Ökumenische Kirchentag startet mit einem Appell zur Erneuerung
Den Skandal der Spaltung überwinden - Die meisten Veranstaltung der nächsten Tage laufen digital ab

Von Christoph Driessen
Frankfurt/Main. Mit einem Aufruf zur Erneuerung der Kirchen hat am Donnerstag in Frankfurt/Main der 3. Ökumenische Kirchentag begonnen. Frère Alois, Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé in Frankreich, mahnte in seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst: "Strukturveränderungen sind unerlässlich." In den Kirchen sei "eine tiefe Erneuerung notwendig". An katholische und evangelische Christen appellierte er, aufeinander zuzugehen: "Auf keinen Fall dürfen wir uns mit dem Skandal unserer Spaltungen abfinden!"
Zwar konnte der Eröffnungsgottesdienst pandemiebedingt nur mit wenigen Teilnehmern zelebriert werden, doch bot er hoch auf dem Dach eines Parkhauses vor der Kulisse der Frankfurter Skyline spektakuläre Bilder. Höhepunkte des Gottesdienstes waren persönliche "Hoffnungsgeschichten" aus Pandemie-Zeiten. So berichtete Sandra Hofmann, Pflegerin auf einer Corona-Station, wie Patienten trotz der ernsten Lage manchmal in schallendes Lachen ausbrechen, wenn jemand einen Witz gemacht hat. "Dieses Lachen motiviert mich, durchzuhalten."
Ambote Luzolo von der Evangelischen Französisch-Reformierten Gemeinde Frankfurt erzählte von ihren Erfahrungen als Immigrantin aus der Republik Kongo. Als sie das erste Mal einen Gottesdienst in Deutschland besucht habe, sei sie enttäuscht gewesen. "Der Gesang war weniger fröhlich, und nach dem Gottesdienst sind alle direkt nach Hause geeilt. Ich wollte nie wieder hin." Aber mit der Zeit habe sie die deutsche Kultur und Sprache kennengelernt. "Heute bin ich Teil der Gemeindeleitung."
Der Ökumenische Kirchentag soll Katholiken und Protestanten zusammenführen. Die ökumenische Praxis sei in Deutschland, dem Ursprungsland der Reformation, vermutlich so intensiv wie nirgendwo sonst, weil es hier so viele interkonfessionelle Paare und Familien gebe, sagte Kirchentagspräsident Thomas Sternberg.
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Normalerweise reisen zu den Kirchentagen mehr als 100.000 Besucher an, doch diesmal ist das wegen Corona nicht möglich. Der überwiegende Teil der mehr als 100 Veranstaltungen ist deshalb digital. Vorübergehend war auch darüber nachgedacht worden, den Kirchentag abzusagen. "Ich bin aber überzeugt davon, dass es wichtig ist, ein ökumenisches Zeichen zu setzen", sagte Sternberg. Zudem werde dies dazu führen, dass auch künftige Katholikentage und Evangelische Kirchentage mehr digitale Teilnahme ermöglichen würden. Zum Auftakt kam es allerdings gleich zu einer Überlastung der Kirchentags-Website www.oekt.de.
Bis Sonntag diskutiert der Kirchentag unter anderem über die Corona-Pandemie, die Klimakrise, Armutsbekämpfung, den Missbrauchsskandal in den Kirchen und Antisemitismus. Zu den Gästen gehören Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.



