verankerung, ihre hohe Professionalität unter Einbeziehung von Laien- und Jugendarbeit sowie die Kooperation des Heidelberger Theaters mit dem freien Unterwegstheater. Das zum dritten Mal veranstaltete Festival beginnt an diesem Samstag, bis zum 4. März wird ein enorm breites Spektrum geboten. Der Reigen beginnt heute mit dem großen Jugendtanzprojekt "Trans Lucent" im Alten Saal des Heidelberger Theaters, choreografiert wurde es von Gary Joplin und Wiebke Hofmann. Wir sprachen mit Gary Joplin.

Mit welcher Altersgruppe arbeiten Sie zusammen?

Mit Jugendlichen von 16 bis 20 Jahren, einer der Teilnehmer ist allerdings schon 25 Jahre alt. Er kam 2015 aus dem Irak nach Deutschland. Wir fanden seine Geschichte und die Stimmung, die er in das Projekt einbringt, sehr wichtig.

Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

"Trans Lucent" ist mein fünftes Stück im Bereich Jugendtanz für das Heidelberger Theater. Das letzte war "Wonderland", eine Art "Alice im Wunderland"-Erzählung. Diese Produktion habe ich ebenfalls mit Wiebke Hofmann von der Ballettwerkstatt Heidelberg geleitet, die auch dieses Mal wieder mit dabei ist. Ziemlich schnell danach war ich schon mit Holger Schultze und Nanine Linning bezüglich zukünftiger Projekte im Gespräch.

Seit wann proben Sie mit den Jugendlichen? Woher kommen sie? Nach welchen Kriterien wurden die Mitwirkenden gecastet?

Wir haben Ende September einen Wochenend-Workshop angeboten, in dem wir dann unser Ensemble zusammengestellt haben. Das ist ein bisschen was anderes als ein Casting, weil wir mit allen gearbeitet haben, die gekommen sind und erst dann geschaut haben, wie wir eine Gruppe zusammenstellen könnten. Manche hatten noch gar keine Erfahrung mit dem Tanz, andere tanzen schon jahrelang Ballett oder Modern Dance. Anfang Oktober haben wir dann mit Proben an jedem Wochenende begonnen. Die Jugendlichen kommen alle aus dem Raum Heidelberg und sind sowohl Schüler und Studenten als auch Auszubildende. Wir haben sehr viel improvisiert, um dem biografischen Material der Jugendlichen mehr Raum geben zu können. Wir hatten ihnen die Aufgabe gegeben, ihre Eltern und Großeltern zu interviewen und sie vor allem nach emotionalen Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit zu fragen. Daraus ergaben sich erkennbare familiäre Muster, die dann eine Art Informationsbasis gebildet haben, auf der wir Bewegungsmaterial aufbauen konnten.

Mit welchen Tanzwelten bzw. -stilen wird das Publikum überrascht?

Der Tanzstil bewegt sich eher im Bereich des zeitgenössischen Tanzes. Es fließen allerdings auch Elemente von anderen Tanzstilen sowie Kampfsport ein. Besonders spannend ist für mich die Zusammenarbeit mit den Trommlern von Taiko Heidelberg unter der Leitung von Ilke Haase. Schon seit Jahren wollte ich ein Stück mit japanischen Trommeln, die live spielen, auf die Beine bringen. Da "Trans Lucent" für mich eine Art Ritual bedeutet, passen die raumergreifenden und durchdringenden Töne der Trommeln perfekt dazu. Es wird auch Musik vom Tonband geben, die wir mit den Trommeln zusammenbringen werden.

Welche Rolle spielt die emotionale Ebene?

Ich arbeite zurzeit an mehreren Projekten, in denen ich mir die Frage stelle, wie wir klarer mit individuellen und kollektiven Traumata, Gedächtnis und Erlebnissen umgehen können. Meiner Meinung nach sind wir als Menschen sehr oft nicht dazu in der Lage, alles, was emotional in uns passiert, wirklich zu durchschauen. Wie können wir lernen, nicht emotional durchzudrehen, sondern die Intensität abzumildern, sowohl als Individuum als auch im Kollektiv? Ich bin sehr interessiert an menschlicher Entwicklung und daran, wie wir durch solche intensiven Gruppen-Prozesse wie "Trans Lucent" neue Impulse für die Gesellschaft schaffen können. Dafür ist die Arbeit mit Jugendlichen wirklich wunderbar.

Glauben Sie, dass die Arbeit für die Jugendlichen auch eine Art "Einstiegsdroge" für den professionellen Tanz sein kann?

Mein Ziel bei solch einem Projekt ist es, mehr aus jedem der Teilnehmer herauszukitzeln. Das Zusammenbringen von Profis mit Laien-Tänzern ist eine wunderbare Chance für die Jugendlichen, ein bisschen in die Profi-Welt einzutauchen. Immer wieder finden Jugendliche, mit denen ich arbeite, danach ihren Weg zum Profitänzer oder sogar zum Schauspieler. Es ist eine große Freude für mich, meine eigene Liebe zum Tanz, die Intensität und das eigene innere Feuer zu entdecken und weiterzugeben.

Info: "Trans Lucent" wird an diesem Samstag um 17 Uhr im Alten Saal gespielt, Wiederholungen am Sonntag und Montag. Nach dem Festival sind noch Vorstellungen am 6. und 7. März geplant. Sponsor ist die Lautenschläger-Stiftung. www.tanzbiennale-heidelberg.de

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